270 Vorstellungen in 45 Tagen an 16 Spielstätten von 18. Juli BIS 31. August 2014
Salzburg (salzburgerfestspiele) - Die Salzburger Festspiele verdanken ihre Existenz der Idee und dem festen
Glauben ihrer Gründer an ein Friedenswerk. Hundert Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs liegt das Erinnern
daran schon gründungsgeschichtlich auf der Hand. Max Reinhardt sprach 1917 in seinen Gründungsgedanken
von der Kunst "nicht als Luxusmittel für die Reichen und Saturierten, sondern als Lebensmittel für
die Bedürftigen". Reinhardt schreibt weiter, den kunstfeindlichen, weil todbringenden Zeiten förmlich
trotzend: "Die Kunst, insbesondere die Kunst des Theaters hat sich in den Stürmen dieses Krieges nicht
nur behauptet, sondern ihr Bestehen und ihre Pflege geradezu als unumgängliche Notwendigkeit erwiesen."
Die Oper
Viva la libertá! Die Eröffnungspremiere und erste Neuproduktion dieses Sommers heißt
Don Giovanni. Sven-Eric Bechtolf und Christoph Eschenbach setzen ihren Mozart-da Ponte-Zyklus fort. Es singen und
spielen herausragende Künstler wie Ildebrando d'Arcangelo, Genia Kühmeier, Anett Fritsch, Andrew Staples
und Luca Pisaroni.
Als Auftragswerk für die Salzburger Festspiele komponiert Marc-André Dalbavie die Oper Charlotte Salomon.
Er dirigiert die Uraufführung in der Felsenreitschule, Luc Bondy inszeniert. Marianne Crebassa, die letztes
Jahr in Lucio Silla überzeugte, interpretiert die Titelpartie der Charlotte, der 1917 in Berlin geborenen
Malerin und Dichterin, die 1939 vor den Nationalsozialisten nach Südfrankreich flüchtete. Nach der Besetzung
Südfrankreichs durch deutsche Truppen 1943 wurden Charlotte Salomon und ihr Mann denunziert und in Nizza verhaftet,
in das Sammellager Drancy bei Paris verschleppt und in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert, wo
Charlotte ermordet und ihr Mann an den Folgen der unmenschlichen Haftbedingungen starb. Dalbavie teilt die Partie
der Charlotte in eine Gesangs- und eine Sprechrolle. Die Besetzung der Sprechrolle wird später benannt.
Richard Strauss, dessen Geburtstag sich am 11. Juni zum 150. Mal jährt, wird mit der 1911 uraufgeführten
"Komödie für Musik", Der Rosenkavalier, im Großen Festspielhaus Tribut gezollt. Erstmalig
übernimmt Zubin Mehta die musikalische Leitung dieser Oper. Die Regie führt Harry Kupfer. Krassimira
Stoyanova singt die Feldmarschallin, Sophie Koch ist als Octavian und Mojca Erdmann als Sophie zu hören. Günther
Groissböck debütiert als Baron Ochs auf Lerchenau.
Ein weiteres Fest für Stimmen und große Künstlerpersönlichkeiten lässt die Besetzung
von Giuseppe Verdis Il trovatore mit Anna Netrebko als Leonore, Marie-Nicole Lemieux als Azucena, Francesco Meli
als Manrico und Plácido Domingo als Conte di Luna erwarten. Daniele Gatti dirigiert, Alvis Hermanis inszeniert
damit bei uns erstmals eine Oper des klassischen Repertoires.
Franz Schuberts Oper Fierrabras in Salzburg zu produzieren war ein Herzenswunsch Alexander Pereiras, der musikalisch
von Ingo Metzmacher am Pult und in der Regie von Peter Stein erfüllt wird. Besetzt ist diese wieder zu entdeckende
Rarität mit Dorothea Röschmann, Julia Kleiter, Michael Schade, Markus Werba und Georg Zeppenfeld.
Rossinis La Cenerentola mit Cecilia Bartoli in der Titelrolle, inszeniert von Damiano Michieletto und dirigiert
von Jean-Christophe Spinosi, wird von den Salzburger Pfingstfestspielen übernommen.
Elina Garanca, Juan Diego Flórez und Ludovic Tézier geben sich dem Belcanto in einer konzertanten
La Favorite von Donizetti hin. Nello Santi, der damit nach 50 Jahren wieder nach Salzburg zurückkehrt, dirigiert
dabei das Münchner Rundfunkorchester.
Im Projekt Tristan und Isolde bringen Waltraud Meier, Peter Seiffert, René Pape zusammen mit Daniel Barenboim
und dem West-Eastern Divan Orchestra das Vorspiel, den zweiten Aufzug und Isoldes Liebestod konzertant zur Aufführung.
Das Schauspiel
Die Initiatoren der Salzburger Festspiele verstanden 1920, zwei Jahre nach Ende des Krieges, ihr Engagement als
"Friedenswerk". Nur wenige Jahre später mussten sie die Vergeblichkeit ihrer Bemühungen erleben.
Natürlich empfinden wir die Verpflichtung, uns in unserem Programm 2014 mit den Ereignissen zu beschäftigen,
die zur Gründung der Festspiele führten.
Den Anfang machen wir mit Die letzten Tage der Menschheit von Karl Kraus. Dieses laut Kraus einem "Marstheater"
zugedachte Stück wird von Matthias Hartmann und dem Ensemble des Burgtheaters auf der Bühne des Salzburger
Landestheaters gezeigt. Wo Karl Kraus mit den Mitteln der Realsatire ätzend und analytisch den Ungeist seiner
Epoche entlarvt, erträumt sich Gustav Meyrink einen Einblick in die seelischen Abgründe seiner Zeitgenossen.
Die alte jüdische Sage vom künstlichen, aus Lehm geformten Wesen ohne Seele wird bei Meyrink zu einer
alptraumhaften Parabel über die ausweglose Fremdbestimmtheit der menschlichen Existenz. Die englische Theatergruppe
1927, mit ihrer Regisseurin Suzanne Andrade und dem für preisgekrönte Animationen verantwortlichen Paul
Barritt, wird einen Golem unserer Tage auf die Bühne des Landestheaters bringen. Auf der Perner-Insel, Hallein,
wird zuvor die englische Regisseurin Katie Mitchell, berühmt für ihre virtuose Verquickung von filmischen
und theatralischen Mitteln, The Forbidden Zone auf die Bühne bringen, u.a. nach Motiven aus Mary Bordens
gleichnamigem Buch. Die Amerikanerin Borden arbeitete bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs als Krankenschwester für
das französische Rote Kreuz. Später leitete sie ein eigenes Feldlazarett an der Westfront.
Ebenfalls auf der Perner-Insel wird Ödön von Horváths Don Juan kommt aus dem Krieg in einer
Inszenierung von Andreas Kriegenburg zu sehen sein. Horváth lässt Mozarts vitalen Verführer und
Herzensbrecher krank, auf der Suche nach einer verlorenen Liebe in einer Welt der Inflation und Nachkriegswirren
bleich und irrlichternd wiederauferstehen.
Im YDP, dem Young Directors Project, großzügig gesponsert von Montblanc, zeigen wir in einer Koproduktion
mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus Hinkemann, das expressionistische Meisterwerk von Ernst Toller, in einer
Inszenierung des jungen serbischen Regisseurs Miloš Lolic. Der Salzburger Dichter Walter Kappacher hat für
die Salzburger Festspiele ein Stück über den Salzburger Dichter Georg Trakl geschrieben. Es heißt
Der Abschied und wird im YDP in der Regie von Nicolas Charaux uraufgeführt.
Mit einem sehr humorvollen Orpheus, der Django Reinhardt verblüffend ähnlich sieht, ist das Little Bulb
Theatre aus London in der Regie von Alexander Scott zu sehen. Und in einer Koproduktion mit Mozarteum werden die
Studierenden der Schauspiel-, Bühnenbild- und Regieklassen der Universität Mozarteum unter der Leitung
von Hans-Werner Kroesinger auf Spurensuche zwischen 1914 und 1918 gehen. Arbeitstitel: 36566 Tage.
Darüber hinaus werden auch begleitende Lesungen zum Thema Erster Weltkrieg Teil unseres Programmes sein. Zusätzlich
bereichert das Konzert mit einer Reihe von Veranstaltungen diesen Schwerpunkt. Und natürlich wird der neue
Jedermann in gleicher Besetzung wie im vorhergehenden Jahr wieder auf dem Domplatz gespielt.
Das Konzert
Die Ouverture spirituelle steht zum dritten Mal am Beginn der Salzburger Festspiele. Den Mittelpunkt bilden geistliche
Werke der christlichen Tradition verschiedener Epochen. Nach der Auseinandersetzung mit jüdischen und buddhistischen
Werken in den beiden Vorjahren richtet sich im Sommer 2014 der Blick auf die vielfältigen musikalischen Ausprägungen
in der Welt des Islam. Ein Sufi-Orden aus Kairo wird die Kollegienkirche mit Gesängen und Klängen von
orientalischen Instrumenten erfüllen.
Zu einem Dialog der Kulturen kommt es auch, wenn der Gambist und Musikwissenschaftler Jordi Savall sich in seinem
Programm Bal.Kan (Honig und Blut) mit Musik dieser Region, die sich über vierhundert Jahre osmanischer Herrschaft
entwickelt hat, beschäftigt. Der in Kairo geborene Komponist Hossam Mahmoud sowie der palästinensisch-israelische
Komponist Samir Odeh-Tamimi stellen in ihren Auftragswerken für die Salzburger Festspiele den bekannten Sufi-Mystiker
Mansur al-Hallag ins Zentrum und schlagen die Brücke zu unserer Reihe Salzburg contemporary. In deren Zentrum
stehen außerdem Marc-André Dalbavie und Wolfgang Rihm, die mit wichtigen Ensemble- und Orchesterwerken
vertreten sind. Die Salzburger Festspiele haben an Wolfgang Rihm einen Kompositionsauftrag für ein Klavierkonzert
vergeben, das Tzimon Barto uraufführen wird.
Nach dem letztjährigen Mahler-Zyklus sind im Sommer 2014 die neun Symphonien Anton Bruckners zu hören.
Die Wiener Philharmoniker spielen die dritte Symphonie und jene vier Symphonien, die das Orchester in Wien uraufgeführt
hatte: die zweite, vierte, sechste und achte Symphonie.
Richard Strauss, dessen Geburtstag sich 2014 zum 150. Mal jährt, ist im Konzertprogramm u.a. mit den Tondichtungen
Tod und Verklärung und Also sprach Zarathustra mit den Wiener Philharmoniker unter Gustavo Dudamel vertreten
sowie Ein Heldenleben mit dem Widmungsträger dieses Werkes, dem Concertgebouworkest Amsterdam unter Mariss
Jansons.
Die Liederabende, Solisten- und Kammerkonzerte gestalten 2014 Pierre-Laurent Aimard, Lisa Batiashvili, Piotr Beczala,
Joshua Bell, Diana Damrau, Vilde Frang, Elina Garanca, Christian Gerhaher, Hagen Quartett. Thomas Hampson, Anja
Harteros, Steven Isserlis, Evgeny Kissin, Anne-Sophie Mutter, Maurizio Pollini, Anna Prohaska, Grigory Sokolov,
Jörg Widmann, Christian Zacharias, Frank Peter Zimmermann u.a.
Rudolf Buchbinder setzt sich an sieben Abenden mit allen 32 Klaviersonaten von Beethoven, dem "Neuen Testament"
der Klaviermusik, auseinander.
Die Mozart-Matineen des Mozarteumorchesters Salzburg werden von Manfred Honeck, Ádám Fischer,
Marc Minkowski, Vladimir Fedoseyev und dem Chefdirigenten des Orchesters, Ivor Bolton, übernommen. Gemeinsam
musizieren sie mit Elisabeth Kulman, Rolando Villazón und Kristian Bezuidenhout. Die Camerata Salzburg
gestaltet einen Haffner-Serenaden-Abend mit Thomas Zehetmair, die traditionelle Aufführung der c-Moll-Messe
von W.A.Mozart in der Uraufführungskirche St. Peter und begleitet die "Young Singers" in deren Abschlusskonzert.
Auch in der letzten Festspielwoche treten einige der besten Orchester der Welt in Salzburg auf: die Wiener Philharmoniker
unter Daniele Gatti mit Lang Lang, das Concertgebouworkest Amsterdam mit Leonidas Kavakos unter der Leitung von
Mariss Jansons und Simon Rattle mit seinen Berliner Philharmonikern. Insgesamt bietet das Konzertprogramm 82 Konzerte
in sieben Spielstätten, davon in drei Kirchen.
Zum beliebten Ausklang des Festspielsommers entwickelte sich der Festspielball in der Felsenreitschule, der
am 30. August 2014 stattfindet.
|