OECD empfiehlt Steuerreform für mehr Nachhaltigkeit
Paris/Wien (oecf) - Umweltgüter und –dienstleistungen spielen in der österreichischen Wirtschaft
inzwischen eine größere Rolle als traditionell wichtige Sektoren, wie etwa der Tourismus oder das Baugewerbe.
Wie aus dem aktuellen „Umweltprüfbericht: Österreich“ der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (OECD) hervorgeht, lag der Umsatz von ökologischen Waren und Dienstleistungen im Jahr 2011
bei knapp 33 Milliarden Euro. Das entspricht 10,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – fast dem Doppelten
der Tourismusbranche.
Auch für den Arbeitsmarkt erweist sich der Umweltsektor zunehmend als Motor: In den Krisenjahren 2008 bis
2011 wuchs die Beschäftigung hier um zwei Prozent, während sie in Österreich insgesamt nur um 0,4
Prozent zulegte. Mit gut 170.000 Menschen arbeiten heute fast fünf Prozent der Beschäftigten im Umweltbereich,
hauptsächlich in den Sparten Erneuerbare Energien, Boden- und Gewässerschutz sowie Energie-Effizienz.
Eine bessere Abstimmung zwischen Umwelt- und Arbeitsmarktpolitik könnte das Potenzial für „grüne“
Jobs laut Bericht noch verstärken. Wichtig sei dabei es, den Strukturwandel zu flankieren und sicherzustellen,
dass potenzielle Arbeitnehmer die Fähigkeiten erwerben, die sie in einer an Nachhaltigkeit orientierten Wirtschaft
brauchen.
Der Bericht unterstreicht auch die Bedeutung einer in Österreich bereits länger diskutierten „sozial-ökologischen“
Steuerreform: Eine solche Reform würde den Faktor Arbeit entlasten, umweltschädliches Verhalten aber
stärker belasten und dadurch Wachstum und Beschäftigung fördern. Erste Schritte in diese Richtung
hat Österreich mit der 2011 eingeführten Flugsteuer oder der seit Anfang des Jahres geltenden Bonus/Malus-Regelung
bei der Zulassung von Autos gemacht. Weitere Maßnahmen sollten dafür sorgen, dass jene Industrien, die
noch nicht in den EU-Emissionshandel eingebunden sind, einen Preis für ihren CO2-Ausstoß zahlen. Zudem
erweisen sich eine Reihe von Subventionen als latent nachteilig für die Umwelt, so zum Beispiel die Pendlerpauschale
oder Steuererleichterungen für Firmenwagen.
„Diese Subventionen sind doppelt widersinnig“, sagte OECD-Umweltdirektor Simon Upton bei der Vorstellung des Berichts
in Wien. „Erstens unterstützen sie vor allem jene, die ohnehin schon ein gehobenes Einkommen haben. Zweitens
beeinträchtigen sie die Lebensqualität der gesamten Gesellschaft durch mehr Luftverschmutzung, Lärm,
Staus und Unfälle. Hier sind schlicht die Anreize verkehrt gesetzt: Solche Dinge sollten die Verursacher Geld
kosten, nicht die Allgemeinheit.“
In vielen Fällen kommen Subventionen in Österreich aber auch zum Einsatz, um ökologische Ziele zu
erreichen. Insgesamt fließen 40 Prozent der umweltbezogenen Staatsausgaben in Form von Subventionen, gut
vier Mal so viel wie im Durchschnitt der Euroländer. Daneben profitiert die ökologische Landwirtschaft
stark von Subventionen. Mit Erfolg: heute werden 19 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen in Österreich
biologisch bestellt – ein EU-Rekord. In jüngster Zeit liegt der Fokus mehr und mehr auf erneuerbaren Energien
und Energieeffizienz. Bei diesen Maßnahmen besteht allerdings die Gefahr, dass sie Investitionen fördern,
die auch ohne zusätzliche Förderung getätigt worden wären, es also zu Mitnahmeeffekten kommt.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich Kommunen, Länder und Bund die Verantwortung für die Subventionen teilen,
die einzelnen Akteure aber nur bedingt miteinander kooperieren. Der OECD-Bericht regt deshalb an, die Effizienz
und Effektivität dieser Umweltmaßnahmen und ihrer Umsetzung zu überprüfen.
Insgesamt fällt die Bilanz des Umweltprüfberichts für Österreich in den meisten Bereichen positiv
aus: die Trinkwasserqualität gehört zu den besten weltweit, der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieaufkommen
ist dreimal so hoch wie im OECD-Durchschnitt und der Ressourcenverbrauch ist gemessen am Bruttoinlandsprodukt moderat.
Diese Analysen stimmen mit Umfragen überein, nach denen knapp drei Viertel aller Österreicher den Zustand
der Umwelt in ihrem Land mit gut oder sehr gut bewerten (EU-Schnitt: 44%).
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