Weltweit erstmalig Messung der Sauerstoffversorgung des Gehirns bei Neugeborenen gelungen
Graz (meduni) - "Hauptsache das Kind ist gesund." Das wünschen sich natürlich alle Eltern
zur Geburt ihres Kindes. Für die spätere Entwicklung ist vor allem die Gesundheit des Gehirns ausschlaggebend,
was einer optimalen Sauerstoffversorgung bei der Geburt bedarf. Daher wurde an der Medizinischen Universität
Graz die von Univ.-Prof. Dr. Berndt Urlesberger geleitete "Forschungseinheit für zerebrale Entwicklung
und Oximetrie" gegründet, um die Sauerstoffversorgung des kindlichen Gehirns während der ersten
Lebensminuten zu erforschen. Aktuelle Forschungsergebnisse wecken nun das internationale Interesse an der Einrichtung
an der Med Uni Graz und der dort geleisteten Pionierarbeit.
Die Geburt - Ein radikaler Einschnitt in die Sauerstoffversorgung
Die Geburt stellt einen radikalen Einschnitt in die Sauerstoffversorgung von Neugeborenen dar. Die relativ
niedrige Sauerstoffversorgung im Mutterleib muss mit einem Schlag auf ein ungleich hohes Niveau gebracht werden.
"Der Geburtsvorgang bedeutet für das Kind quasi den plötzlichen Wechsel vom Mount Everest auf Höhe
des Meeresspiegels", schildert Berndt Urlesberger die große Veränderung, mit der das Neugeborene
bei der Geburt konfrontiert wird. Nie wieder wird der gesamte Organismus ohne jegliche Vorbereitung einer derart
ausgeprägten Veränderung der Umgebung ausgesetzt. Daher benötigt das Neugeborene auch eine gewisse
Zeit der Anpassung, wobei eine Atemunterstützung mit Sauerstoff erforderlich sein kann. "Wir wissen heute,
dass sowohl zu viel als auch zu wenig Sauerstoff schädliche Auswirkungen und somit Spätfolgen für
das Gehirn haben kann", so Berndt Urlesberger.
Weltweit erstmalig umfassende Messung der Sauerstoffversorgung des Gehirns in den ersten Lebensminuten
Mit dem Einsatz der Nahinfrarot Spektroskopie (NIRS) ist dem Team um Berndt Urlesberger und Ass.-Prof. Dr.
Gerhard Pichler nun weltweit erstmalig gelungen, die Sauerstoffversorgung des Gehirns in den ersten Lebensminuten
in einem großem Kollektiv zu messen. Diese neue Methode ist vollkommen schmerzlos, da lediglich Licht in
das Gewebe gestrahlt wird. "Hier wurde an der Med Uni Graz richtige Pionierarbeit geleistet", berichtet
Berndt Urlesberger stolz, da es zu diesem Thema bis dato wenig Wissen gab. Auf Basis der Forschungsergebnisse konnten
nun Normalwerte der Sauerstoffversorgung des Gehirns von gesunden Neu- bzw. Frühgeborenen erstellt werden.
Die erstmalige systematische Dokumentation der Sauerstoffsättigung des Gehirns in den ersten Lebensminuten
stößt in der Fachwelt auf großes Interesse und Anerkennung, die Daten sind nun weltweit im klinischen
Alltag verwertbar.
Die spektakulärste Entdeckung der Grazer Wissenschaftler zeigt, dass die Sauerstoffversorgung des Gehirns
nicht parallel zur Sauerstoffsättigung des arteriellen Blutes verläuft, da unmittelbar nach der Geburt
das Gehirn bevorzugt mit Sauerstoff versorgt wird. In weiterer Folge wurde an der Klinischen Abteilung für
Neonatologie der Med Uni Graz eine Studie durchgeführt, in welcher Kinder untersucht wurden, die nach der
Geburt eine Unterstützung der Atmung benötigten im Vergleich zu Kindern, deren Atmung sich nach der Geburt
problemlos angepasst hat.
Bevorzugte Sauerstoffversorgung des Gehirns nur bei gesunden Neugeborenen gegeben
Die Studienergebnisse zeigen, dass nur bei gesunden Neugeborenen das Gehirn in der Sauerstoffversorgung bevorzugt
wird. "Sobald eine Atemunterstützung bei Frühgeborenen notwendig wird, ist eine bevorzugte Sauerstoffversorgung
des Gehirns nicht mehr sichtbar", erklärt Gerhard Pichler. Hier setzt das Team rund um Berndt Urlesberger
und Gerhard Pichler in Zukunft an und arbeitet in einem aktuellen Projekt an der Fragestellung, ob die unterstützte
Beatmung durch Sauerstoff zukünftig an der arteriellen Sauerstoffsättigung abgeleitet werden soll, so
wie es bisher der Fall ist, oder ob die Anpassung der Sauerstoffgabe an die regionale Sättigung des Gehirns
Vorteile für das Neugeborene bietet.
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