Präsentation des Dokumentarfilms "Erschlagt mich, ich verrate nichts" im Parlament
Wien (pk) - Enormes Publikumsinteresses herrschte am Abend des 04.11. bei der Präsentation des der
österreichischen Widerstandskämpferin Käthe Sasso gewidmeten Dokumentationsfilms "Erschlagt
mich, ich verrate nichts!" im Parlament. Barbara Prammer, die dazu in den Nationalrats-Sitzungssaal eingeladen
hatte, würdigte Käthe Sasso als Vorbild für Zivilcourage und Mut und hob überdies die Bedeutung
der heute 87-Jährigen für die Republik Österreich als Zeitzeugin hervor.
Käthe Sasso ist eine der letzten Überlebenden des österreichischen Widerstands gegen die Nazis.
Sie hat Jahre in Gestapo-Gefängnissen in Wien verbracht, entging nur wegen ihrer Jugend der Hinrichtung durch
das Fallbeil und wurde 1944 in das KZ Ravensbrück deportiert. Regisseur Kurt Brazda und Kameramann Benjamin
Epp richten den Fokus ihres Films auf Sassos Aktivität und Haft in den Jahren 1938 bis 1944 und begleiten
die ehemalige Widerstandskämpferin, wie sie ihren Begegnungen und Erlebnissen auf den Originalschauplätzen,
dem berüchtigten Polizeigefangenenhaus an der Rossauer Lände oder dem Landesgericht etwa, nachspürt.
Käthe Sasso erinnert dabei vor allem auch an jene, die im Kampf für die Menschlichkeit hingerichtet wurden
und von denen viele bereits dem Vergessen anheimgefallen sind. Aktueller Anlass für den Film war die Errichtung
einer Gedenkstätte am Areal der Gruppe 40 im Wiener Zentralfriedhof an jener Stelle, wo die Hingerichteten
verscharrt wurden.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer meinte in ihren Begrüßungsworten, Käthe Sasso habe
mit ihrer Entscheidung, als 15jähriges Mädchen in den Widerstand zu gehen, eine Herausforderung angenommen,
die Gleichaltrigen heute völlig unbekannt ist. Sie habe damit aber für uns alle bewusst gemacht, dass
Demokratie und Menschenrechte keine Selbstverständlichkeit sind, sondern tagtäglich erstritten, erkämpft
und erhalten werden müssen. Prammer dankte Sasso für deren Engagement, Mut und Verantwortungsbewusstsein
sowohl in der Zeit des NS-Regimes als auch in den Jahren nach 1945 und erinnerte an den Einsatz der ehemaligen
Widerstandskämpferin für die Erhaltung und Würdigung der Gräber der Gruppe 40 am Wiener Zentralfriedhof.
Die Nationalratspräsidentin konnte in diesem Zusammenhang unter den zahlreich erschienenen Gästen auch
Schüler der Landesberufsschule für Steinmetze in Schrems begrüßen, die an mehreren Projekttagen
die Gedenkstätte am Zentralfriedhof restauriert hatten.
Das Lob gebühre nicht ihr allein, sondern all jenen Frauen und Männern, die im Widerstand gegen die Nazis
für ein freies und demokratisches Österreich ihr Leben gegeben haben, erwiderte Käthe Sasso und
dankte vor allem dafür, dass die Gruppe 40 am Zentralfriedhof nun zur nationalen Gedenkstätte erklärt
wurde und damit auch in Zukunft in Würde erhalten bleibt. Sie erinnerte aber auch an die Zeit nach 1945, als
man den Überlebenden nach ihrer Rückkehr aus den Gefängnissen und Konzentrationslagern, wie sie
sagte, wenig Freude entgegenbrachte. Erst Jahrzehnte später hätten die ehemaligen Widerstandskämpfer
und die vom NS-Regime Verfolgten das gefunden, was sie lange vermisst hatten – Verständnis, Menschlichkeit,
Anerkennung und Hilfe.
Vor allem an die Jugend richtete Käthe Sasso die Bitte, sich sämtlichen faschistischen Strömungen
und Unmenschlichkeiten aufrecht entgegenzustellen, so wie es die mutigen Frauen und Männer der Gruppe 40 getan
hatten. Mögen diese Menschen noch vielen Generationen ein Vorbild sein und Mut und Kraft geben, für ein
freies und demokratisches Österreich einzustehen und zu kämpfen, schloss sie.
Zu Wort kam auch ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, der die Aufarbeitung der Zeitgeschichte als eine der Kernaufgaben
des öffentlich-rechtlichen Senders betrachtete und in diesem Sinn von einem "elektronischen Gedächtnis"
sprach. Kurt Brazda, der Regisseur der Dokumentation, wiederum interpretierte den Film als leidenschaftliches Plädoyer
für die Demokratie und fügte an, Zeitzeugen wie Käthe Sasso ermöglichten es erst, die Ungeheuerlichkeit
jener Epoche zu begreifen. Das Vorbild der Widerstandskämpfer lehre aber auch, dass es keine Lorbeeren gibt,
auf denen sich die Demokratie ausruhen könne, mahnte Brazda.
Der Film "Erschlagt mich, ich verrate nichts! Käthe Sasso, Widerstandskämpferin" wird am 9.
November um 21.40 Uhr in ORF III ausgestrahlt.
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