Wien (wifo) - Bereinigt um Saison- und Arbeitstagseffekte stieg das BIP im III. Quartal gegenüber dem Vorquartal
um 0,2%. Der Aufschwung setzte damit in lediglich mäßigem Tempo ein. In den EU-Ländern ist die
Konjunktur weiterhin schwach und uneinheitlich. Die geringe Preisdynamik veranlasste die Europäische Zentralbank
zu einer Leitzinssenkung.
Der leichte Rückgang des Euro-Kurses durch die Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank am 13. November
2013 wurde durch die anhaltend lockere Geldpolitik der USA und Japans bereits großteils wettgemacht. Der
Welthandel entwickelte sich zuletzt anhaltend schwach. Nachdem die Importnachfrage der Schwellenländer durch
die Kapitalabflüsse gedämpft worden war, gingen im September von diesen Volkswirtschaften wieder stärkere
Außenhandelsimpulse aus.
In den USA beschleunigte sich der Aufschwung im III. Quartal. Vor allem der private Konsum und die Investitionen
trugen zur Expansion bei. Die Ausweitung der Nachfrage von Bundesstaaten und Gemeinden kompensierte erstmals die
durch die automatischen Budgetrestriktionen bedingte Zurückhaltung des Zentralstaates. Obwohl die Arbeitslosenquote
tendenziell rückläufig ist, behielt die Notenbank ihre lockere Geldpolitik bisher in vollem Umfang bei.
Dadurch soll das Investorenvertrauen trotz der von der Fiskalpolitik erzeugten Unsicherheit gewahrt bleiben. Auf
den Finanzmärkten wurde eine Straffung der Geldpolitik in Form höherer Umlaufrenditen der Staatsanleihen
bereits vorweggenommen. In Japan verschoben sich die Wachstumskräfte: Hatten im 1. Halbjahr 2013 aufgrund
der starken Yen-Abwertung und der damit einhergehenden Vermögenseffekte der private Konsum und die Exporte
noch kräftig expandiert, so trugen im III. Quartal vor allem die Investitionen das Wachstum. Die Stimmungsindikatoren
entwickeln sich zwar günstig, die Deflation ist aber noch nicht überwunden.
In der EU ist die Konjunktur weiterhin schwach und uneinheitlich. In Deutschland und Frankreich ließ die
Dynamik im III. Quartal 2013 spürbar nach; in Italien verringerte sich jedoch der BIP-Rückgang, und Spanien
löste sich aus der Rezession. In den Niederlanden war der private Konsum aufgrund des Zusammentreffens von
hoher Verschuldung der privaten Haushalte, Rückgang der Vermögenswerte und restriktiver Budgetpolitik
weiterhin deutlich rückläufig, die Investitionen expandierten hingegen dynamisch. In Großbritannien
setzte sich der Aufschwung fort. Die Inflationsrate erreichte im Durchschnitt des Euro-Raumes im Oktober mit 0,7%
den abgesehen vom Krisenjahr 2009 niedrigsten Wert. Die Entspannung der Rohstoffpreise und die schwache (teils
negative) Lohnentwicklung in einigen EU-Ländern dämpften die Preisdynamik. Dies veranlasste die EZB zu
einer Senkung des Leitzinssatzes von 0,5% auf 0,25% per 13. November. Die Arbeitslosenquote war im Euro-Raum im
Oktober mit 12,1% anhaltend hoch.
In Österreich verbesserte sich die Konjunktur im III. Quartal 2013 leicht. Der Investitionsrückgang schwächte
sich ab, das Wachstum des privaten Konsums und der Exporte blieb träge. Laut dem WIFO-Konjunkturtest sind
die österreichischen Unternehmen verhalten optimistisch. Die Konsumschwäche beeinträchtigte auch
den Sommertourismus: Nur dank der Zunahme der Auslandsnachfrage (vor allem aus dem angloamerikanischen Raum und
aus Osteuropa) stieg die Zahl der Übernachtungen. Auch in Österreich wirkt sich die Beruhigung der Erdölpreise
aus: Die Inflationsrate ging im Oktober auf 1,4% zurück. Der positive Abstand gegenüber dem Euro-Raum,
aber auch gegenüber Deutschland, bleibt aufgrund der höheren Dynamik der Kerninflationsrate erhalten.
Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote stagnierte im November mit 7,9% auf hohem Niveau.
Methodische Hinweise und Kurzglossar
Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte
Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen
in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte
Veränderungen" Bezug genommen.
Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung
gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.
Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über
den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen
Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.
Wachstumsüberhang
Der Wachstumsüberhang bezeichnet den Effekt der Dynamik im unterjährigen Verlauf (in saisonbereinigten
Zahlen) des vorangegangenen Jahres (t0) auf die Veränderungsrate des Folgejahres (t1). Er ist definiert als
die Jahresveränderungsrate des Jahres t1, wenn das BIP im Jahr t1 auf dem Niveau des IV. Quartals des Jahres
t0 (in saisonbereinigten Zahlen) bleibt.
Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche
Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.
Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte
nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.
Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden,
Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.
Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex
(VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist
die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität
innerhalb der Euro-Zone ( siehe auch http://www.statistik.at)
Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen
Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel
und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex
(VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.
WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung
ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche
Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at/ ). Die Indikatoren
sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten
Unternehmen.
Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot
der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig
Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei
AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.
Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind
und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde
selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge
zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist
der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten
von privaten Haushalten (Mikrozensus).
Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die
Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.
Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen
auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenzdiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis.
Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".
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