Dringliche Anfrage im Bundesrat zur politischen Verantwortung bei internationalem Steuerbetrug
Wien (pk) - Steuerumgehung durch Briefkastenfirmen machte die FPÖ am 05.12. zum Thema einer Dringlichen
Anfrage im Bundesrat. Finanzstaatsekretär Andreas Schieder wurde dabei mit dem Vorwurf konfrontiert, die Regierung
gehe nicht ausreichend gegen Gewinnverschiebungen in Offshore-Gesellschaften vor. In seiner Antwort unterstrich
der Staatssekretär, im Sinne der Steuergerechtigkeit werde jede Form von Abgabenhinterziehung und Steuerbetrug
verfolgt. Tochtergesellschaften in Finanzplätzen mit niedrigen Steuern seien allerdings nicht automatisch
illegal und müssten einzeln geprüft werden. In der Debatte wurde die internationale Vernetzung bei Steuerhinterziehung
problematisiert. Ein zielführendes Durchgreifen sei nur auf europäischer bzw. globaler Ebene möglich,
befanden SPÖ, ÖVP und Grüne.
Freiheitliche orten Verschleppungstaktik bei Steuerbetrug
Konkret forderten die Freiheitlichen Auskunft über den Ermittlungsstand im Zusammenhang mit dem Verdacht auf
Steuerhinterziehung bei der BA Worldwide Fund Management Ltd. (BAWFM) mit Sitz auf den British Virgin Islands.
Diese Beraterfirma habe über Provisionsverträge Geschäftsbeziehungen mit der Bank Austria unterhalten.
Anfragesteller Hans-Jörg Jenewein (F/W) bezog sich dabei auf eine Strafanzeige der FPÖ gegen die Bank
Austria (BA), die ihm zufolge 2010 eingebracht wurde, um Untersuchungen zur möglichen Steuerpflicht der vermeintlichen
BA-Offshore-Tochterfirma BAWFM anzustrengen. Nun wollte der FPÖ-Mandatar wissen, ob der Verdacht der Abgabenhinterziehung
bei der BAWFM von der Finanzstrafbehörde überhaupt behandelt wurde bzw. das Finanzministerium die Untersuchungen
übernommen hat.
Jenewein beleuchtete in seiner Anfrage weiters die vermuteten Verbindungen der BA zum wegen Finanzbetrugs verurteilten
US-Finanz- und Börsenmakler Bernard L. Madoff, der mit einem Schneeballsystem von Scheingewinnen weltweit
zahlreiche AnlegerInnen schädigte – auch in Österreich seien AnlegerInnen über die Investment-Beratungsfirma
BAWFM so um mehrere Millionen Euro geprellt worden. Besonders erbost zeigten sich Jenewein und seine Fraktionskollegin
Monika Mühlwerth (F/W) über die Beteiligung der Privatstiftung AVZ (Anteilsverwaltung Zentralsparkasse)
an der BAWFM. Die in ihren Augen SPÖ-nahe AVZ habe die desaströse Vernetzung von Politik und Wirtschaft
offenbart. Kleine Steuerhinterzieher würden gleich verfolgt, während große und parteinahe Unternehmen
bei Steuerbetrug wenig zu befürchten hätten, kritisierte Mühlwerth. Möglicherweise werde der
Betrugsskandal seit Jahren verschleppt. SPÖ-Bundesrat Ewald Lindinger (S/O) erinnerte daraufhin an Finanzskandale
im freiheitlichen Umfeld, wie etwa bei der Hypo Alpe Adria.
Die kolportierte Anzeige der FPÖ sei nicht aufzufinden gewesen, stellte Staatssekretär Andreas Schieder
klar. Unabhängig davon setze ihm die Verfassung Grenzen, auf jene Fragen der FPÖ näher einzugehen,
die inkriminierende Folgen für Unbescholtene haben könnten. Zudem könne das Finanzministerium nicht
die Aufgaben der Finanzstrafbehörde übernehmen oder in Finanzstrafsachen Weisungen erteilen. Das Büro
für Interne Angelegenheiten des Ministeriums werde im Rahmen der Korruptionsbekämpfung jedoch unterstützend
tätig, wenn die Dienstbehörde Vorfälle möglichen Steuerbetrugs dort melde.
Schieder: Internationales Auftreten gegen Steuerkriminalität
Das Vorgehen gegen Gewinnverschiebung zur Steuervermeidung sei generell international zu diskutieren, betonte Schieder
und verwies dazu auch auf die umgesetzten bilateralen Doppelsteuerabkommen Österreichs. Unfraglich habe jede
Gesellschaft ihre Einkünfte zu versteuern, verdeutlichte der Staatssekretär. Bei Offshore-Tochterfirmen
müsse geprüft werden, ob sie lediglich zur Steuerhinterziehung gegründet wurden; wenn das der Fall
ist, würden die Finanzbehörden aktiv, egal um welches Unternehmen es sich handle. Ewald Lindinger (S/O)
sah ebenfalls in den Doppelsteuerabkommen ein notwendiges Mittel um Steuerschlupflöchern entgegenzuwirken.
Er begrüßte daher die Initiativen der EU, sicherzustellen, dass Steuereinnahmen dorthin fließen,
wo die Wertschöpfung passiert. Auf nationaler Ebene habe die Bundesregierung mit der Finanzstrafrechtsnovelle
die Ermittlungen bei Steuervergehen beschleunigt und die Strafen erhöht. Grünen-Mandatar Marco Schreuder
(G/W) hinterfragte dagegen, wie die Bundesregierung Steuerhinterziehung eigentlich verhindere. International gelte
das Land nämlich als Hauptblockierer beim Kampf gegen Steuerflucht. So habe die Regierung etwa vehement das
Bankgeheimnis verteidigt und auch die FPÖ stemme sich gegen einen automatischen internationalen Datenaustausch,
warf Schreuder der freiheitlichen Fraktion vor. Österreichs bilaterale Vereinbarungen blockierten das Betrugsbekämpfungsabkommen
der EU ebenfalls.
Zur Dringlichen Anfrage selbst meinte Schreuder, die Ausführungen darin fielen im Grunde in den Aufgabenbereich
der Judikative; deswegen sei es bedauerlich, aus dieser ernsten Frage der internationalen Finanzkriminalität
im Parlament politisches Kleingeld schlagen zu wollen. Die globale Dimension des Finanzbetrugs führte Bundesrat
Gottfried Kneifl (V/O) schließlich ins Treffen. Die Aktivitäten der EU gegen Steuerhinterziehung seien
zwar begrüßenswert, merkte er an. Tatsächlich würden aber weltweite Rahmenbedingungen benötigt,
um Verbrechern, die am internationalen Finanzmarkt ihr Unwesen trieben, Herr zu werden. Immerhin gehe es dabei
um die Sicherstellung des heimischen Wirtschaftssystems, der sozialen Marktwirtschaft, gab Kneifl zu bedenken.
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