Strassburg (europarl) - Das Europäische Parlament sollte das Recht bekommen, selbst darüber zu entscheiden,
wo und wann es tagt, beschlossen die Abgeordneten am 21.11. Diesen Anspruch wollen sie durch ein Vertragsänderungsverfahren
durchsetzen. Nach geltenden Regeln können nur die EU-Mitgliedstaaten diese Entscheidungen treffen, und zwar
einstimmig.
In dem angenommenen Text stellen die Abgeordneten fest, dass das Parlament "effizienter und kosteneffizienter
arbeiten würde und es umweltfreundlicher wäre, wenn [sein] Sitz an einem einzigen Ort wäre".
"Für die EU-Bürger ist die monatliche Pendelei zwischen Brüssel und Straßburg zu einem
negativen Symbol geworden (...) - insbesondere in Zeiten der Finanzkrise, in denen die Ausgabenkürzungen der
Mitgliedstaaten stark und schmerzhaft sind", so der Text des Beschlusses, der mit 483 Stimmen bei 141 Gegenstimmen
und 34 Stimmenthaltungen angenommen wurde.
Die Abgeordneten beabsichtigen, ein ordentliches Vertragsänderungsverfahren einzuleiten, das es dem Parlament
ermöglicht, "über die Festlegung seines Sitzes und seine interne Organisation zu entscheiden".
Gemäß dem Vertrag über die Europäische Union kann das Parlament dem Rat Vorschläge zur
Änderung der EU-Verträge unterbreiten.
Artikel 341 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) besagt, dass der Sitz der
Organe der Union "im Einvernehmen zwischen den Regierungen der Mitgliedstaaten bestimmt" wird. Protokoll
Nr. 6 der EU-Verträge beinhaltet des Weiteren, dass das "Parlament seinen Sitz in Straßburg hat",
wo die 12 monatlichen Plenartagungen stattfinden sollen.
Kosten und potentielle Änderungen
Der Beschluss besagt, dass die zusätzlichen jährlichen Kosten, die aufgrund der geografischen Streuung
des Parlaments (zwischen Brüssel, Luxemburg und Straßburg) entstehen, zwischen 156 und 204 Millionen
Euro liegen - inklusive der zusätzlichen Kosten, die durch den Sitz des Parlaments in Straßburg entstehen
und auf etwa 103 Millionen Euro geschätzt werden. Die Gesamtkosten der drei Arbeitsorte machen etwa 10% des
Jahreshaushalts aus, so der Text. Die CO2-Emissionen, die aufgrund der Fahrten zwischen den drei Orten entstehen,
werden auf 11.000 bis 19.000 Tonnen geschätzt.
Die derzeitigen Arbeitsvereinbarungen verursachen zudem zusätzliche Kosten und Reisen für alle anderen
EU-Institutionen sowie für Journalisten, so die Abgeordneten.
Die Abgeordneten fordern das Präsidium (Leitungsorgan des Europäischen Parlaments, zuständig für
die Behandlung aller Fragen zu Verwaltung, Personal und Organisation) auf, Eurobarometer oder einen vergleichbaren
fachkundigen Umfragedienst damit zu beauftragen, bis zum 1. Januar 2014 eine Umfrage zu den Ansichten der EU-Bürger
über die Aufrechterhaltung der Verteilung der Arbeitsorte des Parlaments auf verschiedene Standorte unter
besonderer Berücksichtigung der finanziellen und ökologischen Kosten und der Effizienzaspekte dieser
Regelung durchzuführen.
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