Jugendbeschäftigung

 

erstellt am
05. 12. 13
10.30 MEZ

EU-Kommission schlägt Standards zur Verbesserung der Qualität von Praktika vor
Brüssel (ec) - Die Europäische Kommission hat am 04.12. Leitlinien vorgeschlagen, die es den Praktikanten und Praktikantinnen ermöglichen sollen, qualitativ hochwertige Arbeitserfahrungen zu sicheren und fairen Bedingungen zu sammeln und so ihre Chancen auf einen guten Arbeitsplatz zu steigern. Der Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu einem Qualitätsrahmen für Praktika würde die Mitgliedstaaten vor allem dazu aufrufen sicherzustellen, dass das nationale Recht oder die nationale Praxis den in den Leitlinien dargelegten Prinzipien entsprechen, und gegebenenfalls ihre Rechtsvorschriften anzupassen. Praktika sind ein Schlüsselelement der Jugendgarantie, die die Europäische Kommission im Dezember 2012 vorgeschlagen hat und die der EU-Ministerrat im April 2013 angenommen hat. Derzeit entspricht jedes dritte Praktikum im Hinblick auf Arbeitsbedingungen oder Lerninhalte nicht dem Mindeststandard. Das ergab eine vor kurzem durchgeführte Eurobarometerumfrage. Viele dieser beanstandeten Praktika werden von Arbeitgebern dazu genutzt, Einstiegsjobs zu ersetzen.

„Praktika sind von immenser Bedeutung, wenn die Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen gesteigert und ein reibungsloser Übergang von der Schule ins Berufsleben gewährleistet werden soll. Es kann nicht hingenommen werden, dass manche Praktikantinnen und Praktikanten derzeit als unbezahlte oder billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass den Praktikantinnen und Praktikanten wertvolle Kenntnisse und Erfahrungen vermittelt werden, mit denen sie einen Arbeitsplatz finden können. Die vorgeschlagenen Leitlinien würden es den Praktikantinnen und Praktikanten ermöglichen, unter guten Arbeitsbedingungen qualitativ hochwertige Arbeitserfahrungen zu sammeln“, so László Andor, EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration.

Die Leitlinien würden die Transparenz bei den Praktikumsbedingungen steigern, beispielsweise indem gefordert wird, dass die Praktika auf einer schriftlichen Praktikumsvereinbarung basieren, welche wiederum Lerninhalte (Bildungsziele, Beaufsichtigung) und Arbeitsbedingungen (beschränkte Dauer Arbeitszeiten, klare Angabe, ob die Praktikanten und Praktikantinnen eine Entlohnung oder Aufwandsentschädigung erhalten und ob sie sozialversichert sind) konkretisiert. Die Praktikumsanbieter würden aufgefordert, bereits in der Stellenausschreibung anzugeben, ob es sich um ein bezahltes Praktikum handelt.

Durch die Festlegung gemeinsamer Qualitätsstandards würde die Annahme des Qualitätsrahmens für Praktika die Umsetzung der Jugendgarantieprogramme durch die Mitgliedstaaten unterstützen sowie die Zahl der Auslandspraktika steigern und die Erweiterung von EURES auf Praktika fördern, wie vom Europäischen Rat in seinen Schlussfolgerungen vom Juni 2012 gefordert.

Der vorgeschlagene Rahmen gilt nicht für Praktika, die Teil eines Hochschulabschlusses oder für den Zugang zu bestimmten Berufen obligatorisch sind.

Hintergrund
Der Qualitätsrahmen für Praktika ist eine der Initiativen, die im Beschäftigungspaket für junge Menschen von Dezember 2012 angekündigt wurden.

Mit der Jugendgarantie soll sichergestellt werden, dass allen jungen Menschen unter 25 Jahren binnen vier Monaten, nachdem sie arbeitslos werden oder die Schule verlassen, eine hochwertige Arbeitsstelle oder Weiterbildungsmaßnahme oder ein hochwertiger Ausbildungs- bzw. Praktikumsplatz angeboten wird. Die Jugendgarantie ist eine der wichtigsten und drängendsten Strukturreformen, die die Mitgliedstaaten einführen müssen, um Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen und den Übergang von der Schule ins Berufsleben reibungsloser zu gestalten. Damit sie wirksam umgesetzt werden können, sind qualitativ hochwertige Praktika von großer Bedeutung.

In den letzten 20 Jahren wurden Praktika für junge Menschen zu einer wichtigen Einstiegsmöglichkeit in den Arbeitsmarkt. Doch obwohl Praktika immer mehr zu einem Standard in unseren Arbeitsmärkten werden, wächst angesichts dieser weiten Verbreitung die Sorge hinsichtlich Lerninhalten und Arbeitsbedingungen. Wenn Praktika tatsächlich den Einstieg in das Arbeitsleben erleichtern sollen, müssen sie qualitativ hochwertige Lerninhalte und angemessene Arbeitsbedingungen bieten und sollten kein billiger Ersatz für reguläre Arbeitsplätze sein.

Eine vor kurzem durchgeführte Eurobarometerumfrage zur Qualität von Praktika zeigt, dass Praktika gang und gäbe sind: etwa die Hälfte der Befragten (46 %) hat eines absolviert, viele von ihnen sogar mehrere. Dabei wurde auch festgestellt, dass 35 % der Praktikumsanbieter keine schriftliche Praktikumsvereinbarung vorsehen und 23 % der Praktikantinnen und Praktikanten zum Ende ein weiteres Praktikum – und eben kein richtiger Arbeitsplatz – angeboten wurde. Laut der Umfrage wurden nur 9 % der Praktika im Ausland absolviert.

Im Juli 2012 veröffentlichte die Europäische Kommission eine Studie über Praktika in allen Mitgliedstaaten. Sie enthielt die Empfehlung, dass Praktika mehr Garantien in puncto Qualität und Perspektiven für junge Menschen bieten und besser auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes abgestimmt sein sollten.


 

 Regner: Höchste Zeit für Qualitätsstandards bei Praktika
SPÖ-EU-Abgeordnete fordert klare Ziele und faire Entlohnung
Wien (sk) - SPÖ-Europaabgeordnete Evelyn Regner, Chefverhandlerin zur Jugendbeschäftigung für die sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament, fordert: "Wir brauchen in Europa hohe Qualitätsstandards für Praktika. Dazu gehören festgelegte Lernziele, eine faire Entlohnung der geleisteten Arbeit sowie Mindeststandards bei der Sozialversicherung." Viele Praktikantinnen und Praktikanten leisten die Arbeit von regulären Beschäftigten, kommen aber nicht in den Genuss der entsprechenden Vorteile. "Wir müssen verhindern, dass reguläre Arbeitsplätze durch Praktika ersetzt werden. Manche Unternehmen nutzen die Situation der jungen Menschen, die unbedingt den Eintritt in den Arbeitsmarkt schaffen wollen, aus, um so ihre Lohnkosten zu reduzieren", so die Gewerkschafterin am 04.12. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

Im Rahmen von Praktika kommt es außerdem häufig vor, dass Lerninhalte und -ziele nicht klar festgelegt werden, dass viele trotz mehrmonatigem Praktikum im Betrieb nicht übernommen werden oder dass die erworbenen Kenntnisse nicht anerkannt werden. "Viele Praktikantinnen und Praktikanten verfügen nicht einmal über eine schriftliche Vereinbarung mit ihren Arbeitgebern. Durch so eine Vereinbarung werden nicht nur die Rechte und Pflichten der Praktikanten ersichtlich. Viele Probleme, wie schlechte oder fehlende Bezahlung oder unklare Bildungsinhalte, könnten dadurch bereits im Vorfeld beseitigt werden", so Regner, die das verpflichtende Aufsetzen von Praktikumsvereinbarungen fordert. Die Europäische Kommission sei zwar durchaus bemüht, Verbesserungen für junge Menschen zu erreichen. Der Qualitätsrahmen müsse aber mehr Verbindlichkeiten für die Arbeitgeber aufweisen. Die Einbeziehung der Sozialpartner bei der Umsetzung auf nationaler Ebene ist für Regner, Mitglied im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, ein Schlüsselelement für die Wirksamkeit eines solchen Rahmens.


 

 Becker: Europa braucht gesetzliche Rahmenbedingungen mit fairer Bezahlung von Praktika
EU-Abgeordneter sieht Verantwortung der Mitgliedstaaten im Rahmen der Jugendgarantie – auch aus "Respekt vor unserer Jugend"
Brüssel (övp-pd) - "Es muss endlich gesetzliche Rahmenbedingungen für Praktika geben. Es kann nicht sein, dass rund ein Viertel der Jugendlichen in der EU arbeitslos sind und Praktikanten dann als Billig- oder sogar Gratisarbeitskräfte ausgenützt werden. Das verlangt schon der Respekt vor der Leistungsbereitschaft unserer Jugend", so Heinz K. Becker, Beschäftigungs- und Jugendsprecher der ÖVP im EU-Parlament. "Es ist ein guter Vorschlag, aber er ist viel zu mutlos. Leider spricht die Kommission beim Thema Bezahlung von Praktikanten bloß von mehr Transparenz. Ich fordere aber, dass eine faire Bezahlung zur Selbstverständlichkeit wird - vom Taschengeld für Hilfstätigkeiten bis zum Leistungsentgelt bei anspruchsvolleren Jobprofilen. Hier müssen konsequenterweise nationale Gesetze angepasst werden", so Becker.

"Der Beitrag, den Praktikanten leisten, wird oft massiv unterschätzt und somit sehen sich diese vermehrt mit Lohndumping und Ausbeutung konfrontiert. Praktika in der Übergangsphase von Schule zu Berufsleben müssen adäquate Bezahlung, faire Arbeitsbedingungen und Versicherungsschutz für unsere Jugendlichen mit sich bringen", so Becker. Der EU-Abgeordnete kritisiert, dass durch eine fehlende faire Bezahlung ganze Bevölkerungsgruppen einen schlechteren Zugang zu Praktika haben, weil sich nur Kinder wohlhabender Eltern diese leisten können. "Das müssen diese zukünftigen Topkräfte den Betrieben wert sein", so Becker.

Darüber hinaus ist die Einbindung von Praktika in das Eures- Netzwerk, eine Art europäisches Online-Arbeitsmarktservice zur beruflichen Mobilität, laut Becker sehr zu begrüßen. "So wie das österreichische Arbeitsmarktservice viele Österreicherinnen und Österreicher erfolgreich durch die Krise geführt hat, kann das europäische Eures-Netzwerk ganz gezielt jungen Menschen zu Mobilität und besseren Chancen am Arbeitsmarkt verhelfen – besonders in Zeiten wie diesen", so Becker abschließend.


 

Obermayr: Plötzliche VP-SP-Forderungen an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten!
Weder der Sozialdemokrat Schulz noch VP-Vizepräsident Karas wollten Forderung nach Mindestgehalt für Praktikanten unterstützen!
Wien (fpd) - "Wenn nun plötzlich die EU-Abgeordneten Becker (ÖVP) und Regner (SPÖ) nach einem Qualitätsrahmen für Praktikanten schreien, dann ist das an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten! Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich einen offenen Brief, den diese beiden geschätzten Kollegen auch erhalten haben, an Parlamentspräsidenten Schulz gerichtet, in dem ich ein Mindestgehalt für Praktikanten im EU-Parlament fordere", so der freiheitliche Europaabgeordnete Mag. Franz Obermayr.

Denn bevor man sich großartige Gedanken über prekäre Arbeitsplätze von Jugendlichen mache, solle man lieber mal im eigenen Haus konkrete Maßnahmen setzen. Dort sei es nach wie vor so, dass es der völligen Willkür des Abgeordneten obliege, ob ein Praktikant, so wie in der freiheitlichen Delegation rund 1200 Euro monatlich erhält, oder so wie im Büro eines bekannten VP-Mandatars gar nichts, nicht einmal Anreise oder Unterkunft. "In diesem Büro scheint es schon eine Gnade zu sein, wenn man für 0 Euro praktizieren darf. Dass dabei Studenten, deren Eltern ein Auslandspraktikum nicht finanzieren können, eher reduzierte Chancen haben, ist offenbar egal.", kritisiert Obermayr, der schließt: "Sowohl die schriftliche Antwort des sozialdemokratischen Parlamentspräsidenten Schulz, als auch die Reaktion von Karas waren mehr als enttäuschend. Es gäbe von Seiten der Abgeordneten keinen entsprechenden Willen ein Mindestgehalt festzulegen. Und das obwohl es sich meist um bestens ausgebildete, polyglotte junge Menschen handelt, die einen wertvollen Beitrag zur Parlamentsarbeit leisten! Anstatt irgendwelche Pressetexte auszusenden, bitte nächstes Mal konkrete Verbesserungsvorschläge unterstützen, auch wenn sie vom politischen Mitbewerber kommen"


 

Landertshammer: Praktika - der erfolgreiche Weg zum Job
Wirtschaftskammer Österreich unterstützt neuen Qualitätsrahmen für Praktika der EU-Kommission
Wien (pwk) - Die Jugendarbeitslosigkeit ist in einigen europäischen Staaten unannehmbar hoch. Die Europäische Kommission versucht dagegen unter anderem mit der Jugendgarantie entgegenzuarbeiten, die vorsieht, dass jedem Jugendlichen bis zu 25 Jahren spätestens vier Monate nach Eintreten der Arbeitslosigkeit eine hochwertige Arbeitsstelle, Weiterbildung oder ein Praktikum angeboten wird. Als neueste Maßnahme gegen die Jugendarbeitslosigkeit wurde von der EU-Kommission ein neuer Qualitätsrahmen für Praktika präsentiert. Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) begrüßt diese Initiative, weil Praktika generell eine gute Möglichkeit sind, praktische Erfahrungen in einem bestimmten Bereich zu erwerben, wobei der Ausbildungszweck im Vordergrund zu stehen hat. Praktika sollen jungen Menschen - insbesondere Schüler und Schülerinnen, Studierende und Absolventen einer Ausbildung - praktische Kenntnisse und Erfahrungen sowie die damit verbundenen Anwendungskompetenzen vermitteln, und zwar dort, wo die Arbeit anfällt, wo reale Ergebnisse sichtbar werden und in betrieblicher Zusammenarbeit entstehen.

"Der von der EU-Kommission vorgelegte Rahmen schafft Transparenz und ist flexibel genug um den Mitgliedstaaten, die bereits funktionierende Systeme haben, keine Steine in den Weg zu legen", erläutert Michael Landertshammer, Leiter der Abteilung für Bildungspolitik in der WKÖ. Gerade bei grenzüberschreitenden Praktika besteht spezieller Regelungsbedarf, hier unterstützt der Qualitätsrahmen auf europäischer Ebene mit konkreten Empfehlungen die Qualitätssicherung. Allerdings müsse klar zwischen Praktika am freien Markt und Praktika im Rahmen von sonstigen Ausbildungsverhältnissen unterschieden werden. Praktika im Zuge von Lehrlingsausbildungen, sowie die Lehrlingsausbildung selbst, bleiben von dieser Empfehlung ausgeklammert. Bei der Umsetzung der Empfehlung müsse sichergestellt werden, dass es für Unternehmen attraktiv bleibt, Praktika anzubieten, da die Produktivität von Praktikanten nicht mit der eines Arbeitnehmers zu vergleichen ist.

"Nachdrücklich zu begrüßen ist, Praktikumsplätze in das europäische Jobportal 'EURES' aufzunehmen, um auch grenzüberschreitende Praktika zu erleichtern. Damit können Jugendliche aus Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit zusätzliche Erfahrungen im EU-Ausland erwerben und so ihre Kenntnisse und Fähigkeiten erweitern, was bei der späteren Arbeitsaufnahme in ihrem Heimatland ein Vorteil sein kann", betont Martin Gleitsmann, Abteilungsleiter für Sozialpolitik in der WKÖ, abschließend.

 

 

 

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