Gedenken an die Grazer Pogromnacht
Zum 75. Mal jährt sich das schreckliche Ereignis
Graz (stadt) -- In der Grazer Synagoge gedachte am Abend 09.11. die Israelitische Kultusgemeinde Graz gemeinsam
mit vielen Gästen der schrecklichen Vorkommnisse in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. In dieser
Nacht, die sich gestern zum 75. Mal jährte, fand die sogenannte Reichspogromnacht statt, die von den Nationalsozialisten
infolge der vielen zersplitterten Fenster verharmlosend als „Reichskristallnacht" bezeichnet wurde. In dieser
Nacht gingen die Grazer Synagoge und die Zeremonienhalle am jüdischen Friedhof in Flammen auf. In Graz wurden
außerdem jüdische Geschäfte und Wohnungen verwüstet und jüdische Mitbürger misshandelt.
Die Pogrome, die auch in anderen Städten stattfanden, markierten den Übergang von der Diskriminierung
der Juden seit 1933 zur systematischen Verfolgung.
Ruth Yu-Szammer, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, beschrieb in ihrer Rede die Erlebnisse
ihres Vaters, der als 14-Jähriger zusehen musste, wie die Synagoge in Graz niedergebrannt wurde, und dessen
Leben sich nach dieser Nacht schlagartig änderte. Außerdem sprach sie sich dafür aus, dass man
zwar einerseits der Opfer gedenken, andererseits aber auch diejenigen bestärken solle, die mit ihrem Handeln
etwas dafür tun, dass so eine Reichspogromnacht oder gar Shoa nie wieder möglich sind.
Landeshauptmann Franz Voves betonte, dass uns die unvorstellbare Realität im Nationalsozialismus ein Mahnmal
sein solle, und wir nicht vergessen dürfen, wozu Ausgrenzung von einigen durch wenige unter Duldung von vielen
führen kann. „Nie wieder – niemals wieder darf so etwas geschehen", so Voves.
Bürgermeister Siegfried Nagl rief auf: „Wir müssen unserer Generation, und auch den nachfolgenden die
menschlichen Abgründe vor Augen führen, davor warnen und gemeinsam an einer besseren Welt bauen. Die
Warnung dieser Nacht ist es, dass es nie wieder so eine Gleichgültigkeit gegen das Unrecht geben darf."
Der Superintendent der Evangelischen Kirche in der Steiermark, Hermann Miklas betonte, dass man sich die Bilder
des Schreckens immer wieder vor Augen halten müsse, denn nur so könne man den unvorstellbaren Wahnsinn
in seiner vollen Wucht erkennen. Er sprach sich für die Arbeit an einer möglichst gerechten sozialen
und gesellschaftlichen Ordnung aus, die die beste Prävention gegen Extremismus sei.
Umrahmt wurde die Gedenkfeier mit Musik der „Berki Band". Außerdem trug Alfred Schwarzenberger Ausschnitte
aus dem Buch „Über.leben - das Tagebuch des B.Kaufmann" vor, in dem Yu-Szammer den Lebensweg ihres Vaters
nachgezeichnet hat. Unter den Gästen befanden sich auch LH-Stv. Hermann Schützenhöfer, Stadträtin
Elke Kahr, Stadträtin Lisa Rücker, Direktor des ORF Landesstudios Steiermark Gerhard Draxler und Weihbischof
Franz Lackner.
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