Oberösterreich zieht eine erste Schlussbilanz
Linz (lk) - Am 03.11. hat die diesjährige grenzüberschreitende Landesausstellung an den Standorten
Bad Leonfelden, Cesky Krumlov (Krumau), Freistadt und Vyssi Brod (Hohenfurth), ihre Pforten geschlossen. Nach 2004
("grenzenlos" - gemeinsam mit der Stadt und dem Landkreis Passau) und 2012 ("verbündet verfeindet
verschwägert" - mit dem Haus der Bayerischen Geschichte) war dies die dritte grenzüberschreitende
Landesausstellung, die Oberösterreich in der fast 50jährigen Geschichte dieser kulturellen Großveranstaltung,
gemeinsam mit einem internationalen Partner, veranstaltet hat.
Die Landesausstellung hatte den Titel "Alte Spuren. Neue Wege - Oberösterreich und Südböhmen"
und präsentierte Gemeinsames und Trennendes aus der seit Jahrhunderten währenden Nachbarschaft der Menschen
im Lebensraum zwischen Donau und Moldau.
285.000 mal die Landesausstellung besucht
Insgesamt verzeichnete diese Landesausstellung 285.166 Besuche, sie liegt damit auf dem 14. Platz unter bisher
nicht weniger als 30 Landesausstellungen.
Auch wenn diese Landesausstellung in absoluten Zahlen keinen Besucherrekord bedeutet, so wurde doch das selbst
gesteckte Ziel von 200.000 Besuchen deutlich überschritten.
Die erreichte Zahl an Besuchen ist auch insofern beachtlich, als Landesausstellungen bei unseren südböhmischen
Nachbarn bislang ein Novum waren, während der Markenbegriff "Landesausstellung" hierzulande seit
1965 bestens bekannt und als qualitativ hochwertig anerkannt ist.
Die alljährlich im Auftrag des Landes durchgeführte Kulturstudie belegt dies und so kamen auch bei jener
im Jahr 2013 wieder tolle Werte für die Landesausstellung zu Stande.
Von den Gesamtbesuchen entfielen diesmal rund 60 % auf die oberösterreichischen Standorte, 40 % auf die tschechischen.
Beachtlich in diesem Zusammenhang ist, dass im Ranking der einzelnen Standorte nach Freistadt der Standort Vyssi
Brod (Hohenfurth) folgt, ebenfalls knapp gefolgt von Bad Leonfelden und mit etwas Abstand dahinter liegt Cesky
Krumlov.
Die Bedeutung des Zawisch-Kreuzes als weltweit beachtete "Ikone" der Kultur- und Geistesgeschichte wird
daran ersichtlich. Außerdem zeigt der hohe Zuspruch der Besucherin und Besucher zum Stift Hohenfurth, dass
sich die zahlreichen Bemühungen des Vereines zur Förderung des Stiftes Hohenfurth und des Landes bei
der baulichen Revitalisierung und Belebung des Klosters in jedem Fall bezahlt gemacht haben.
Positive Effekte der Ausstellung in vielen Bereichen spürbar
Erreichte Besucherzahlen sind ein wichtiges Kriterium, an dem sich der Erfolg einer Landesausstellung ablesen lässt,
doch daneben gibt es auch viele sogenannte "weiche" Faktoren, die den Erfolg einer Landesausstellung
ausmachen:
Fast 25 Jahre ist es nun her, dass sich der Eiserne Vorhang geöffnet hat, der Kalte Krieg zu Ende gegangen
ist und scheinbar unüberwindbare Grenzen abgebaut wurden. Die Landesausstellung bot eine ideale Möglichkeit,
zum ersten Mal seit der Grenzöffnung, kontroversielle Themen der Vergangenheit in einem größeren
Kontext zu diskutieren, sich mit der Geschichte und insbesondere mit der jüngeren Geschichte umfassend auseinanderzusetzen.
Dies betraf auch so konfliktträchtige Themen wie die Nutzung der Atomkraft oder die Beurteilung der Benes-Dekrete.
Umgekehrt konnte im Rahmen der Landesausstellung dokumentiert werden, wie eng die kulturellen, wirtschaftlichen,
sozialen Beziehungen zwischen Oberösterreich und Südböhmen über die Jahrhunderte hinweg waren.
Der Lebensraum zwischen Donau und Moldau wurde als ehemals einheitlicher Kulturraum sichtbar, dessen Einheit oft
durch politische Maßnahmen entzweit wurde, der aber im Zuge des Europäischen Integrationsprozesses wieder
zusammenwächst.
Derart wurden die Besucherin und der Besucher bei der Landesausstellung bewusst eingeladen, sich mit seinem nördlichen
bzw. südlichen Nachbarn, dessen Denk- und Lebensweise auseinanderzusetzen und dabei vielleicht so manch existierendes
Vorurteil abzubauen.
Die Zusammenarbeit in der Vorbereitung der Landesausstellung war ein gewaltiger Know-How-Transfer, der unseren
tschechischen Nachbarn die Art und Weise, wie bei uns solche kulturellen Großprojekte abgewickelt werden,
näher gebracht hat. Umgekehrt konnten wir in Oberösterreich bei der Zusammenarbeit mit unseren tschechischen
Nachbarn lernen, welche besonderen Herausforderungen und Anstrengungen es nach sich zieht, wenn eine Qualitätsmarke
wie die Landesausstellung erst im öffentlichen Bewusstsein verankert werden muss.
Rahmenprogramm als Fundament künftiger Zusammenarbeit
Seit mehreren Jahren gibt es bei Oberösterreichs Landesausstellungen ein umfassendes Rahmenprogramm. Ein
Rahmenprogramm, das nicht "von außen aufgesetzt" wird, sondern das zu 100 % von Kulturschaffenden
aus der Region getragen wird. Damit ist das Rahmenprogramm ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der kulturellen
Identität.
Vor allem bei grenzüberschreitenden Landesausstellungen werden durch die bilaterale Zusammenarbeit bei der
Vorbereitung und Durchführung von Rahmenveranstaltungen unzählige persönliche Kontakte geknüpft,
die das Fundament für eine künftige Zusammenarbeit auf kultureller und touristischer Ebene bilden.
Diese persönlichen Kontakte sind von unschätzbarem Wert weil sie meist - unabhängig von politischen
Ereignissen - für lange Zeit bestehen bleiben und damit zusätzlich beim Abbau von Vorurteilen helfen.
Eine gute Nachbarschaft kann nicht auf politischer Ebene verordnet werden, sie wird von den Menschen, die quasi
Tür an Tür wohnen und arbeiten, geprägt. Die Vorbereitung der Landesausstellung, die Einbindung
der unzähligen ehrenamtlich tätigen Kulturschaffenden, war dabei ein wichtiger Impuls.
Dies wurde auch vom tschechischen Staatspräsidenten Milos Zeman und Bundespräsident Heinz Fischer bei
deren Besuch der Landesausstellung am 18. Oktober in Freistadt konstatiert, die übrigens diese Landesausstellung
als Vorzeigeprojekt für die künftige Zusammenarbeit zwischen Österreich und der Tschechischen Republik
lobten.
Landesausstellung als Kristallisationspunkt für touristische Aktivitäten
Im Vergleich mit der grenzüberschreitenden Landesausstellung 2012, wo knapp ein Drittel der Gäste
an den oberösterreichischen Standorten aus Bayern kamen, fällt der Besuch von tschechischen Gästen
bei Landesausstellung und Rahmenprogramm in Oberösterreich mit rund 10 % auf den ersten Blick etwas gering
aus.
Zieht man jedoch in Betracht, dass die Marke Landesausstellung in der südböhmischen Öffentlichkeit
bis dato nicht verankert war, während es in Bayern jährlich Landesausstellungen gibt, die vom Haus der
Bayerischen Geschichte professionell auf dem Gebiet des gesamten Freistaats organisiert werden, relativiert sich
dieses Bild.
Und so wurde die Landesausstellung auch auf touristischer Ebene als Plattform verstanden, von der aus künftig
weitere gemeinsame Aktivitäten gesetzt werden können. Die Bemühungen auf beiden Seiten, die Ausstellungsinhalte
auf Deutsch, Tschechisch und Englisch zu kommunizieren, stellten dabei ebenso wichtige Impulse dar wie das Anbieten
von grenzüberschreitenden Erlebnis-Packages oder der bewusste Einsatz von zweisprachigem Bedienungspersonal
in gastronomischen Leitbetrieben oder zweisprachige touristische Werbemedien und ein gemeinsamer Internetauftritt.
Das Mühlviertel und Südböhmen konnten sich summa summarum im Einzugsgebiet der Städte Passau,
Budweis und Linz als reizvolle Natur- und Erlebnisregion positionieren, die auch in einer künftigen, freilich
dann größeren Europaregion Donau-Moldau, ein unverwechselbares Profil besitzt.
Die Nachnutzung der Landesausstellungsstandorte in Oberösterreich
Es gehört zu den wichtigen strategischen Zielsetzungen von Oberösterreichs Landesausstellungen, dass
es auch für jeden Standort ein konkretes Nachnutzungskonzept gibt. In Oberösterreich sieht dies folgendermaßen
aus:
- · Die sogenannte "Brauhaus-Galerie" als Teil der Nachnutzung
des Landesausstellungsprojektes von Freistadt soll weiterhin auch für grenzüberschreitende Aktivitäten
genutzt werden. Für 2014 ist zum Beispiel eine Ausstellung über den tschechischen Illustrator und Zeichner
Jiri Doubek geplant.
- In Bad Leonfelden werden in den Landesausstellungsgebäuden der Festsaal
der Landesmusikschule implementiert und wichtige Abschnitte der Stadtgeschichte in einer Dauerausstellung der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht. Dem berühmten Jugendstil-Künstler Leopold Forstner soll dort ebenfalls breiter
Raum gewidmet werden.
- Dem freudigen Anlass des 25jährigen Jubiläums der Öffnung des
"Eisernen Vorhanges" soll auf oberösterreichischer Seite mit einem umfassenden Veranstaltungsprogramm
gedacht werden. Grenzüberschreitende Zeitzeugenprojekte oder Kooperationsprojekte auf musikalischer Ebene
sind nur zwei Beispiele aus einem ganzen Reigen an Veranstaltungen, der derzeit vorbereitet wird.
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