"Das Schlimmste ist das Vergessen. Das darf nicht passieren!"
Salzburg (stadt) - Auch das äußerst schlechte Wetter hielt am Abend des 10.10. rund 200 Interessierte
nicht davon ab, den Auftakt zur fünften Vortragsreihe des Großprojektes „Die Stadt Salzburg im Nationalsozialismus“
in der TriBühne zu besuchen. Bürgermeister Heinz Schaden betonte in seiner Begrüßung, dass
es bis dato keine umfassende Erforschung gegeben habe: „Wir sind’s den Menschen schuldig, die damals zu Opfern
wurden. Das Schlimmste ist das Vergessen. Das darf nicht passieren!“, so das Stadtoberhaupt.
Der Doyen der NS-Forschung, Ernst Hanisch, erläuterte einleitend die nationalsozialistischen Machtblöcke,
die sich, von Hitler so gewollt, untereinander bekämpften. Dieser habe hier nach seinem Grundprinzip „Leben
ist Kampf“ gehandelt und abgewartet, wer sich durchsetzt. Der Staat sei dabei von der Partei völlig durchdrungen
worden, bis nur mehr eine „Staatshülle“ übrig blieb.
Sieger unter den Machtblöcken sei letztlich der SS-Komplex mit Heinrich Himmler an der Spitze gewesen. Bei
der SS habe es sich um „kalte Ingenieure des Todes“ gehandelt, mit eigener SS-„Moral“, elitärem Bewusstsein
und rassistischer Ausrichtung – eine „Mordmaschine“. Mit dem Krieg habe auch die Nazifizierung der Wehrmacht begonnen.
„Nicht jeder Soldat war ein Kriegsverbrecher. Aber die Wehrmacht war an Kriegsverbrechen beteiligt“, so Hanisch.
Jugend unterm Hakenkreuz
In seinem Vortrag „Jugend unterm Hakenkreuz“ ging der Historiker Helmut Uitz anschließend näher auf
die Hitlerjugend und den Bund deutscher Mädchen ein: „Als der Nationalsozialismus im Mai 1945 zusammenbrach,
bedeutete das auch das Ende für eine der effektivsten Jugendorganisationen der Geschichte“, so Uitz. Für
rund 10 Millionen Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren waren die Hitlerjugend und der Bund Deutscher Mädchen
die entscheidende Sozialisationsinstanz gewesen.
Am Geburtstag des „Führers“ wurden auf dem Kapitelplatz die zehnjährigen Buben und Mädchen in die
HJ aufgenommen und vereidigt. Ab März 1939 war die Zugehörigkeit zu HJ und BdM Pflicht.
Vor allem in der Stadt Salzburg wurden HJ und BdM von den SchülerInnen der höheren Schulen getragen.
Die Enge der sittlich-religiösen und vaterländischen Erziehung an den Schulen, vor allem aber in den
fast ausschließlich katholischen Schülerheimen, schufen den Boden der Begeisterung für den Nationalsozialismus.
Die neuen Machthaber nutzten diese Stimmung. Die Jugendlichen bildeten in den März- und Apriltagen 1938 die
Staffage zu einer Serie von Kundgebungen und Aufmärschen.
Die Gleichschaltung der HJ an die Organisation im „Altreich“ in den Sommermonaten 1938 bedeutete aber für
einen Großteil der Salzburger, ehemals illegale, HJ-Führer das Aus. Sie passten nicht in die von der
Reichsjugendführung gewünschten zentralistische Organisations- und Befehlsstruktur.
Mit der Dauer des Krieges nahm der Einsatz der Salzburger Jugend an der „Heimatfront“ zu. Erntedienst in den Sommermonaten,
Sammeln für das Winterhilfswerk, Sammeln von Alteisen, Heilkräutern, Beeren, Basteln von Spielzeug für
Weihnachten – diese und viele andere Aktivitäten beherrschten den Alltag wie auch das Schulleben. Das Erleben
der Gemeinschaft im Lager, bei sozialen und kulturellen Aktivitäten und das gemeinsame Singen, ließ
die politische Indoktrination als unbedeutend erscheinen.
Die Zentrale von HJ und BdM in der Imbergstraße 22 (Imberghof) verfügte über einen Personalstand
von annähernd 30 Personen. Ihre Aufgabe bestand vor allem darin, die Organisationen an der Basis zu befähigen,
Heimabende, Lager, Sportwettkämpfe, Aufmärsche, Brauchtumsveranstaltungen zu organisieren, vor allem
aber die ihnen anvertrauten Pimpfe, Jungmädel, Hitlerjungen und Mädchen weltanschaulich zu schulen.
Die Kulturtage der HJ 1942–1944 oder das Fest in Hellbrunn 1943 bildeten auch das Forum für Salzburger NS-Kulturgrößen
wie Waggerl, Springenschmid, Bresgen, aber auch Kuno Brandauer und Tobi Reiser.
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