St. Pölten/Innsbruck (bötm) - Beim diesjährigen BÖTM-Topseminar fanden Österreichs
Tourismusmanager selbstkritische Worte: Der Tourismus hinkt im Bereich der Innovationen anderen Branchen weit hinterher.
Gefordert wird ein radikales Umdenken - es braucht neue Wege.
Innovation ist immer noch ein Fremdwort für den Tourismus, der oft kopiert und vielen Trends nachjagt. Um
das Problem konkret anzugehen, lud der Bund Österreichischer Tourismusmanager (BÖTM) zum dreitägigen
Top-Seminar. Gemeinsam mit Fachleuten aus anderen Gebieten tagten über 60 Tourismusmanager aus den verschiedenen
Bundesländern unter dem Titel "radikale Innovationen" in St. Pölten.
"Der Tourismus geht mit der Zeit, aber die Branche selbst entwickelt nichts aus sich selbst heraus",
befand Dr. Petra Stolba, die Geschäftsführerin der Österreich Werbung, kritisch. Hier hinke man
den anderen Branchen weit hinterher. Dabei werde der Tourismus künftig vor große demographische Herausforderungen
gestellt. Sei es die Überalterung der Bevölkerung, die Veränderung der Mobilität, in der das
Auto zunehmend an Bedeutung verliert oder die Urbanisierung. "Tourismusorganisationen müssen selbst zum
Innovationstreiber werden", forderte Stolba. Es sei zudem nicht ausreichend, den neuesten Trends nachzujagen,
jeden IT-Hype blind umzusetzen oder auf Superlative zu setzen. Was fehle ist ein radikales Umdenken der Tourismusbranche.
"Radikale Innovationen erfordern Mut, aber nur den Mutigen wird die Zukunft gehören". Weg von der
klassischen Werbung hin zur branchenübergreifenden Kooperation lautet die Devise. Stolba sieht auch die Zukunft
der Österreich Werbung vermehrt in der Steuerung komplexer Netzwerke. Das Lernen von anderen Branchen sei
eine noch ungenützte Chance. Um Wettbewerbsfähig zu bleiben müssen Leistungsträger künftig
zusammenfinden, denn nur so können neue Produkte kreiert werden.
Auch der Trendforscher Oliver Puhe mahnte vor Stillstand durch Ideenlosigkeit. "Es reicht nicht mehr aus,
ein neues Angebot anzubieten. Heute konkurriert der Tourismus mit anderen Branchen", so Puhe. Längst
sitzt die Konkurrenz nicht mehr im Nachbarland, sondern ist weltweit vertreten. Ein Beispiel dafür sei die
Spieleindustrie, die "Fallschirmspringen ohne Risiko, im Hier und Jetzt" anbieten kann.
Höher, schneller, digitaler? Der Trendforscher gibt hier Entwarnung, denn "bei all dem technischen Fortschritt
ist der Gegentrend oft mächtiger als der eigentliche Trend". Das bietet viel Potential zur Weiterentwicklung.
"Wir müssen die Technikflucht nützen und Menschen vor Ort auf die reale Reise bitten".
Wie einfach innovative Projekte aussehen können, beweist die Idee der "Helping Hands" in Serfaus-Fiss-Ladis.
Mit ihren gelb-blauen Handschuhen helfen die Mitarbeiter der Seilbahnen den Wintersportlern beim Einsteigen in
die Gondel. Sie unterstützen die Gäste, indem sie sich der Skier und Boards annehmen und sie sicher in
der Halterung verstauen. "Auch wenn die Rahmenbedingungen der TVBs abgesteckt sind, ist alles möglich.
Wir müssen nur unseren Zugang neu überdenken", so Josef Schirgi, Präsident des BÖTM und
Geschäftsführer des TVB Serfaus-Fiss-Ladis. Dabei stehe der Gast immer im Mittelpunkt.
Damit neue Theorien mehr als Worte werden, fanden sich alle Teilnehmer im Anschluss an die Impulsreferate zu produktiven
Arbeitsgruppen zusammen, um schon vor Ort neue Ideen zu kreieren. Und manches von dem, was dort entwickelt wurde,
mag vielleicht wie eine Utopie klingen, aber warum sollte es in Zukunft nicht so etwas wie einen "Shopping
Butler" geben, der kaufwillige Touristen zu später Stunde noch durch die Geschäfte führt, damit
der Gast innovativ jeden Wunsch erfüllt bekommt. Qualität durch Exklusivität. Das macht nicht nur
den Gast glücklich, sondern füllt auch die Brieftaschen der Gewerbetreibenden.
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