Grazer ForscherInnen konnten erstmals Fettspaltung in flagranti abbilden
Graz (universität) - Ein wichtiger Schritt in der Erforschung des Fettstoffwechsels ist Grazer ForscherInnen
gelungen. Das Team um Ass.-Prof. Dr. Monika Oberer vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Karl-Franzens-Universität
Graz konnte erstmals zeigen, wie das Enzym Monoglyzerid-Lipase (MGL) an das Lipid Monoglyzerid bindet, um die Fettspaltung
auszulösen. Mittels Röntgenkristallstruktur-Analyse konnten sie den atomaren Aufbau der MGL im Moment
des Andockens dreidimensional abbilden.
Die Forschungsergebnisse, die kürzlich im renommierten Journal of Biological Chemistry veröffentlicht
wurden, tragen dazu bei, Fettstoffwechsel-Störungen oder neurodegenerative Erkrankungen besser zu verstehen
und neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln. Die Publikation basiert auf der erfolgreichen Zusammenarbeit
von Karl-Franzens-Universität, Medizinischer Universität und TU Graz, unter dem Dach der gemeinsamen
Forschungsinitiative BioTechMed-Graz und der Kooperation NAWI Graz. Gefördert wurden die Arbeiten vom Österreichischen
Wissenschaftsfonds FWF.
Damit Fett im Körper abgebaut werden kann, sind verschiedene Enzyme nötig. Eines ist die Monoglyzerid-Lipase
(MGL). Sie dockt an das Lipid Monogyzerid (MG) an und spaltet es in eine freie Fettsäure und ein kleines Molekül
namens Glyzerin auf. Außerdem beeinflusst sie im Gehirn das Schmerzempfinden, und eine gesteigerte MGL-Aktivität
spielt bei der Entstehung von Krebs eine Rolle. Damit ist die Erforschung der MGL auch für die Pharmaindustrie
von großem Interesse.
2012 hatte Monika Oberer mit ihrer Arbeitsgruppe erstmals die dreidimensionale Kristallstruktur der MGL publiziert.
Was die ForscherInnen damals noch nicht wussten: Wie bindet die MGL an das Monoglyzerid, um die Fettspaltung auszulösen
und welche Aminosäuren sind an diesem Vorgang beteiligt? Diese Fragen konnten nun geklärt werden.
Schlüssel und Schloss
„Da die Fettspaltung im Moment des Andockens passiert und sich dieser Augenblick nicht festhalten lässt, verwendeten
wir für unsere Untersuchungen eine Monoglyzerid-ähnliche Substanz, die an die MGL bindet, aber nicht
gespalten werden kann“, erklärt Monika Oberer. Hergestellt wurde diese Substanz von Teams um Assoz. Prof.
Dr. Ruth Birner-Grünberger von der Med Uni Graz und Univ.-Prof. Dr. Rolf Breinbauer von der TU Graz. So konnten
die ForscherInnen den Moment des Andockens gewissermaßen „einfrieren“, die Bindung mittels Röntgenkristallstrukturanalyse
untersuchen und dreidimensional abbilden.
„Dort, wo das Monoglyzerid andockt, weist die MGL eine Vertiefung auf, in die sie das Monoglyzerid aufnimmt, wie
ein Schloss den Schlüssel“, fasst Monika Oberer zusammen. Dabei entdeckten die WissenschafterInnen ein weiteres
interessantes Detail: „Wir haben in der Bindungsregion der MGL sowohl offene als auch geschlossene Strukturen gesehen
und herausgefunden, dass für diese Strukturveränderungen die Aminosäure Isoleucin verantwortlich
ist“, berichtet die Forscherin. Ist die Struktur geschlossen, bietet sie genau nur einem Fettsäurerest Platz.
„Das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Erklärung dafür, warum ausschließlich Monoglyzeride
– sie haben nur einen Fettsäurerest – an die MGL binden“, freut sich Monika Oberer, noch eine bis dato offene
Frage beantworten zu können.
Als Modellsystem für ihre Forschungen dienten den StrukturbiologInnen der Uni Graz Bakterien. Wie frühere
Untersuchungen gezeigt haben, weisen die bakterielle und die humane MGL hohe strukturelle Ähnlichkeiten auf,
so dass die gewonnenen Erkenntnisse auch die Wirkungsweise der Monoglyzerid-Lipase beim Menschen erklären
können.
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