Linz (stadt) - Weltweit schauen Kardiologen jetzt auf das AKh Linz. Hier an der Interne 1 - Kardiologie - wurde
von Abteilungsvorstand Prim. Doz. Dr. Clemens Steinwender erstmals der kleinste Herzschrittmacher der Welt implantiert.
Der neue Schrittmacher hat die Größe einer Vitamintablette (26 x 7 mm) und ist damit nur ein Zehntel
so groß wie konventionelle Herzschrittmacher. Sein Gewicht gleicht dem einer Münze (2 g). Und: er kommt
ohne Kabel und „Tasche“ unter der Haut aus. Durch seine geringe Größe kann er minimalinvasiv implantiert
werden.
Der neue Herzschrittmacher wird über die Oberschenkelvene über einen dünnen, biegsamen Schlauch
(Katheter) direkt ins Herz vorgeschoben und mittels Fixierungsanker an der Herzwand befestigt. Die elektrischen
Impulse, die das Herz zur Kontraktion anregen, werden über eine Elektrode am Geräteende gesendet. Die
Lebenszeit der Batterie beträgt bis zu 10 Jahre.
Das Gerät (MicraTM Transkatheter Schrittmacher-System des Medizintechnik-Unternehmens Medtronic) unterscheidet
sich wesentlich von bisher in Verwendung befindlichen Herzschrittmachern. Konventionelle Geräte sind viel
größer (45 x 50 x 8 mm) und schwerer (25-35 g). Sie können daher nicht minimalinvasiv implantiert
werden sondern müssen mittels eines chirurgischen Brustschnittes in einer Hauttasche unterhalb des Schlüsselbeines
eingebettet werden. Außerdem benötigen sie noch ein Elektrodenkabel („Sonde“) zur Abgabe der Impulse
ans Herz. Da der MicraTM ohne Sonde auskommt (er liegt ja nur im Herz und die Sonde ist seine vordere Spitze)
wird er auch „sondenloser Schrittmacher“ bzw. „leadless pacemaker“ genannt. Experten sind sich einig, dass den
sondenlosen Schrittmachern die Zukunft gehört, da sie ohne Schnitt, sondern nur durch die Punktion in der
Leiste implantiert werden können, auf die lange Sonde von der Schlüsselbeinregion zur Herzspitze verzichtet
werden kann und insgesamt die Masse des implantierten Fremdkörpers viel geringer ist.
Vorteile für PatientInnen
Diese miniaturisierte Technologie wurde entwickelt, um Patientinnen und Patienten die Schrittmachertechnologie
über einen minimalinvasiven Zugang zu ermöglichen und weitere potentielle Vorteile gegenüber der
(bereits sehr guten) gewöhnlichen Schrittmachertherapie bieten.
Der Zugang erfolgt hierbei über eine venöse Punktion in der Leiste, ähnlich wie bei einer Herzkatheteruntersuchung.
Anders als beim Einsetzen eines herkömmlichen Schrittmachers, wo in der Region unter dem Schlüsselbein
ein mehrere Zentimeter langer Schnitt gesetzt, eine Tasche für das Gerät präpariert und schlussendlich
wieder schichtweise vernäht werden muss, ist die Punktionsstelle beim MicraTM nur wenige Millimeter weit und
wird nach Rückzug des Katheters mit lediglich zwei einzelnen Hautnähten verschlossen.
Das Fehlen eines großen Schrittmachers unter der Haut hat potentielle Vorteile: Es liegt kein Fremdkörper
im Unterhautgewebe, der drücken, schmerzen oder sich gar entzünden kann. Außerdem ist dadurch von
außen überhaupt nicht festzustellen, dass der Patient einen Schrittmacher trägt.
Das Fehlen einer Sonde ist ebenfalls aus mehreren Gründen positiv: Sonden können eventuell in ihrem elektrischen
Innenleben brechen und verlieren damit ihre Funktion. Sie müssen dann aufwendig entfernt oder durch eine zusätzliche
Sonde ergänzt werden. Weiters können sie eine Herzklappe in ihrer Funktion behindern oder als Fremdkörper
mit Keimen besiedelt werden.
Aus diesen Gründen sind sich Experten einig, dass diese Technologie die Zukunft der Schrittmachertechnik darstellt.
Am 5. Und 6. Dezember hat Prim. Doz. Dr. Clemens Steinwender bei 2 Patientinnen und 2 Patienten jeweils einen MicraTM
implantiert. Bei diesen ersten Eingriffen assistierten die Oberärzte Alexander Kypta und Michael Grund sowie
die Radiologietechnologin Susanne Schabetsberger und die Angiographieschwester Anita Haderer. Die im AKh implantierten
Geräte waren die ersten Geräte, die weltweit implantiert wurden. Alle Patienten sind wohlauf und konnten
das AKh Linz bereits wieder verlassen.
Herzschrittmacher wozu?
Herzschrittmacher können ein zu langsames Herz wieder flotter machen, das heißt den Puls an die Bedürfnisse
des Körpers anpassen. Sie entsprechen, wenn man ein technisches Bild bemühen will, den Zündkerzen
bei einem Motor.
Bei verschiedenen Krankheiten des Herzens kann im Lauf der Jahre, vor allem in höherem Alter, ein zu langsamer
Herzschlag auftreten, sodass das Herz der Patienten seine Geschwindigkeit nicht mehr dem jeweiligen Bedarf anpassen
kann. Dies macht dann oft die Implantation eines Schrittmachers notwendig. Hierbei muss zwischen Schrittmachern
mit 1, 2 oder 3 Sonden unterschieden werden. Der MicraTM ersetzt vorerst die 1-Sonden-Geräte, wobei an kleinen
2-Sonden-Geräten, ähnlich dem MicraTM, bereits gearbeitet wird.
Insgesamt werden im AKh Linz etwa 400 Schrittmacher pro Jahr implantiert. Davon wird während der nächsten
Jahre wohl etwa ein Viertel durch Schrittmacher wie den MicraTM minimalinvasiv, ohne Sonden und Hautschnitt, implantiert
werden können.
Intenationale Spitzenmedizin
Die Kardiologen der Interne 1 des AKh Linz gelten international als Spitzenmediziner. Die Entscheidung, gerade
am AKh Linz den weltweit ersten und kleinsten Herzschrittmacher zu implantieren, fiel nach mehreren Auswahlverfahren,
bei denen auch die bisherigen wissenschaftlichen Aktivitäten, Implantationszahlen und deren Ergebnisse berücksichtigt
wurden. Zuletzt war die Interne 1 unter den letzten 16 von mehreren hundert weltweiten Zentren. Primar Steinwender
setzte sich schliesslich bei einem Auswahlverfahren in der Firmenzentrale von Medtronic in Minneapolis, Minnesota,
USA durch und erhielt die ehrenhafte Aufgabe übertragen, die ersten 4 Geräte weltweit zu implantieren.
Davon profitieren natürlich die Patientinnen und Patienten des AKh Linz, die, selbstverständlich unter
Einhaltung aller ethischen Richtlinien und Prüfung durch mehrere Instanzen, inklusive der Ethikkommission
OÖ, in den Genuss der neuesten Technologie kommen.
Die Interne 1 - Kardiologie des AKh Linz zählt zu den größten Kardiologien Österreichs. Sie
ist wichtiger Bestandteil des Herz-Gefäß-Zentrums des AKh Linz. Neben den 400 Schrittmacherimplantationen
werden pro Jahr zahlreiche Defibrillatoren, aber auch Speichergeräte für Rhythmusstörungen und minimalinvasive
Herzklappen implantiert. Weiters werden über 4000 Herzkatheteruntersuchungen mit Stentimpaltationen und 400
Verödungen von Rhythmusstörungen oder bei Bluthochdruck durchgeführt.
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