Wien (rk) - Das Wiener Volkstheater bekommt eine neue Direktorin: Ab der Saison 2015/16 wird Anna Badora, derzeitig
geschäftsführende Intendantin des Schauspielhaus Graz, die künstlerischen Geschicke des Hauses an
der Zweierlinie lenken. Dies gab Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny gemeinsam mit dem Vorsitzendenden des Volkstheaterstiftungsrates
Wolfgang Ruttenstorfer am 27.11. bei einer Pressekonferenz bekannt.
Die erfolgreiche Regisseurin und erfahrene Theaterleiterin mit polnischen Wurzeln wechselt damit nach knapp zehnjähriger
Tätigkeit am Schauspielhaus Graz, wo sie das Haus neu positioniert und international geöffnet hat, nach
Wien. Hier will sie ein Volkstheater verwirklichen, "das der Diversität einer sich ständig wandelnden
Gesellschaft und einer sich verändernden Stadtbevölkerung Rechnung trägt und die Zuschauer dort
abholt, wo sie sich befinden."
Über ihre zukünftige Aufgabe sagte Anna Badora: "Ich weiß, wie außerordentlich schwierig
das Volkstheater zu führen und erfolgreich zu machen sein wird. Dennoch habe ich für die Spielzeit 2015/2016
zugesagt. Es ist eine neue und riesige Herausforderung, auf die ich mich sehr freue, denn das Volkstheater besitzt
sehr viel Potenzial. Der zeitgenössische Volkstheaterbegriff ist nicht nur vom nationalen Standpunkt aus zu
denken. In einer globalisierten Welt stehen die Ereignisse, die in allen anderen Teilen der Welt stattfinden, in
unmittelbarem Bezug zu uns", erläuterte sie ihre Vorstellungen. "Ich bringe als Erfahrung mit, dass
es befruchtend ist, sich in der Vergewisserung über nationale Identität mit internationalen Partnern
wie Yael Ronen, Andrzej Stasiuk oder Oliver Frljic zu verbinden. Die Konfrontation mit dem fremden Blick animiert
uns, das Fremde im Eigenen zu suchen und umgekehrt. Gleichzeitig sind mir die Blickwinkel österreichischer
Autoren und österreichischer Nachwuchsautoren unverzichtbare Orientierungsgrößen und Reibungsflächen
für unsere Theaterarbeit."
Mailath: Idealbesetzung für das Volkstheater
"Das Wiener Parkett ist für Anna Badora kein unbekanntes Terrain. Als erste Frau hat sie vor vielen
Jahren die Regieklasse des Max Reinhardt Seminars absolviert und kehrt nun nach einer erfolgreichen internationalen
Karriere wieder nach Wien zurück", heißt der Kulturstadtrat die designierte Volkstheaterdirektorin
willkommen.
Badora ist aus einem Auswahlprozess, an dem großartige internationale KandidatInnen genauso teilnahmen wie
hoch interessante österreichische BewerberInnen, als Bestqualifizierte hervorgegangen. "Die erfolgreiche
Regisseurin vereint reiche Führungserfahrung mit großer Neugierde auf das Neue und Innovative. Sowohl
in ihrer Arbeit als Generalintendantin des Schauspielhauses Düsseldorf, als auch als Geschäftsführende
Intendantin in Graz hat Anna Badora bewiesen, dass sie eine moderne Version eines Volkstheater praktiziert, indem
sie mit regionalen Strukturen genauso zusammenarbeitet, wie mit überregionalen. Besonderes Augenmerk legte
sie stets auf die Öffnung der Häuser für neue Künstler- und Zuschauergruppen. Damit entspricht
sie zu hundert Prozent dem Anforderungsprofil, das wir für ein Wiener Volkstheater der Zukunft brauchen",
betonte Mailath und fügte hinzu: "Anna Badora ist eine ebenso innovative wie erfahrene Theatermacherin
und daher die Idealbesetzung für das Volkstheater. Dass sich eine Frau als Bestqualifizierte im Auswahlprozess
durchgesetzt hat, freut mich natürlich ganz besonders."
Ruttenstorfer und Schottenberg gratulieren Vorstandsvorsitzender Dr. Wolfang Ruttenstorfer: "Ich freue
mich sehr, innerhalb so kurzer Zeit mit Anna Badora für das Volkstheater eine herausragende Theaterpersönlichkeit
als Direktorin bestellen zu können, der man die anspruchsvollen künstlerischen Herausforderungen des
zweitgrößten Sprechtheaters Wiens gerne anvertraut. Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny ist es zu
verdanken", so Ruttenstorfer, "dass diese Arbeit in den nächsten Jahren durch die zugesagte Unterstützung
der Stadt Wien stabile Rahmenbedingungen erfährt und damit die großartige künstlerische Arbeit
am Volkstheater mit Elan fortgesetzt werden kann." Außerdem dankte er der Findungskommission "die
die gemeinsame professionelle Suche nach der/dem neuen Intendant/in für mich zu einer hochspannenden Zeit
gemacht hat." Auch Michael Schottenberg gratulierte zur Bestellung: "Mit Anna Badora wurde eine großartige,
mutige und kluge Theatermacherin gefunden, der ich für ihre Arbeit am Volkstheater das Allerbeste wünsche."
Zwtl.: Das Auswahlverfahren Auf die öffentliche Ausschreibung im Oktober 2013 hatten 32 BewerberInnen aus
dem gesamten deutschsprachigen Theaterraum ihre künstlerischen Konzepte eingereicht, 40 Prozent der in der
engeren Wahl stehenden BewerberInnen kamen von Frauen. Zum Hearing wurden sieben KandidatInnen eingeladen. Der
vom Stiftungsvorstand eingesetzten Findungskommission gehörten neben dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Wolfgang
Ruttenstorfer und der Aufsichtsratsvorsitzenden Mag. Sabine Letz die designierte Intendantin der Wuppertaler Bühnen
und derzeitige Chefdramaturgin am Volkstheater Wien Susanne Abbrederis, der Leiter der Kulturabteilung der Stadt
Wien Mag. Dr. Bernhard Denscher, die Sektionschefin Kunst im BMUKK Mag. Andrea Ecker sowie die Burgschauspielerin
Maria Happel an. Zwtl.: Biographie Anna Badora
Anna Badora, geboren in Tschenstochau/Polen, studierte als erste Frau Regie am Max-Reinhardt Seminar in
Wien. Sie absolvierte Hospitanzen bei Giorgio Strehler und Assistenzen bei Peter Zadek, Klaus-Michael Grüber
und Jürgen Flimm. Anschließend inszenierte sie in Basel, München, Wien und Darmstadt. Von 1991
bis 1996 war sie Schauspieldirektorin am Staatstheater Mainz und von 1996 bis 2006 Generalintendantin in Düsseldorf,
wo sie zahlreiche internationale Projekte verwirklichte. 2006 wurde Badora geschäftsführende Intendantin
am Schauspielhaus Graz, das sie in die "Union des Théâtres de l'Europe" (UTE) führte.
Ihre letzten internationalen Projekte waren: 2008 "Blog TXT" Projekt und 2012 "Emergency Entrance"
Projekt. Sie konnte renommierte Regisseure an das Haus binden, u. a. Yael Ronen, Oliver Frljic, Ingo Berk, Michael
Simon, Krystian Lupa, Boris Nikitin, Wojtek Klemm, Viktor Bodó, Patrick Schlösser und Theu Boermans.
2010 wurde die Produktion "Die Stunde da wir nichts voneinander wußten" in der Regie von Viktor
Bodó als erste Inszenierung des Schauspielhaus Graz zum Berliner Theatertreffen 2010 eingeladen. 2011 wurde
Anna Badora als "Österreicher(in) des Jahres" in der Kategorie Kulturmanagement geehrt. Ihre Inszenierung
von Autor Daniel Kehlmanns erstem Theaterstück "Geister in Princeton" wurde 2012 mit dem Nestroy-Theaterpreis
für die 'Beste Bundesländer-Aufführung' ausgezeichnet. 2013 bekam Anna Badora von Bundesministerin
Dr. Claudia Schmied den Berufstitel "Professorin" verliehen.
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