Das Jahr der Überraschungen
Wien (öw) - Das Weinjahr 2013 gab den österreichischen Winzern einige knifflige Aufgaben zu lösen.
Zuletzt war es die richtige Einschätzung der kleineren Erntemenge, die mit 2,25 Mio. hl wieder um ca. sieben
Prozent geringer als im fünfjährigen Durchschnitt ausfiel. Zuvor war die Wahl des Lesezeitpunktes und
die angestrebte Zuckergradation eine Herausforderung, sorgten doch einige Wetterkapriolen für unterschiedliche
Entwicklungen in den Weingärten. Dem entsprechend wollten die Trauben auch im Keller unterschiedlich verarbeitet
werden. Letztendlich wird die österreichische Weinwirtschaft auf eine etwas kleinere Erntemenge blicken. Die
Qualität ist sehr zufriedenstellend, wobei sich ein fruchtiger und angenehm trinkbarer Jahrgangscharakter
abzeichnet.
Der Wetterverlauf 2013 - Später Austrieb und Verrieselung
Der Winter mit anhaltender, aber moderater Kälte und guter Feuchtigkeitsversorgung sorgte für einen
späteren Austrieb als im Jahr 2012. Erfreulicherweise blieben den Winzern nennenswerte Frostschäden
erspart, dennoch wirkten sich da und dort die Nachwirkungen der letztjährigen Fröste ertragsmindernd
aus. Wenn man den langjährigen Durchschnitt betrachtet, entspricht die um ca. zwei Wochen spätere Blüte
einem „normalen“ Blütezeitpunkt. Leider war die Witterung zu diesem Zeitpunkt im Juni sehr ungünstig,
auf eine Hitzewelle folgte nasskaltes Wetter, was zu sehr schlechter Befruchtung und Verrieselung vor allem bei
der Hauptsorte Grüner Veltliner führte. Insbesondere entlang der Donau waren die Wachau, Kremstal, Kamptal,
aber auch Gebiete wie das Pulkautal und das nördliche Weinviertel betroffen, was sich auf die Erntemenge negativ
auswirken sollte.
Sommerhitze und Trockenheit
Der Sommer 2013 zählt zu den fünf heißesten des letzten Jahrhunderts. Die lang anhaltende Trockenheit
hemmte den Reifefortschritt, da die Rebe unter sehr heißen Bedingungen ihre Assimilationsleistung stark reduziert.
Junge Weingärten und Anlagen mit schlechter Wasserversorgung hatten teilweise große Probleme. Gerade
noch rechtzeitig setzten Ende August Niederschläge ein, womit der Zuckergradationsanstieg endlich - wenn auch
nur mit verringertem Tempo - weiterging.
Erfreulicherweise gab es weniger Hagelschäden als letztes Jahr. Dennoch waren heuer rund 2500 ha vor allem
in Niederösterreich und Burgenland betroffen, was einen Schaden von ca. fünf Mio. € bedeutet.
Die Leseentscheidung als Nervensache
Nach dem Einsetzen der Septemberniederschläge mussten Österreichs Winzer entscheiden, ob doch eher früher
gelesen – und damit ein Aufplatzen der durch die Trockenheit sehr kompakten Trauben verhindert wird – oder ob ein
höherer Gradationsanstieg abgewartet werden soll. Beides war heuer sowohl von der sorgfältigen Weingartenarbeit
als auch von der Entscheidung des Winzers abhängig, sich auf das Wetterrisiko einzulassen.
Letztendlich gab es nur einen langsamen Reifeanstieg, aber der kühle Oktoberbeginn sorgte für eine
weitgehende Erhaltung der Traubengesundheit. Die warm-feuchte neblige Witterung Ende Oktober begünstigte die
Botrytisbildung, sodass einiges an Prädikatsweinen gelesen werden konnte.
„Der Jahrgang 2013 wird uns in Rot und Weiß sowohl dichte und große Weine bringen, die uns in 20 Jahren
noch Freude bereiten, als auch säurekräftige, knackige Tropfen, die uns in der Jugend fordern. Besonders
freue ich mich auf ein hervorragendes Süßweinjahr 2013“, kommentiert Willi Klinger, Geschäftsführer
der Österreich Wein Marketing, das Weinjahr 2013.
Niederösterreich
Die schon vorweg beschriebenen Probleme des schlechten Blütewetters wirkten sich in der reduzierten Erntemenge
vor allem bei der Leitsorte Grüner Veltliner stark aus. Lediglich das südliche Weinviertel ist heuer
wenig betroffen. Dazu darf auch angemerkt werden, dass in Poysdorf die Trockenheit bis Ende September andauerte.
Überraschungen gab es bei der Lese, bei der einige, traditionelle Leseabfolgen der Sorten heuer manchmal
umgedreht werden mussten. So war bei manchen Früh- und auch Aromasorten nur ein geringer Gradationsanstieg
zu beobachten. Durch ein Zuwarten bis zur physiologischen Reife der Trauben konnte in diesen Fällen die für
das heurige Jahr markante Säurestruktur gut integriert werden.
Grundsätzlich spielte das Lesewetter mit, wobei gründliche, arbeitsintensive Traubenselektion notwendig
war. Oft konnte man sich überlegen, ob ohne oder mit Botrytis gelesen werden sollte und damit den Weincharakter
wählen. Für Lagenweine wurde mit der Ernte teilweise bis Anfang November zugewartet. Zu diesem Zeitpunkt
gelesene Rieslinge zeigen schöne Frucht und Reife, auch dank der Botrytis, wobei noch immer genug Säure
vorhanden ist, die für Rassigkeit und Langlebigkeit sorgen wird.
Die Erntemenge pro Hektar spielte heuer eine große Rolle. Daraus ergibt sich auch eine weite Spannweite
der Aromatik – von fruchtig leicht bis würzig intensiv. Die Weine sind fruchtig, der Säurekern ist markant
ausgeprägt, der moderate Alkoholgehalt sorgt für guten und angenehmen Trinkspaß. Interessant ist
heuer ein positiver Nebeneffekt der Trockenheit: Die kleingebliebenen Beeren hatten wenig Most, bargen aber viele
Aromastoffe in der Beerenhaut, was teilweise zu sehr intensiver Aromatik führte.
Der Rotwein wird in Niederösterreich wohl in ausreichender Menge zu Verfügung stehen, wobei er jahrgangsgemäß
nicht zu üppig ausfallen und sich durch eine angenehme und fruchtige Trinkbarkeit auszeichnen wird.
Burgenland
Auch in diesem Weinbaugebiet lässt sich das heurige Jahr mit „schön – heiß – nass“ beschreiben.
Die Reife ließ sich auch hier Zeit, und ein Zuwarten zahlte sich aus. Schöne und reife Trauben waren
heuer der „Lohn der Mutigen“. Mengenmäßig rechnet man mit einer guten Durchschnittsernte, lediglich
der Blaufränkisch hat unter der Verrieselung gelitten.
Aufgrund der Aromatik wird es ein schön fruchtbetonter Jahrgang werden und der Alkoholgehalt bewegt sich
in konsumentenfreundlichen Dimensionen. Dabei ist festzuhalten, dass aufgrund des feuchtwarmen Oktoberwetters und
der dadurch entstehenden Botrytisentwicklung hervorragende Prädikatsweinen geerntet werden konnte.
Steiermark
Auch im südlichsten Weinbaugebiet blickt man auf eine durchschnittliche Ernte von gut 200.000 hl, das
sind umgerechnet ca. 27 Millionen Bouteillen Wein.
Bei der Ernte war teilweise viel Auslese nötig, aber die zusätzliche Arbeit zahlte sich aus. So wurden
leichtere Qualitäten entsprechend früh gelesen, und dank des in der Steiermark guten Witterungsverlaufes
konnte eine schöne Ausreifung für Lagen- und Reserveweine abgewartet werden. Arbeit und Nervenstärke
wurden belohnt, die gesunden Trauben brachten feinfruchtige nicht zu üppige Weine mit einem guten Säuregerüst,
das für harmonische Balance der Weine sorgt.
Wien
In Wien ist man mit dem Jahrgang sehr zufrieden. Gute Menge, schöne Fruchtigkeit, gutes Säurerückgrat
und Sortentypizität – alles wunschgemäß vorhanden. Sorgfältige Weingartenarbeit konnte die
Trockenheitsprobleme und den teilweisen Infektionsdruck im Zaum halten, und durch Vor- und Auslese die Qualitäten
selektioniert werden. Die gegen Ende Oktober einsetzende Botrytis setzte den noch nicht gelesenen Trauben zu –
sofern sie unerwünscht war. Denn während in der Innenstadt schon der „Junge Wiener“ präsentiert
wurde, fand in den Wiener Weingärten noch die Prädikatsweinlese statt, ein selten vorkommendes Ereignis.
Mit dem Jahrgang 2013 konnten Österreichs WinzerInnen wieder ihre Fachkenntnis erfolgreich beweisen. Nach
den heurigen Wetterkapriolen den für die Trauben optimalen Lesezeitpunkt zu „erwischen“ - um dann im Keller
den fruchtig-frischen Jahrgangscharakter zu fördern - bringt jetzt für die Weinfreunde die lustvolle
Herausforderung, die vielschichtigen positiven Überraschungen und die große aromatische Spannweite dieses
Jahrgangs zu entdecken.
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