Brüssel (ec) - Im Rahmen ihrer Haushaltsüberwachungstätigkeiten hat die Europäische Kommission
am 15.11. ein umfassendes Paket vorgelegt, das dreizehn Mitgliedstaaten des Euroraums und drei nicht dem Euro-Währungsgebiet
angehörende Mitgliedstaaten abdeckt. Ihr besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Euroraum als eigenständiger
wirtschaftlicher Einheit. Erstmals gibt die Kommission Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung
der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets ab, die der Kommission ab diesem Jahr jeweils bis zum 15.10.
vorzulegen sind, also zum selben Zeitpunkt, zu dem die Haushaltsplanentwürfe den nationalen Parlamenten übermittelt
werden. Gleichzeitig werden Bewertungen veröffentlicht, die die Befolgung der Ratsempfehlungen im Rahmen des
Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit, etwaige Verstöße gegen das Schuldenstands-
und das Defizitkriterium im Sinne des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie die Strukturreformpläne mit
Haushaltauswirkungen zum Gegenstand haben, die bestimmte Mitgliedstaaten in ihren Wirtschaftspartnerschaftsprogrammen
aufgeführt haben.
Dazu der für Wirtschaft, Währung und den Euro zuständige Vizepräsident der Europäischen
Kommission Olli Rehn: „Wir haben einen Wendepunkt in der wirtschaftlichen Entwicklung erreicht. Der heutige Tag
markiert zudem einen Meilenstein in der verstärkten wirtschaftspolitischen Steuerung in Europa. Die heute
vorgelegten Stellungnahmen der Kommission zu den nationalen Übersichten über die Haushaltsplanung sollen
die Mitgliedstaaten des Euroraums in ihren Bestrebungen unterstützen, ein kräftigeres Wachstum zu erzielen
und langfristig tragfähige öffentliche Finanzen zu gewährleisten. Schließlich können
einzelstaatliche Haushaltsentscheidungen in einer Wirtschafts- und Währungsunion Auswirkungen haben, die weit
über die nationalen Grenzen hinausreichen. Die Mitgliedstaaten haben der Kommission die Befugnis übertragen,
entsprechende Stellungnahmen abzugeben, und ich vertraue darauf, dass die nationalen Entscheidungsträger ihnen
auch gebührend Rechnung tragen werden.“
Das von der Kommission vorgelegte Paket besteht aus vier Teilen:
1. Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung
Kernstück des Pakets sind die erstmals formulierten Stellungnahmen zu den Übersichten über die
Haushaltsplanung für das Jahr 2014, die von jenen dreizehn Euro-Ländern vorgelegt wurden, für die
kein wirtschaftliches Anpassungsprogramm aufgelegt wurde (d. h. allen Euro-Ländern außer Zypern, Griechenland,
Irland und Portugal). Zweck der Stellungnahmen ist es, frühzeitig – also vor der Verabschiedung im innerstaatlichen
parlamentarischen Haushaltsverfahren – zu signalisieren, ob die zugrunde liegenden Haushaltspläne den Anforderungen
des Stabilitäts- und Wachstumspakts genügen.
2. Bewertung der Umsetzungsmaßnahmen
Die Kommission hat die Maßnahmen von sieben Mitgliedstaaten beurteilt, die diese in Reaktion auf die jüngsten
Ratsempfehlungen vom Juni dieses Jahres – mit neuer Fristsetzung für die Korrektur der übermäßigen
Defizite – getroffen haben. Bei den betreffenden Ländern handelt es sich um Belgien, Spanien, Frankreich,
Malta, die Niederlande, Polen und Slowenien.
3. Bewertung der Wirtschaftspartnerschaftsprogramme
Nachdem in diesem Jahr an Spanien, Frankreich, Malta, die Niederlande und Slowenien neue Empfehlungen im Rahmen
des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit gerichtet wurden, unterbreiteten die genannten Länder
Wirtschaftspartnerschaftsprogramme, in denen sie die von ihnen geplanten Strukturreformen mit Haushaltsauswirkungen
darlegten. Auch diese Programme hat die Kommission analysiert.
4. Berichte zur Analyse der Gründe für eine Nichteinhaltung des Schuldenstands- bzw. des Defizitkriteriums
Schließlich übermittelte die Kommission dem Rat Berichte zu Kroatien, Litauen und Finnland, in denen
die Gründe für eine bereits vorliegende bzw. eine prognostizierte Nichteinhaltung der durch den Stabilitäts-
und Wachstumspakt vorgegebenen Richtwerte analysiert wurden.
Schlussfolgerungen für den Euroraum
- Ein wesentlicher Nutzen der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung
besteht darin, dass die – ebenfalls heute in Form einer Mitteilung vorgelegte – Beurteilung der Haushaltslage des
Euroraums insgesamt erleichtert wird. Einige der zentralen Schlussfolgerungen lauten wie folgt:
- Die in den vergangenen Jahren unternommenen erheblichen Konsolidierungsanstrengungen
beginnen Früchte zu tragen: Der öffentliche Schuldenstand dürfte sich stabilisieren und das durchschnittliche
Haushaltsdefizit auf ein Niveau unter dem Referenzwert von 3 % des BIP gesenkt werden. Die Länder, die vor
den größten haushaltspolitischen Herausforderungen stehen, planen auch die größten Konsolidierungsanstrengungen,
wobei jedoch in Abhängigkeit vom vorhandenen Haushaltsspielraum gewisse Unterschiede bestehen. Allerdings
haben lediglich zwei Mitgliedstaaten (Estland und Deutschland) ihr mittelfristiges Haushaltsziel erreicht, was
bedeutet, dass in anderen Euro-Ländern eine weitere Konsolidierung vonnöten ist. Der aggregierte Konsolidierungsfortschritt,
ausgedrückt als Veränderung des konjunkturbereinigten Haushaltssaldos ohne einmalige und befristete Maßnahmen,
dürfte sich im nächsten Jahr auf ¼ % des BIP belaufen.
- Weitere Strukturreformen sind notwendig, um das Fundament für nachhaltiges
Wachstum und solide öffentliche Finanzen zu festigen. Insgesamt vermitteln die Wirtschaftspartnerschaftsprogramme
folgendes Bild: Fortschritte bei der Verbesserung der nationalen Haushaltsrahmen, gemischte Erfolge in Sachen Steuerreform
und – wenn auch nicht in allen Ländern – umfassende Reformen der Renten- und Gesundheitssysteme.
- Nach wie vor wird bei der Haushaltsplanung dem Aspekt der richtigen Kombination
von Konsolidierungsmaßnahmen nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt. Insbesondere konnte der in den
letzten Jahren zu beobachtende allgemeine Trend des Rückgangs der öffentlichen Investitionsausgaben nicht
umgekehrt werden, wenngleich sich eine Stabilisierung abzeichnet. Eine gut konzipierte Konsolidierungsstrategie
muss auch gewisse Ausgabenbeschränkungen vorsehen, vor allem wenn der Sektor Staat einen breiten Raum einnimmt.
Länderspezifische Schlussfolgerungen
Als ermutigendes Zeichen würdigt die Kommission, dass bei keiner der vorgelegten Übersichten über
die Haushaltsplanung ein gravierender Verstoß gegen die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts
festzustellen war und dass es nicht erforderlich ist, eine Überarbeitung einzelner Pläne anzumahnen.
In mehreren Fällen hat die Kommission jedoch wichtige Kritikpunkte formuliert und die betreffenden Mitgliedstaaten
aufgefordert, diesen bei der Fertigstellung der Haushaltspläne für das Jahr 2014 Rechnung zu tragen.
Nachstehend die Hauptschlussfolgerungen der Kommission zu Österreich im Überblick:
- Die von Österreich vorgelegte Übersicht über die Haushaltsplanung
entspricht weitgehend den Vorgaben des SWP.
- Die Kommissionsprognose deutet auf eine dauerhafte Korrektur des übermäßigen
Defizits im Jahr 2013 und eine gewisse Abweichung vom Anpassungspfad zum mittelfristigen Ziel eines strukturellen
gesamtstaatlichen Defizits von 0,45 % des BIP im Jahr 2014 hin.
- Hinsichtlich der Umsetzung des strukturellen Teils der vom Rat im Rahmen des
Europäischen Semesters abgegebenen haushaltspolitischen Empfehlungen hat Österreich gewisse Fortschritte
erzielt.
- Die Kommission fordert die Behörden auf, die vollständige Einhaltung
des SWP im Rahmen des nationalen Haushaltsverfahrens sicherzustellen.
- Die österreichischen Behörden werden ermutigt, der Kommission und der
Eurogruppe eine aktualisierte Übersicht über die Haushaltsplanung vorzulegen, sobald die neue Regierung
im Amt ist.
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