Wien (idw) - Eine besonders aggressive Form der Leukämie ist die Akute Lymphatische Leukämie (ALL).
Besonders häufig tritt diese Krebsart bei Kindern auf und ist zudem schwer zu behandeln. Forschende der Vetmeduni
Vienna haben nun völlig neue Angriffspunkte für die Behandlung von Blutkrebserkrankungen entdeckt. An
dem bereits gut erforschten Krebsprotein STAT5 fanden die WissenschafterInnen neue Möglichkeiten für
die Entwicklung wirksamer Medikamente. Das Forschungsteam publizierte seine wissenschaftliche Arbeit, die auch
für andere Krebsarten relevant werden könnte, im Journal Leukemia.
Proteine kommunizieren in der Krebszelle wie Staffelläufer im Wettbewerb. Mehrere Läufer reichen sich
nacheinander einen Stab weiter, die sogenannten „Signale“. So wird Information in der Zelle von Protein zu Protein
weitergereicht. Das Resultat dieses Staffellaufs ist die Produktion von eigennützigen Faktoren, mit denen
die Krebszelle ihr Überleben sichert. Es gilt, für die Entwicklung neuer Therapien diese Informationskaskaden
zu unterbinden, um somit der Krebszelle den Garaus zu machen.
Ein solcher für die Krebszelle essentieller Staffelläufer ist das Protein STAT5. Es ist bekannt, dass
STAT5 bei vielen Krebserkrankungen überreagiert, die Signale unkontrolliert weiterleitet und somit schlussendlich
für die überschießende Zellteilung von Krebszellen verantwortlich ist. Am Modell leukämiekranker
Mäuse konnte bereits früher gezeigt werden, dass das Ausschalten von STAT5 die kranken Mäuse rasch
wieder gesunden lässt. Daran lässt sich bereits die große Bedeutung dieses Proteins für die
Krebszellen erkennen. Aber wie legt man diese Information nun auf den Menschen um?
STAT5 einbremsen
Das Forschungsteam um Veronika Sexl vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Vetmeduni Vienna hat
das Krebsprotein STAT5 nun genauer untersucht. Am Beispiel der Leukämieerkrankung suchte das Team nach therapeutisch
verwertbaren Angriffspunkten am Protein und konnte tatsächlich solche identifizieren. Das Abschalten zweier
bestimmter Signale von STAT5 hatte zur Folge, dass Mäuse bedeutend später an Leukämie erkrankten
als Artgenossen, deren Leukämiezellen nur das unveränderte STAT5 zur Verfügung stand. Einer dieser
zwei therapeutisch relevanten Stellen kommt eine besondere Bedeutung zu: „ Durch die Mutation der Stelle Serin779
ist es STAT5 nicht mehr möglich, seine Rolle als Staffelläufer zu erfüllen und in den Zellkern zu
wandern. Somit ist die Wirkung von STAT5 unterbunden!“ so Hölbl-Kovacic, eine der ErstautorInnen der Publikation.
Staffellauf an mehreren Punkten unterbrechen
In einem groß angelegten Screening identifizierte die Co-Erstautorin Angelika Berger jenen Staffelläufer,
der Serin779 übergeordnet ist. Das so genannte PAK (p21 aktivierte Kinase). Das bedeutet, dass PAK die Kontrolle
über STAT5 hat und es aktiviert. Durch die Hemmung von PAK, wird folglich STAT5 deaktiviert und der Staffellauf
unterbrochen. Die KrebsforscherInnen fanden zudem heraus, dass PAK auch dann noch aktiv ist, wenn die Krebszellen
bereits mit dem derzeit üblichen Therapeutikum Imatinib behandelt wurden. Das bedeutet, dass ein potenzielles
neues Medikament, das PAK angreift, auch gut in Kombination mit Imatinib verwendet werden könnte. Eine solche
Strategie wäre in den Fällen von Bedeutung, in denen Krebszellen nicht mehr auf Imatinib reagieren, sozusagen
„therapie-resistent“ sind. PAK Kinasen stellen somit einen neuen therapeutischen Angriffspunkt dar, der unabhängig
von bisherigen Behandlungsmethoden ist.
STAT5 spielt bei vielen Krebserkrankungen eine Rolle
Angelika Berger erklärt: „Den PAK Kinasen hat man in der Krebstherapie bisher relativ wenig Aufmerksamkeit
geschenkt. Sie könnten aber für ein breites Anwendungsgebiet von Nutzen sein. Alle Krebserkrankungen,
bei denen STAT5 eine Rolle spielt, könnten über dieses System auf neue Art eingebremst werden. Das sind
beispielsweise die Leukämien aber auch eine Reihe anderer Erkrankungen wie Brustkrebs oder Prostatakrebs.“
Der Artikel „PAK-dependent STAT5 serine phosphorylation is required for BCR-ABL-induced leukemogenesis” von Angelika
Berger, Andrea Hölbl-Kovacic, Jérôme Bourgeais, Lukas Höfling, Wolfgang Warsch, Eva Grundschober,
Iris Z. Uras, Ingeborg Menzl, Eva Maria Putz, Gregor Hörmann, Christian Schuster, Sabine Fajmann, Ernestine
Leitner, Stefan Kubicek, Richard Moriggl, Fabrice Gouilleux und Veronika Sexl wurde im Journal Leukemia veröffentlicht.
http://www.nature.com/leu/journal/vaop/naam/abs/leu2013351a.html
Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist die einzige veterinärmedizinische,
akademische Bildungs- und Forschungsstätte Österreichs und zugleich die älteste im deutschsprachigen
Raum (gegründet 1765). Die Vetmeduni Vienna forscht an Themen, die für die Gesellschaft bedeutend sind.
Ihr Augenmerk gilt der Tiergesundheit ebenso wie der präventiven Veterinärmedizin, dem öffentlichen
Gesundheitswesen genauso wie der Lebensmittelsicherheit. Im Forschungsinteresse stehen die Schaffung wissenschaftlicher
Grundlagen für das Wohlbefinden von Tieren, Themen der Tierhaltung, des Tierschutzes und der Tierethik.
Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und bildet zurzeit 2300 Studierende
aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und modernste Forschungsinfrastruktur.
Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören
ebenfalls dazu.
|