Forscher der Uni Graz kontrolliert erstmals Reaktion eines einzelnen Moleküls mit nur
einem Atom
Graz (univerrsität) - In chemischen Prozessen in der Natur zerfallen Moleküle, binden sich erneut
oder verändern ihre geometrische Struktur, was man sich auch in technischen Anwendungen zunutze macht. Man
weiß seit langem, dass die direkte Umgebung jedes einzelnen Moleküls solche Prozesse beeinflussen kann.
Auf der Ebene einzelner Atome konnte diese Einwirkung bisher allerdings weder nachgewiesen noch gesteuert werden.
Eine Gruppe von Forschern rund um Univ.-Prof. Dr. Leonhard Grill vom Institut für Chemie der Karl-Franzens-Universität
Graz und dem Fritz-Haber-Institut in Berlin hat nun erstmals gezeigt, wie sich der Protonentransport innerhalb
eines Moleküls durch ein einziges Atom beeinflussen lässt. In Zukunft könnte man diesen Effekt zur
Steuerung extrem kleiner Schaltkreise in der Nanotechnologie nutzen, in denen jedes einzelne Molekül einen
eigenen Schalter darstellt. Die Forschungsergebnisse werden in der Jänner-Ausgabe des international renommierten
Fachmagazins „Nature Chemistry“ veröffentlicht.
Für ihre Versuche entnahmen die Experten mit der Spitze eines Rastertunnelmikroskops einer Kupferoberfläche
ein einzelnes Atom und bewegten es ganz exakt an eine bestimmte Stelle. „Wir konnten dabei erstmals beobachten,
wie das Atom die benachbarten Moleküle beeinflusst“, erklärt Grill. „Ersichtlich wurde dies an der veränderten
Frequenz des Protonentransfers – also wie häufig sich ein Proton innerhalb des Moleküls bewegt.“ Dieser
Prozess änderte sich mit der Position des Atoms und dem Abstand zum nächsten Molekül, wodurch sich
die Rate entweder erhöhen oder verringern lässt. Der erstaunliche Einfluss sogar einzelner Atome ließ
sich auch auf Anordnungen aus mehreren Molekülen erweitern.
Grill ist überzeugt, dass diese Ergebnisse einen großen Fortschritt in diesem Gebiet der Grundlagenforschung
darstellen: „Die Resultate geben einen wichtigen Einblick in fundamentale chemische Prozesse. Sie zeigen nicht
nur, wie wichtig die atomare Umgebung jedes einzelnen Moleküls ist, sondern dass sich die Funktion einzelner
Moleküle sogar mit einzelnen Atomen steuern lassen kann.“ Diese neuesten Erkenntnisse könnten in Zukunft
beispielsweise in der molekularen Elektronik genutzt werden. „Die Steuerung einzelner funktionaler Moleküle
könnte in der Molekularen Nanotechnologie von Interesse sein. Ihr Vorteil ist, ihre Schaltkreise sind nicht
nur extrem klein, sondern auch billig, extrem schnell und brauchen sehr wenig Energie“, nennt der Wissenschaftler
eine Anwendungsmöglichkeit.
Leonhard Grill ist seit August des Jahres Professor für Physikalische Chemie an der Karl-Franzens-Universität
Graz. Zuvor war er am Fritz-Haber-Institut in Berlin tätig, wo er die aktuellen Forschungen großteils
realisiert hat. In dem Projekt arbeitet er auch mit Wissenschaftern der Universität Liverpool sowie der polnischen
Akademie der Wissenschaften zusammen. Die Ergebnisse werden in der Jänner-Ausgabe in „Nature Chemistry“ publiziert
und sind seit 01.12. online veröffentlicht.
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