Theologinnen der Uni Graz erarbeiten für Reiseveranstalter Konzept für Kulturfahrten
mit Gender-Fokus
Graz (universität) - Auch Kulturwissenschaften können sich wirtschaftlich rechnen. Das zeigt eine
Kooperation zwischen der Theologischen Frauen- und Geschlechterforschung an der Karl-Franzens-Universität
Graz und dem Reisebüro Logos. Erarbeitet wird ein innovatives Konzept für Kulturreisen mit genderspezifischem
Fokus. Logos setzt dabei auf die Expertise eines Teams um Univ.-Prof. Dr. Irmtraud Fischer. Für das Projekt
erhielt das Reisebüro kürzlich einen Innovationsscheck der österreichische Forschungsförderungsgesellschaft
FFG.
„Kulturtourismus erfordert Bibelkenntnis“, ist die Theologin Irmtraud Fischer überzeugt. „Ob in Kirchen oder
Palästen, auf Fresken, Gemälden oder Plastiken – die Bibel ist neben den Schriften der Antike die große
Quelle unserer Bildungsgüter.“ Die Auseinandersetzung mit der Heiligen Schrift aus dem Blickwinkel der theologischen
Frauen- und Geschlechterforschung schuf die Grundlage für ein neues Angebot des Reisebüros Logos: Die
„Frauenhimmeln“ in Stift Vorau, weibliche Figuren aus der Bibel in der Kunst Friauls und die historischen Spuren
bemerkenswerter Frauen in Breslau – unter ihnen die Philosophin Edith Stein – stehen im Mittelpunkt von drei Kulturfahrten,
die 2014 von Logos veranstaltet werden. Bei der wissenschaftlichen Erarbeitung des Programms und der Begleitung
der Reisen kooperieren die Theologinnen mit Kunsthistorikerinnen und Historikerinnen.
20 Jahre Fakultätsschwerpunkt
1994 wurde an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Karl-Franzens-Universität der Schwerpunkt „Theologische
Frauen- und Geschlechterforschung“ eingerichtet. Neben der Frage, welchen Anteil Religionen an der Konstruktion
von Geschlechterrollen haben, konzentrieren sich die WissenschafterInnen auf die Erforschung der Frauengeschichte
im Christentum. „Die Geschichte ist nicht männlich, aber der weibliche Part wurde nicht überliefert.
Ziel ist es, diese Lücke zu füllen und die gesamte Geschichte neu zu schreiben“, betont Irmtraud Fischer.
Ein weiterer Bereich des Forschungsschwerpunkts widmet sich der Vermittlung von Religion in der Gegenwart und untersucht,
welche Rolle spezifische Geschlechterbilder im Schulunterricht und in der pastoralen Arbeit in der Pfarre spielen.
Anlässlich des 20-Jahr-Jubiläums des Schwerpunkts, der als Spitzenforschungsbereich der Fakultät
evaluiert wurde, lädt die Uni Graz 2013/14 zu zahlreichen Veranstaltungen. Nähere Informationen unter
http://bit.ly/1cBl4WF
Die Katholisch-Theologische Fakultät der Uni Graz hatte im Bezug auf Frauen in mancherlei Hinsicht eine Vorreiterrolle
inne:
Hier promovierte 1961 Ingeborg Jansen in Kirchenrecht als erste Frau, als dies an vielen deutschen Universitäten
noch nicht möglich war. Irmtraud Fischer habilitierte sich 1993 in Graz als erste Frau an einer Katholisch-Theologischen
Fakultät in Österreich.
Das erste Ehrendoktorat, das die Uni Graz an eine Frau vergab, war jenes der Katholisch-Theologischen Fakultät
1984 an Elisabeth Gössmann, Pionierin der theologischen Frauenforschung. Der nach ihr benannte Preis wird
von der Fakultät alle zwei Jahre für feministisch-theologische Arbeiten vergeben.
Die theologische Frauen- und Geschlechterforschung ist im Schwerpunkt „Heterogenität und Kohäsion“ der
Karl-Franzens-Universität Graz verankert. Dieser widmet sich aktuellen Themen im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher
Vielfalt und sozialem Zusammenhalt.
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