Brüssel (ec) - Die 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich am 09.12. verpflichtet, eine
Reihe von Empfehlungen umzusetzen, die von der Europäischen Kommission vorgeschlagen wurden und die wirtschaftliche
und soziale Integration der Roma beschleunigen sollen. Die Empfehlung des Rates wurde weniger als sechs Monate
nach dem Vorschlag der Kommission auf der Ratstagung einstimmig von den Ministern angenommen. Es ist das erste
Rechtsinstrument auf EU-Ebene für die Integration der Roma. Mit der Annahme der Empfehlung verpflichten sich
die Mitgliedstaaten, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um die Kluft zwischen den Roma und der übrigen
Bevölkerung zu verringern.
„Die heutige Vereinbarung ist ein deutliches Signal, dass die Mitgliedstaaten bereit sind, die Herausforderung
der Integration der Roma zu bewältigen. Die Minister haben sich einstimmig verpflichtet, die Lage der Roma-Gemeinschaften
vor Ort zu verbessern", so Vizepräsidentin und EU-Justizkommissarin Viviane Reding. „Die wichtigsten
Instrumente für die Integration der Roma sind nun in den Händen der Mitgliedstaaten, jetzt sollten den
Worten Taten folgen. Wir werden nicht zögern, die EU-Länder an ihre Verpflichtungen zu erinnern und dafür
sorgen, dass sie ihnen auch nachkommen.“
„Mit der Annahme der Empfehlung machen die Mitgliedstaaten klar, dass sie bereit sind, gemeinsam mehr und wirksamer
in Humankapital zu investieren, um die Lebensbedingungen der Roma in Europa zu verbessern“, erklärte László
Andor, Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration. „Wir dürfen die Roma nicht im Stich
lassen. Die Mitgliedstaaten sollten nun im Zeitraum 2014-2020 neben nationalen Fördermitteln EU-Mittel in
erheblicher Höhe zuweisen, um die Roma-Gemeinschaften bei der vollen Ausschöpfung ihres Potenzials zu
unterstützen und auf allen Ebenen ihren politischen Willen zu bekunden, die ordnungsgemäße Verwendung
der Gelder zu gewährleisten.“
Die heute verabschiedete Empfehlung des Rates für wirksame Maßnahmen zur Integration der Roma in den
Mitgliedstaaten enthält konkrete Leitlinien, die den Mitgliedstaaten helfen sollen, ihre Anstrengungen zu
verstärken und zu beschleunigen. Der Empfehlung zufolge sollen die Mitgliedstaaten gezielte Maßnahmen
ergreifen, um die Kluft zwischen den Roma und der übrigen Bevölkerung zu verringern. Sie enthält
die Bedingungen für eine effektive Integration der Roma in den Mitgliedstaaten und verstärkt somit den
EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma, auf den sich 2011 sämtliche Mitgliedstaaten
geeinigt hatten.
Auf der Grundlage der Berichte der Kommission über die Situation der Roma in den vergangenen Jahren bilden
die folgenden vier Bereiche, für die die Staats- und Regierungschefs der EU auf der Grundlage des EU-Rahmens
für nationale Strategien zur Integration der Roma gemeinsame Ziele zur Integration der Roma beschlossen haben,
den Schwerpunkt der Empfehlung: Bildung, Beschäftigung, Gesundheitsfürsorge und Wohnraum. Damit gezielte
Maßnahmen durchgeführt werden können, werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, für die Integration
der Roma nicht nur EU-Mittel, sondern auch Mittel aus dem nationalen Haushalt sowie aus Finanzierungsquellen des
Tertiärsektors zuzuweisen. Diesem Aspekt kommt grundlegende Bedeutung zu, wie die Kommission bei ihrer Bewertung
der nationalen Strategien der Mitgliedstaaten im letzten Jahr festgestellt hat.
Außerdem gibt die Empfehlung den Mitgliedstaaten Leitlinien für bereichsübergreifende Strategien
zur Integration der Roma an die Hand, damit beispielsweise sichergestellt ist, dass die Strategien auf lokaler
Ebene greifen, die Vorschriften zum Verbot von Diskriminierung Anwendung finden, ein Sozialinvestitionskonzept
zugrunde gelegt wird, Roma-Kinder und -frauen geschützt werden und die Armut bekämpft wird.
Die nächsten Schritte
Obwohl die Empfehlung nicht rechtlich bindend ist, wird von den Mitgliedstaaten nunmehr erwartet, dass sie konkrete
Maßnahmen umsetzen, die für Roma vor Ort spürbare Veränderungen bewirken. Einem von der Kommission
im Juni vorgelegten Fortschrittsbericht zufolge müssen die Mitgliedstaaten mehr tun, um ihre nationalen Strategien
zur Integration der Roma gemäß dem EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma
umzusetzen. Den nächsten Bericht über die Fortschritte der Mitgliedstaaten wird die Kommission im Frühjahr
2014 vorlegen.
Zwar muss das Europäische Parlament in dieser Angelegenheit nicht förmlich abstimmen, doch hat es die
Empfehlung des Rates nach einer am 5. Dezember abgehaltenen Abstimmung im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten,
Justiz und Inneres (LIBE) ebenfalls unterstützt. Der Ausschuss billigte den Entwurf einer Entschließung
über die Fortschritte bei der Umsetzung nationaler Strategien zur Integration der Roma, in dem die Rolle der
lokalen und regionalen Behörden bei der Entwicklung und Umsetzung der Roma-Strategien sowie die Bedeutung
einer angemessenen Mittelausstattung für Strategien zur Integration der Roma hervorgehoben werden. Die Entschließung
wird vom Europäischen Parlament voraussichtlich in einer Plenarsitzung Anfang des Jahres 2014 verabschiedet.
Die Kommission wird ihrerseits die erzielten Fortschritte weiterhin in den jährlichen Roma-Fortschrittsberichten
bewerten, die sie jeweils im Frühjahr erstellt. Die entsprechenden Erkenntnisse werden auch in das Europäische
Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik einfließen. Im Mai 2013 gab der Rat ausgehend
vom Vorschlag der Kommission für fünf Mitgliedstaaten (Bulgarien, Rumänien, Slowakei, die Tschechische
Republik und Ungarn) im Rahmen des Europäischen Semesters länderspezifische Empfehlungen zu romabezogenen
Fragen ab. In diesen Empfehlungen wurden die betreffenden Mitgliedstaaten aufgefordert, die Umsetzung ihrer nationalen
Strategien zur Integration der Roma sicherzustellen und die Roma betreffende Maßnahmen in einschlägige
horizontale Politikbereiche einzubeziehen. Der jährliche Zyklus des Europäischen Semesters sorgt dafür,
dass die Integration der Roma weiterhin ein fester Bestandteil der EU-Agenda bleibt.
Damit konkrete und nachhaltige Ergebnisse vor Ort erzielte werden, sollten ab 2014 Fördermittel der Mitgliedstaaten
und der EU zugewiesen werden. Die Strukturfonds der EU, insbesondere der Europäische Sozialfonds (ESF), bleiben
ein wichtiger finanzieller Hebel zur Förderung der Integration der Roma. Für den nächsten Finanzierungszeitraum
hat die Kommission vorgeschlagen, dass die Integration von Randgruppen wie die Roma ein besonderer Förderungsschwerpunkt
sein sollte. In diesem Zusammenhang wurde eine eigene Ex-ante-Bewertung vorgeschlagen, um zu gewährleisten,
dass die EU-Unterstützung wesentlicher Bestandteil einer umfassenden Strategie zur Integration der Roma ist.
Damit Mittel in angemessener Höhe verfügbar sind, müssen die Mitgliedstaaten mindestens 20 % ihrer
ESF-Mittel für die soziale Integration bereitstellen.
Hintergrund
Die Integration der Roma ist nicht nur eine moralische Pflicht, sondern liegt im Interesse der Mitgliedstaaten,
vor allem jener mit einer großen Roma-Minderheit. Die Roma bilden einen beträchtlichen und zunehmenden
Anteil der Kinder bzw. Jugendlichen im Schulalter und somit der künftigen Arbeitnehmer. Wirksame arbeitsmarktpolitische
Aktivierungsmaßnahmen sowie individuell zugeschnittene und leicht zugängliche Unterstützungsleistungen
für Arbeit suchende Roma tragen entscheidend dazu bei, dass Roma ihr Humankapital entfalten sowie aktiv und
gleichberechtigt an Wirtschaft und Gesellschaft teilhaben können.
In ihrem Bericht von 2013 forderte die Kommission die EU-Mitgliedstaaten auf, die nationalen Strategien umzusetzen,
um die wirtschaftliche und soziale Integration der Roma in Europa voranzubringen. Als Reaktion auf den EU-Rahmen
der Kommission für nationale Strategien zur Integration der Roma, der am 5. April 2011 verabschiedet und im
Juni 2011 von den Staats- und Regierungschefs der EU bekräftigt wurde, haben die Mitgliedstaaten entsprechende
Pläne ausgearbeitet.
Die EU-Strukturfonds stehen den Mitgliedstaaten zur Verfügung, um Projekte der sozialen Integration zu finanzieren,
darunter Projekte zur Verbesserung der Integration der Roma in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Wohnraum
und Gesundheit. Im Zeitraum 2007-2013 wurden für Projekte der sozialen Integration insgesamt rund 26,5 Mrd.
EUR bereitgestellt. Die Mitgliedstaaten sind für die Verwaltung dieser Fonds, einschließlich der Auswahl
spezifischer Projekte, verantwortlich. Ein Großteil der Mittel fließt in Projekte, die ganz allgemein
auf sozial ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen abzielen und nicht unbedingt nur Roma-Gemeinschaften zugutekommen.
Um wirksamere und gezieltere Projekte zu gewährleisten, hat die Kommission die Mitgliedstaaten aufgefordert,
unter Einbeziehung lokaler und regionaler Behörden nationale Kontaktstellen einzurichten. Hierdurch soll die
gezielte Verwendung der Mittel für Roma in den Mitgliedstaaten unterstützt werden.
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