Neue detaillierte Klima-Simulationen geben Auskunft über zu erwartende Veränderungen
in Europa
Graz (universität) - Der jüngst veröffentlichte erste Teil des aktuellen Weltklimaberichts
informiert über Veränderungen des globalen Klimasystems. Um zu erwartende Auswirkungen auf regionaler
Ebene besser vorhersehen und sich darauf einstellen zu können, braucht es aber auch kleinräumigere Simulationen.
Eine internationale Kooperation von 27 Forschungsinstitutionen, die von Andreas Gobiet, Wegener Center der Karl-Franzens-Universität
Graz, und Daniela Jacob, Climate Service Center Hamburg, koordiniert wird, hat im Rahmen der Initiative EURO-CORDEX
Klimaszenarien für Europa in noch nie dagewesener Detailgenauigkeit entwickelt. Sie geben Auskunft über
die wichtigsten zu erwartenden Veränderungen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts – inklusive Extremwetterereignisse
wie Dürren, Hitzewellen und Starkniederschläge – und sollen der Klimafolgenforschung in Europa als Grundlage
dienen.
Die neuen Klimaszenarien der EURO-CORDEX-Initiative weisen auf einen Temperaturanstieg in Europa um ein bis fünf
Grad Celsius hin, mit regionalen Unterschieden. „Für Südeuropa ist die rascheste Erwärmung im Sommer
zu erwarten, in Ost- und Nordeuropa im Winter“, präzisiert Ass.-Prof. Dr. Andreas Gobiet vom Wegener Center
der Karl-Franzens-Universität Graz. Was die Modelle außerdem zeigen: Niederschläge werden voraussichtlich
in Nordeuropa zu- und im Süden abnehmen. „Die meisten Länder Europas können damit rechnen, dass
es mehr und heftigere Starkniederschläge geben wird“, so Gobiet. In Südeuropa erwartet man längere
Trockenperioden und stärkere Hitzewellen.
Globale Klimamodelle arbeiten mit einer räumlichen Auflösung von 100 bis 200 Kilometern. Das heißt,
so weit liegen die Punkte, die in den Berechnungen berücksichtigt werden, jeweils auseinander. „Damit lassen
sich weltweite Entwicklungen und die Haupttrends in größeren Gebieten, wie zum Beispiel auf einem Kontinent,
beschreiben, nicht aber kleinräumigere Klimaveränderungen“, erklärt Andreas Gobiet. Das gelte vor
allem für Gegenden rund um Gebirgszüge oder Küstenregionen, derer es in Europa viele gibt. Insbesondere
Extremwetterereignisse wie Starkniederschläge oder Stürme lassen sich in den globalen Simulationen kaum
abbilden.
Um diese Lücken zu schließen, „zoomen“ hochauflösende regionale Klimamodelle in einzelne Gebiete.
Dabei können sie zahlreiche zusätzliche Details in ihre Berechnungen einfließen lassen. „Einige
der EURO-CORDEX-Simulationen weisen eine weltweit einzigartige Auflösung von nur zwölf Kilometern auf“,
unterstreicht Andreas Gobiet die Pionierleistung. Jedes Modell berücksichtigt drei verschiedene Entwicklungs-Szenarien
mit den dazugehörigen Treibhausgas-Emissionen: ein optimistisches, das mit einer globalen Erwärmung von
weniger als zwei Grad Celsius rechnet, ein mittleres und ein extremes. Insgesamt wurden mit zehn verschiedenen
Modellen nahezu 100 Simulationen durchgeführt. „Die Vielzahl unterschiedlicher Berechnungen erlaubt es, die
mögliche Bandbreite der zukünftigen Klimaentwicklung weit besser abzuschätzen als je zuvor“, so
Gobiet.
Ab Dezember 2013 werden die EURO-CORDEX-Simulationen in einer Datenbank öffentlich zugänglich sein. Damit
stehen erstmals detaillierte Informationen als Grundlage für neue Studien in der Klimafolgenforschung und
für die Entwicklung von Anpassungsstrategien zur Verfügung.
Die federführende Beteiligung des Wegener Centers der Karl-Franzens-Universität Graz an der EURO-CORDEX-Initiative
unterstreicht die international anerkannte Kompetenz der österreichischen Klimaforschung, die 2012 mit der
Schaffung des Netzwerks „Climate Change Centre Austria (CCCA)“ ein gemeinsames Sprachrohr gefunden hat. Das CCCA
wird auch die Nutzung der EURO-CORDEX-Ergebnisse für die österreichische Klimafolgenforschung unterstützen.
EURO-CORDEX ist eingebettet in die globale CORDEX-Initiative, die kleinräumige Klimaszenarien für verschiedenste
Regionen der Erde erstellt und ihre ersten Ergebnisse von 4. bis 7. November 2013 auf einer Konferenz in Brüssel
vorstellt.
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