Regierungsfraktionen stärken Unterrichtsministerin den Rücken - Opposition kritisiert
Gesetz als unausgereift
Wien (pk) - Das neue LehrerInnendienstrecht schaffte am 19.12. die letzte parlamentarische Hürde: die
Mehrheit im Bundesrat hatte keine Einwände gegen den Nationalratsbeschluss, für sämtliche Bundes-
und LandeslehrerInnen ein einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht vorzusehen. Ein Antrag der Grünen, Einspruch
gegen die Nationalrats-Entscheidung zu erheben, blieb in der Minderheit. Ab nächstem Schuljahr können
Lehrkräfte zwischen altem und neuem Dienstrecht wählen; 2019/20 wird es automatisch für alle gültig.
Anstelle des Unterrichtspraktikums durchlaufen BerufseinsteigerInnen zukünftig eine einjährige "Induktionsphase"
in vollem Dienstverhältnis an den Schulen. Ein Masterabschluss ist für sämtliche neuen LehrerInnen
obligatorisch; bis 2029 können auch Bachelor-AbsolventInnen unterrichten, wenn sie den Master innerhalb von
fünf Jahren nachholen. Generell wird die Unterrichtsverpflichtung auf 24 Stunden erhöht, wobei zwei Stunden
für Beratungstätigkeiten reserviert sind.
SPÖ und ÖVP verwiesen in ihren Plädoyers für das Dienstrecht auf die Notwendigkeit der Novelle,
um ein modernes und qualitätsvolles Schulwesen zu schaffen. Das höhere Einstiegsgehalt von € 2.420 brutto
ergibt sich laut Bundesrats-Vizepräsidentin Susanne Kurz (S/S) zwangsläufig aus den größeren
Anforderungen der neuen PädagogInnenausbildung, auf der das LehrerInnendienstrecht aufbaut. Die längere
Anwesenheitspflicht von PädagogInnen an Schulen sei vor allem als Beziehungszeit mit den SchülerInnen
zu sehen, wie Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek sagte.
Ganz anders war die Sicht der Oppositionsfraktionen. Mit der Dienstrechtsänderung würde der Unterricht
erneut in ein Korsett aus Wochenstunden gepresst, beanstandete FPÖ-Mandatarin Monika Mühlwerth und forderte
ein Jahresarbeitszeitmodell für alle Schulen. Die Grünen appellierten an das Bundesratsplenum, selbstbewusst
den Beschluss an den Nationalrat zurückzuschicken. Das vorliegende Gesetz sei nicht genügend ausgearbeitet
und weise noch zu viele Mängel auf.
Neues Dienstrecht: Auftakt oder Stillstand der Bildungsdiskussion?
Insgesamt komme dem LehrerInnendienstrecht als Rahmenwerk für den Lehrberuf enorme Bedeutung zu, so ÖVP-Mandatar
Bernhard Ebner (V/N). Immerhin beruhe der Bildungserfolg zu einem Großteil auf dem Engagement der Lehrkräfte,
für die daher beste Arbeitsbedingungen nötig seien. Das vorliegende Dienstrecht bilde folglich nicht
den Schlusspunkt sondern den Auftakt einer weiterführenden Bildungsdiskussion. Genau diese generelle Debatte
zum österreichischen Bildungswesen vermisste aber Grünen-Bundesrat Efgani Dönmez (G/O). Arbeitszeit
und Gehalt von LehrerInnen seien erst festzulegen, nachdem Inhalte und Rahmenbedingungen des Lehrberufs abgeklärt
sind, befand er.
Zu wenig berücksichtigt sei im Lehrerdienstrechts-Paket beispielsweise eine angemessene Ausstattung von Schulen
bei Infrastruktur sowie administrativem, sozialem und psychologischem Supportpersonal, konkretisierte seine Fraktionskollegin
Heidelinde Reiter (G/S) die Kritik. Leittragende der auf das Thema Wochenstunden reduzierten Bildungsdiskussion
seien vor allem die LehrerInnen. Zur vertieften Behandlung des LehrerInnendienstrechts brachte sie einen Antrag
ein, der auf Rückzuweisung des Gesetzes an den Nationalrat abzielt. Die Initiative wurde aber nur von 14 der
55 abstimmenden BundesrätInnen angenommen.
Qualitätsfrage bei LehrerInnendienstrecht spaltet Bundesrat
Die Wiener FPÖ-Bundesrätin Monika Mühlwerth fand, das neue LehrerInnendienstrecht bedeute einen
"Qualitätsverlust im Bildungswesen" und sei im Grunde als "Sparpaket" zu sehen. Die generell
auf 24 Wochenstunden ausgedehnte Unterrichts- bzw. Betreuungsverpflichtung von LehrerInnen bedeute nämlich,
dass mehr Klassen von einer Person zu unterrichten seien, wodurch sich das Gehalt automatisch reduziere. Außerdem
bestünde dann weniger Zeit, auf die Bedürfnisse einzelner SchülerInnen einzugehen. Sie drängte
weiters darauf, das bereits an Pflichtschulen gehandhabte Jahresarbeitszeit-Modell auch für AHS und BHS vorzusehen,
um die tatsächliche Arbeitsleistung der LehrerInnen, inklusive Vor- und Nachbereitungszeit, widerzuspiegeln.
Das Gelingen eines im Gesetz vorgesehenen Praxisjahres von JunglehrerInnen bei voller Unterrichtsverpflichtung
neben der Ausbildung stellte sie überhaupt in Abrede.
Die höherwertige Ausbildung aller LehrerInnen bedeute eine deutliche Verbesserung des Unterrichts, hielt SPÖ-Mandatarin
Kurz ihrer Vorrednerin entgegen. Mit der Vollanstellung im Rahmen des Praxisjahres für JunglehrerInnen werde
der Beruf noch attraktiver gemacht. Die Erhöhung der Wochenstunden wirke letztlich Überstunden entgegen,
die womöglich unbezahlt erbracht werden. "Die Zwei-Klassen-Gesellschaft unter PädagogInnen wird
mit dem neuen Lehrerdienstrecht beendet", meinte Elisabeth Reich (S/O), im Zivilberuf Direktorin einer Pflichtschule.
Das harmonisierte Dienst- und Besoldungsschema unterscheide LehrerInnen nämlich nicht länger nach ihrem
Einsatz in verschiedenen Schultypen. Und durch die ausgeweitete Unterrichtszeit sei mehr Raum für direkten
Kontakt mit den SchülerInnen geschaffen worden.
Heinisch-Hosek: Novelle bringt keine Einsparungen
Rund zehn Milliarden Euro zusätzlich würden mit dem neuen Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrkräfte
bis 2054 investiert, wies Unterrichtsministerin Heinisch-Hosek den Verdacht auf Einsparungen durch die Novelle
zurück. "LehrerInnen sind ZukunftsarbeiterInnen", unterstrich sie, daher werde es auch über
das vorliegende Gesetz hinaus eine Weiterentwicklung des Bildungswesens geben, etwa was den noch geringen Anteil
von männlichen Pädagogen in der Grundstufe anbelange. Doch nach Jahren der Diskussion über ein modernes
LehrerInnendienstrecht sei ein Beschluss nun hoch an der Zeit, hielt die Bundesministerin fest.
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