Österreichische Landwirtschaft braucht Unterstützung von Konsumenten
Wien (pk) - Vor dem Hintergrund der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und den daraus resultierenden
Herausforderungen für Österreichs Bäuerinnen und Bauern behandelte der Bundesrat in seiner Sitzung
vom 05.12. den Grünen Bericht 2013 und den Bericht der Bundesregierung über die Leistungen für die
Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2014. Es sei in den Verhandlungen mit Brüssel gelungen, die Kernanliegen
der heimischen Landwirtschaft durchzusetzen, sodass auch in Zukunft eine flächendeckende, wettbewerbsfähige,
nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft betrieben werden kann, lautete die positive Grundeinschätzung von
Bundesminister Nikolaus Berlakovich. Sorge kam in der Debatte allerdings angesichts des im Grünen Bericht
dokumentierten Einkommensverlusts in der Landwirtschaft zum Ausdruck. Klar war dabei allen BundesrätInnen,
dass die heimischen KonsumentInnen die stärksten Partner der österreichischen Landwirtschaft sind. Beide
Papiere wurden mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
ÖVP fordert Beibehaltung der 50:50-Kofinanzierung
Die negative Einkommensentwicklung müsse zu denken geben, meinte Bundesrat Marin Preineder (V/N). Wenn man
Bergbauernhöfe und Biobetriebe erhalten will, dann brauche es dazu auch entsprechende öffentliche Leistungen,
zumal die Einkommen nicht allein über den Markt erwirtschaftet werden können, gab er zu bedenken. Der
niederösterreichische Mandatar rief zu einem Bekenntnis zu heimischen Lebensmitteln auf und lehnte in diesem
Zusammenhang vor allem auch Preisvergleiche mit Staaten ab, die über eine gänzlich andere Betriebsstruktur
verfügen als Österreich. Die österreichische Landwirtschaft sei bereit, hochwertig zu produzieren,
die Konsumenten müssten ihr die Produkte allerdings dann auch abnehmen, pflichtet ihm sein Fraktionskollege
aus Oberösterreich Ferdinand Tiefnig bei. Einer Meinung mit Tiefnig war Preineder auch hinsichtlich der Notwendigkeit,
die Kofinanzierung bei den Förderungen im Verhältnis 50:50 beizubehalten. Positiv beurteilten die ÖVP-Mandatare
Walter Temmel (V/B) und Eduard Köck (V/N) das Ergebnis der GAP-Reform. Es sei gelungen, die Kernanliegen der
österreichischen Landwirtschaft durchzubringen, bemerkte Temmel und zeigte sich überzeugt, dass damit
nun der Fortbestand einer flächendeckenden, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen bäuerlichen Landwirtschaft
gesichert sei. Köck wies seinerseits auf die Bedeutung der Förderungsmittel für den ländlichen
Raum hin und gab zu bedenken, ohne diese Gelder wäre die Existenz der heimischen Bergbauern gefährdet.
Nicht in Frage kam für Köck zudem eine Umschichtung der Subventionen von der Landwirtschaft in andere
Bereiche im Zuge der aktuellen Koalitionsverhandlungen.
SPÖ wünscht sich sozial gerechtere Verteilung der Agrarförderung
Der Tiroler SPÖ-Bundesrat Hans-Peter Bock las aus dem Bericht eine problematische Tendenz in Richtung landwirtschaftlicher
Großbetriebe heraus und äußerte die Befürchtung, Kleinbetriebe würden langsam, aber
sicher verschwinden. Er brach eine Lanze für die kleinbäuerliche Landwirtschaft und zeigte sich insbesondere
besorgt über die aktuelle Situation der Almbauern. Was im Gefolge der Flächenfeststellungen passiert,
sei nicht in Ordnung, sagte Bock. Es gehe nicht an, dass die Bauern nun wegen Flächenbemessungen, die sie
nicht selbst erstellt haben, zum Handkuss kommen, meinte er und appellierte an den Bundesminister, hier Abhilfe
zu schaffen. Bundesrat Michael Lampel (S/B) kam auf die GAP-Reform zu sprechen und merkte kritisch an, der große
Wurf sei damit noch nicht gelungen. Es brauche jedenfalls mehr Umweltschutz, eine sozial gerechtere Verteilung
der landwirtschaftlichen Fördermittel sowie eine stärkere Berücksichtigung der Arbeit in der Landwirtschaft
und der Umweltleistungen.
FPÖ: Hochwertige Produktion muss auch ihren Preis haben
Angesichts der gesunkenen Einkommen in der Landwirtschaft sei die von der Regierung immer wieder kolportierte Stärkung
des ländlichen Raumes bloß ein Schlagwort, konstatierte Bundessrat Gerhard Dörfler (F/K). Alarmiert
reagierte er insbesondere auf die Einbußen bei Bergbauern und Biobauern und lenkte dabei den Blick vor allem
auf die Preissituation. Hochwertige österreichische Nahrungsmittel dürfen keine Kampfpreisprodukte sein,
stand für Dörfler fest. Der Kärntner Bundesrat appellierte mit Nachdruck an die Mitverantwortung
der heimischen Konsumenten und meinte, den Menschen müsse bewusst werden, dass nachhaltige Tierhaltung und
hochwertige Erzeugung eben auch mit hohen Kosten verbunden sind. Er habe noch nie ein Sonderangebot von Red Bull
gesehen, bei Milch und Käse hingegen würden Aktionspreise als selbstverständlich angenommen, brachte
Dörfler seine Irritation auf den Punkt.
Grüne wollen mehr Umweltschutz in der Landwirtschaft
Landwirtschaft müsse wieder gleichbedeutend mit Umweltschutz sein, forderte Bundesrätin Heidelinde Reiter
(G/S), die sich insbesondere kritisch über eine Stagnation bei der Biofläche und bei den Förderungen
des Biolandbaus äußerte. Die Politik sah sie auch aufgerufen, gegen den Einsatz von Pestiziden zu kämpfen
und sich verstärkt für die Erhaltung der Biodiversität zu engagieren. Als unbefriedigend kommentierte
Reiter auch die Situation im Gefolge der Almflächenfeststellungen. Strafzahlungen und der Verlust von Förderungen
seien existenzbedrohend für die Almbauern, die die falschen Berechnungen ja nicht selbst vorgenommen hatten,
gab sie zu bedenken. Wenn wir die Almbauern verlieren, dann sei damit ein schwerer Schaden auch für die Umwelt
verbunden, warnte Reiter.
Team Stronach schlägt degressives Förderungsmodell vor
Mehr Geld für die heimischen bäuerlichen Familienbetriebe und weniger Förderungen für Agrarindustrie-Konzerne
war die Devise von Bundesrat Gerald Zelina (T/N), der in seiner Wortmeldung für ein degressives Förderungssystem
eintrat und sich dabei vorstellen kann, dass ab einer gewissen Größe eines Betriebes überhaupt
keine Förderungen gezahlt werden. Zelina beklagte überdies die Konzentration der landwirtschaftlichen
Produktion, aber auch Preismanipulationen durch Hedge-Funds sowie monopolistische Züge bei der Saatguterzeugung
und im Lebensmittelhandel. Zentral war für ihn die Erhaltung der bäuerlichen Familienbetriebe, in denen
er auch einen Grundpfeiler des österreichischen Fremdenverkehrs sah.
Berlakovich: bäuerliche Familienbetriebe als Basis der Landwirtschaft
Österreich habe bei der GAP-Reform alle seine zentralen Kernanliegen durchsetzen können, war Bundesminister
Nikolas Berlakovich überzeugt. Es sei gelungen, auf EU-Ebene Allianzen zu bilden, aber auch auf die österreichischen
Besonderheiten, so etwa auf die Notwendigkeit einer stärkeren Unterstützung der Bergbauern, hinzuweisen.
Die bäuerlichen Familienbetriebe seien jedenfalls nach wie vor die Basis der Landwirtschaft in Europa, betonte
er. In Anspielung auf die laufenden Koalitionsverhandlungen unterstrich Berlakovich die Bedeutung der Kofinanzierung
im Verhältnis von 50:50, wobei er klarstellte, es handle sich dabei nicht nur um Geld für die Bauern,
sondern für den gesamten ländlichen Raum. Kein Land in der EU nütze die Möglichkeiten der ländlichen
Entwicklung so stark wie Österreich. Was die Einkommenssituation betrifft, stellte Berlakovich mit Nachdruck
fest, die stärksten Partner der heimischen Landwirtschaft seien die heimischen KonsumentInnen. Wenn die Menschen
im Supermarkt zum österreichischen Lebensmittel greifen, dann wird es auch in Zukunft eine bäuerliche
Landwirtschaft geben. Hohen Stellenwert maß der Ressortchef in diesem Zusammenhang der exakten Kennzeichnung
durch das AMA-Gütesiegel bei, die 100 % Österreich garantiere. Bei der Almflächenfeststellung wiederum
gehe es darum, die Rechtslage zu respektieren, das System in Ordnung zu bringen und Rechtssicherheit für die
Bauern herzustellen.
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