Linz (jku) - Eine vom Institut für Unternehmensgründung und Unternehmensentwicklung an der Johannes
Kepler Universität (JKU) Linz durchgeführte Studie hat ergeben, dass drei Viertel aller österreichischen
Studierenden in den technisch-naturwissenschaftlichen Studienfächern unmittelbar nach Studienabschluss eine
unselbständige Tätigkeit ins Auge fasst, 14% möchten direkt in die Selbständigkeit starten.
Über die Hälfte der TN-Studierenden plant den Berufsstart in einem Klein- und Mittelbetrieb bzw. einem
Start-up-Unternehmen. Nach einigen Jahren Berufserfahrung verschiebt sich der Berufswunsch jedoch markant zugunsten
der Option Selbständigkeit: 40 % möchten nach fünf oder mehr Jahren Berufspraxis selbstständig
tätig sein.
In einer von der Rudolf-Trauner-Stiftung geförderten Studie wurden Erfolgsfaktoren für die Gründung
und Führung technologieorientierter Unternehmen ermittelt. Darauf basierend wurden Vorschläge entwickelt,
wie Hochschulausbildung in technisch-naturwissen-schaftlichen Studienrichtungen gestaltet werden sollte, um das
unternehmerische Potenzial zu fördern (Entrepreneurship Education). An dieser internationalen Erhebung in
Form einer dreistufigen Delphi-Studie haben sich über 100 Entrepreneurship-Experten aus Unternehmen, Hochschulen
und Beratungseinrichtungen beteiligt.
Mut und Kreativität zeichnen gute Führungskräfte aus
Als wichtigste Persönlichkeitseigenschaften und Kompetenzen zur Gründung und Führung technologieorientierter
Unternehmen stehen aus Sicht der Experten Mut und Risikofähigkeit, Ausdauer und Durchhaltevermögen, Kontakt-
und Kommunikationsfähigkeit, Kreativität, Belastbarkeit und Zielorientierung an vorderster Stelle.
Förderung von unternehmerischem Potenzial mit gezielten Maßnahmen
Der Großteil der Experten spricht sich für eine Integration von Entrepreneurship-Education als Wahlpflichtfach
bzw. als Freifach in technisch-naturwissenschaftlichen Studiengängen aus, ergänzt durch extracurriculare
Maßnahmen auf freiwilliger Basis.
Es sollen insbesondere erwachsenengerechte interaktive Lernformen eingesetzt werden. Von besonderer Bedeutung ist
die Praxisorientierung: (Jung)-Unternehmer als "role models" und Lehrbeauftragte aus der Praxis sollen
den in Unterricht einbezogen werden. Insbesondere anglo-amerikanische Experten betonen die gezielte Einbindung
von Unternehmern in die Universität in Form von "Entrepreneur-in-residence"-Konzepten.
Als wichtiger Erfolgsfaktor wird die Arbeit an unternehmerischen Problemstellungen zur Bewusstseinsbildung gesehen:
Fortgeschrittene Studierende sollen mit realen Start-ups in Beratungsprojekten arbeiten können. Dies sollte
durch Lernen mittels Fallstudien ergänzt werden, wobei diese cases Branchen- und Regionalbezug aufweisen sollten.
Erfahrungswissen und ein gutes Netzwerk wichtig für Gründungsvorbereitung
Die für technisch-naturwissenschaftliche Gründer relevanten Kompetenzen umfassen nicht nur das einschlägige
fachlich-technische, kaufmännische und juristische Wissen zur Gründung und Führung von Unternehmen,
sondern auch Erfahrungswissen, Netzwerkkompetenz, soft skills und Branchen-Know-How. Business Planning als wichtigstes
Tool der Gründungsvorbereitung sollte entsprechend eingeübt werden. Verhandeln und Verkauf (sales training)
sollten praxisorientiert vermittelt werden - entweder in curricularen oder außercurricularen Aktivitäten.
Auch die Kenntnis der Konkurrenz und der Kundenbedürfnisse stellt einen zentralen Erfolgsfaktor dar: Hier
sollte frühzeitig Recherchekompetenz vermittelt werden. Gerade für technologieorientierte Start-ups wird
die gezielte Zusammenstellung eines Gründungsteams mit einem breiten Kompetenzportfolio als wesentlicher Erfolgsfaktor
angesehen. Entsprechend sollte bereits der Unterricht teamorientiert gestaltet werden.
Möglichst frühzeitig sollte gerade den Technikstudierenden die Bedeutung einer adäquaten Kapitalausstattung
und damit der rechtzeitigen gezielten Vorbereitung auf die Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten und Förderungen
vermittelt werden.
Experten fordern bessere Unterstützung der Alumni
Hochschulen sollen für die technologieorientierten Gründungsprojekte ihrer Alumni Infrastruktur für
Gründungsprojekte (z.B. Laborplätze, Co-Working-Spaces) bereitstellen und ein Netzwerk fachlich versierter
Ansprechpersonen als Mentoren einrichten. Direkt an den Hochschulen sollten einschlägige Start-up-Zentren
für Erstinformation und Vernetzung mit anderen Einrichtungen der regionalen Gründungsberatung eingerichtet
werden, nach Möglichkeit auch hochschulübergreifende Prä-Inkubatoren (wie in Oberösterreich
"Akostart"). Gerade die anglo-amerikanischen Experten betonen die Bedeutung eines entsprechenden Commitments
durch Bereitstellung entsprechender Ressourcen für diese Zentren.
40% der TN-Studierenden möchten nach 5+ Jahren im Beruf selbständig tätig werden
Drei Viertel der Studierenden technisch-naturwissenschaftlicher Studienrichtungen an österreichischen Hochschulen
(Basis: n= 1.952) fassen für die Zeit direkt nach ihrem Studienabschluss eine unselbständige Tätigkeit
ins Auge: 41 % in einem Klein- und Mittelunternehmen, 16 % in einem Großunternehmen, 20 % im Bereich Forschung
bzw. im öffentlichen Dienst, 14 % möchten selbständig werden oder sind es bereits. D.h. über
die Hälfte der antwortenden TN-Studierenden plant den Berufsstart in einem Klein- und Mittelbetrieb bzw. Start-up-Unternehmen.
Für die Zeit von fünf und mehr Jahren nach Studienabschluss verschiebt sich der Berufswunsch markant
zugunsten der Option Selbständigkeit: 40% der antwortenden TN-Studierenden möchten, nachdem sie einige
Jahre berufliche Erfahrungen gesammelt haben, selbständig tätig werden.
"Die Expertenerhebung bestätigt die grundsätzliche Ausrichtung unseres Entrepreneurship-Ausbildungskonzeptes
an der JKU", meint dazu Prof. Norbert Kailer vom Institut für Unternehmensgründung und Unternehmensentwicklung
an der Linzer Universität. "Wir setzen Praktiker ein, kooperieren mit innovativen Unternehmen und greifen
JKU-Patente in unseren Lehrveranstaltungen auf. Wir haben deshalb auch den hochschulübergreifenden Prä-Inkubator
‚Akostart OÖ' eingerichtet, um technologieorientierte Gründungen besser vorbereiten zu können. Technisch-naturwissenschaftliche
Absolventen finden interessante Forschungsperspektiven an Hochschulen und attraktive Karrieremöglichkeiten
in der Industrie vor. Es ist deshalb erfreulich, dass ein Teil auch die Option überlegt, mit einer markttragfähigen
Gründungsidee selbständig zu werden. Dabei sollten unsere Studierenden und Absolventen unterstützt
und begleitet werden."
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