EU-Ausschuss des Bundesrats: Stellungnahme zum Erhalt der Biodiversität - Debatte über
EU-Forststrategie
Wien (pk) - Biologische Vielfalt gilt es zu schützen. Dessen eingedenk, hat die Europäische Kommission
nun einen Verordnungsentwurf erstellt, mit dem die Gefährdung der Biodiversität durch invasive gebietsfremde
Arten (invasive alien species, IAS) unionsweit gebannt werden soll. Der EU-Ausschuss des Bundesrats hielt allerdings
am 08.10. seine Bedenken über ein zentral von Brüssel gesteuertes Vorgehen gegen eingeschleppte Tier-
und Pflanzenarten in einer begründeten Stellungnahme fest, die ÖVP, SPÖ und FPÖ annahmen.
Die Eindämmung von nur regional oder nationalstaatlich ausgebreiteten IAS sei am besten innerstaatlich zu
regeln, so die Begründung der Stellungnahme, die sich auf das Subsidiaritätsprinzip beruft. Aus Sicht
der Grünen ist der Bedrohung heimischer Arten jedoch nur länderübergreifend beizukommen. Dem Ökosystem
Wald widmete der Ausschuss den restlichen Teil seiner Sitzung, in dem eine Mitteilung der EU-Kommission für
eine neue Forststrategie zur Diskussion stand. Dieser Strategievorschlag für Wälder und den forstbasierten
Sektor, der keine unmittelbare Rechtswirkung in den Mitgliedsländern hat, fand prinzipielle Zustimmung bei
den BundesrätInnen.
Bundesrat pocht auf Länderkompetenz beim Schutz der Biosphäre
Der Kommissionsvorschlag für "die Prävention und die Kontrolle der Einbringung und Verbreitung invasiver
gebietsfremder Arten (IAS)" zielt darauf ab, europäische Ökosysteme vor eingeschleppten Tieren,
Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen zu schützen, die erhebliche gesundheitliche, ökologische und wirtschaftliche
Schäden in der neuen Umgebung verursachen und heimische Arten verdrängen. Im Ansatz sei dieser Vorschlag
zum Erhalt der Biodiversität in Europa zwar zu begrüßen, hielt ÖVP-Bundesrat Martin Preineder
(V/N) fest. Doch dürfe die EU nicht mit überbordenden Regeln in staatliche Maßnahmen gegen nur
regional verbreitete Arten eingreifen. Die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten müsse hier gewahrt bleiben,
denn überschießende EU-Regeln verstießen gegen die Grundsätze der Subsidiarität und
der Verhältnismäßigkeit, brachte Ausschussobmann Edgar Mayer (V/V) die Kritik auf den Punkt. Wie
FPÖ-Bundesrätin Cornelia Michalke (F/V) aufzeigte, müsste laut Verordnungsentwurf jede national
neu auftretende Art mit Gefahrenpotential an die EU gemeldet werden. Bundesrätin Susanne Kurz (S/S) befürchtete,
wenn Mitgliedsländer zukünftig neue IAS immer an Brüssel zu melden hätten, würde dies
nationale Aktionen der Schadensbekämpfung verzögern.
Dem Vorwurf, die Vorlage enthalte überschießende Bestimmungen, konnte Grünen-Bundesrat Marco Schreuder
(G/W) dagegen wenig abgewinnen, handle es sich doch bei der Ausbreitung von IAS um ein grenzübergreifendes
Problem. EU-weit beliefen sich die von eingeschleppten Arten verursachten Kosten auf 12,5 Mrd. € pro Jahr, berichtete
die zuständige Expertin des Lebensministeriums dem Ausschuss. Von den derzeit rund 12.000 gebietsfremden Arten
in Europa seien etwa 15% invasiv. In ihrem Maßnahmenplan will die Kommission eine Liste von 50 EU-weit prioritär
invasiven Arten erstellen und diese mittels Durchführungsrechtsakten laufend aktualisieren. Für die als
prioritär gefährlich gewerteten Arten ist ein unionsweites Verbot der Einfuhr, des Verkaufs, der Zucht,
Verwendung und Freisetzung geplant. Bereits im EU-Raum verbreitete IAS müssten verstärkt kontrolliert
und bekämpft werden, so die EU-Kommission. Zur Umsetzung der Verordnung wären die Mitgliedsstaaten angehalten,
Überwachungssysteme, amtliche Kontrollen an den EU-Grenzen, Genehmigungsysteme für Ausnahmen sowie Mechanismen
zur Früherkennung zu errichten.
Bei Aufbau und Betrieb sowie Finanzierung dieser Kontrollsysteme ortete Bundesrat Josef Taucher (S/W) noch ungeklärte
Fragen, auch wenn er insgesamt die präventive Herangehensweise befürwortete. Die Kosten für die
Überwachung der Einfuhr von IAS in die EU beliefen sich nach derzeitiger Schätzung auf etwa 1,4 Mrd.
€, erläuterte die Vertreterin des Ministeriums, wobei Organisationsform und Qualitätskriterien dieses
Kontrollsystems noch nicht ausgearbeitet seien, da die Ratsarbeitsgruppe zum Legislativvorschlag erst Mitte November
zusammenkomme. Die Verordnung werde daher nicht vor 2016 in Kraft treten.
EU strebt kohärente Forststrategie im Unionsraum an
40% der Europäischen Union sind bewaldet, wobei sich die Waldflächen durch Aufforstung oder natürliche
Wiederbewaldung in den letzten Dezennien pro Jahr um 0,4% ausgedehnt haben. Obwohl die Forstpolitik vorrangig Sache
der EU-Mitgliedsländer ist, will die EU-Kommission nun mit einer neuen Forststrategie einen Politikrahmen
zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung schaffen. Gerade im Sinne der Nachhaltigkeit sehe er die Forststrategie der
EU grundsätzlich positiv, hielt Ausschussobmann Edgar Mayer (V/V) fest und wies darauf hin, dass die Querschnittsmaterie
Forstpolitik beispielsweise auch die Bereiche Wirtschaft, Energie, Umwelt oder Tourismus entscheidend beeinflusse.
Österreich unterstütze als waldreiches Land mit exportorientierter Holzwirtschaft das Vorhaben, die erste
EU-Forststrategie von 1998 zu aktualisieren, bekräftigte der anwesende Experte des Lebensministeriums. In
den letzten 15 Jahren habe sich der Anspruch an den Lebens- und Nutzraum Wald nämlich nicht zuletzt durch
den Klimawandel massiv verändert, wodurch eine koordinierte Strategie der Waldbewirtschaftung immer notwendiger
werde. Kritisch bewertete der Vertreter des Ministeriums aber die Kommissionsforderung in der Mitteilung, jeder
Forstbetrieb solle Waldbewirtschaftungspläne vorlegen. Immerhin befänden sich 80% der österreichischen
Wälder in Privatbesitz, wovon wiederum 40% Kleinbetriebe seien.
SPÖ-Bundesrat Josef Taucher (S/W) regte dazu an, Schwellenwerte einzuführen, sodass lediglich große
Forstbetriebe, "Waldindustrielle", derartige Bewirtschaftungspläne ausarbeiten müssten. Damit
könne man auch Monokulturen Einhalt gebieten, wie sie etwa in anderen EU-Ländern bereits für die
Produktion von Pellets als erneuerbare Energieform gepflanzt würden, merkte Bundesrätin Susanne Kurz
(S/S) an. Zum Thema Bioenergie meinte der Experte des Lebensministeriums, Österreichs Nachhaltigkeitskriterien
zur Biomasseproduktion seien bereits äußerst anspruchsvoll. Es gelte daher darauf zu achten, dass diese
nicht durch geringfügigere Produktionsvorgaben unterminiert würden.
In der Mitteilung zur neuen Forststrategie schlägt die Kommission unter anderem forstbezogene Ziele bis 2020
vor, mit denen die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder nachweisbar gewährleistet werden soll. In eigenen
Schwerpunktbereichen geht die Strategie außerdem auf die gesamte Wertschöpfungskette des Waldes ein,
wobei die Förderung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der im EU-Raum praktizierten Forstwirtschaft
mehr Beachtung findet. Die Holz- und Forstwirtschaft stelle mit einem jährlichen Umsatz von fast 500 Mrd.
€ einen bedeutsamen Wirtschaftsfaktor in der EU dar, argumentiert die Kommission für eine EU-weit koordinierte
Forstpolitik.
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