Linz (lk) - Mit der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung Oberösterreich wurde im Auftrag
des Wirtschaftsressorts des Landes ein OÖ-Leitprojekt aufgesetzt, das sich als Task Force mit dem Thema "Industrie
4.0" auseinandersetzt. Unter der Koordination von TMG-Geschäftsführer DI Bruno Lindorfer, dem Technologiebeauftragten
des Landes OÖ, will man rasch zu ersten, wichtigen Erkenntnissen und Umsetzungserfolgen bei diesem für
den Industriestandort Oberösterreich so wichtigen Thema kommen. "Mit Industrie 4.0 sind gänzlich
neue Wertschöpfungsmöglichkeiten und Geschäftsmodelle realisierbar", ist Wirtschafts-Landesrat
Michael Strugl überzeugt.
Mit dem Strategischen Wirtschafts- und Forschungsprogramm "Innovatives Oberösterreich 2020" hat
OÖ einen starken Wachstumsimpuls für die Zukunftsfähigkeit unseres Bundeslandes gesetzt. "Wir
sind das Industrie-Bundesland Nr. 1: Der servoindustrielle Sektor beschäftigt mehr als 340.000 Mitarbeiter/innen,
sorgt für zwei Drittel der Wertschöpfung in OÖ und für 80 Prozent der Forschung", weist
Strugl auf die Stärke Oberösterreichs hin.
Intelligente Antwort: Industrie 4.0
Ein Schwerpunkt des Strategischen Programms liegt im Aktionsfeld "Industrielle Produktionsprozesse".
Denn der Schlüssel zu internationaler Wettbewerbsfähigkeit liegt in der Weiterentwicklung der heimischen
Produktion. Gerade die Produktivität kann durch technologiebasierte und organisatorische Verbesserungen in
den industriellen Fertigungsprozessen nachhaltig ausgebaut werden. Einige Kernbereiche wie Mechatronik, Prozessautomatisierung,
Werkstoffe und IKT waren bereits im letzten Strategischen Programm ausgewiesene Schwerpunkte. "Die Herausforderung
besteht nun in der Zusammenführung dieser Stärken sowie in der Entwicklung von Exzellenz und kritischen
Größen. Um radikale Innovationen auf den Weg zu bringen, müssen wir auch die Forschungsseite dementsprechend
forcieren", erklärt Landesrat Strugl und verweist auf das Erfolg versprechende Konzept Industrie 4.0.
Hier geht es darum, dass modernste Informations- und Kommunikationstechnologien mit klassischen Produktions-
und Logistikprozessen sowie ihren Ressourcen - technologie- und unternehmensübergreifend - zielgerichtet zusammenwachsen.
Der Hintergrund: Produkte werden immer individueller, das Unternehmensumfeld komplexer und ihr Lebenszyklus kürzer.
"Die Lösung besteht darin, intelligente Produktions- und Logistiksysteme im Rahmen von Industrie 4.0
zu entwickeln und einzusetzen", sagt Wirtschafts-Landesrat Strugl weiter.
Im Alltag heißt das: In den neuen, "intelligenten" Fabriken gibt es eine völlig neue Produktionslogik:
Produkte sind identifizierbar, zu jedem Zeitpunkt lokalisierbar und kennen ihre Geschichte, ihren momentanen Zustand
sowie die Wege zu ihrem Zielzustand. Intelligente Produktion kann individuelle Kundenwünsche berücksichtigen
und selbst Einzelstücke gewinnbringend produzieren. Geschäfts- und Engineering-Prozesse sind dynamisch
gestaltet - das heißt, die Mitarbeiter/innen können die Produktion ad hoc verändern und flexibel
auf neue Gegebenheiten reagieren. "Die Produktion der Zukunft kann nicht auf Mitarbeiter/innen verzichten.
Das Gegenteil ist der Fall: Industrie 4.0 nutzt das Wissen eines jeden/einer Mitarbeiters/in durch intelligente
Arbeitssysteme optimal", so Strugl.
Um Oberösterreich als führende Industrieregion im europäischen Wirtschafts- und Forschungsraum
zu positionieren, ist auch die Organisation der Teilnahme und Mitwirkung an den europäischen Initiativen im
Rahmen von Horizon 2020, die Vertretung der OÖ-Interessen in relevanten Gremien, Arbeitskreisen und Netzwerken
und die Unterstützung des Transfers von Ergebnissen aus europäischen F&E-Projekten in die heimische
Forschungs- und Unternehmenslandschaft vorgesehen. Auch die Forcierung grenzüberschreitender Initiativen (z.
B. Technologieplattform Oberösterreich, Niederbayern, Südböhmen) sowie Initiativen im Donauraum
will man nutzen."Wir haben bei unserem Innovationsprogramm einen technologiepolitisch modernen und strategiegeleiteten,
WIFO-zertifizierten Ansatz mit klaren Zielen und Maßnahmen entlang der Innovation Chain, der nun schrittweise
umgesetzt wird. Gerade beim Zukunftsthema ‚Industrie 4.0' war es mir persönlich wichtig, diesen Schritt noch
in diesem Jahr zu setzen, damit wir 2014 rasch zu spürbaren Ergebnissen kommen", macht Wirtschafts-Landesrat
Michael Strugl klar.
IV OÖ-Präsident Dr. Axel Greiner
Erster Meilenstein am Weg zur Industrie 4.0
Die vierte industrielle Revolution steht unmittelbar bevor oder ist vielmehr längst im Gange. "Nach
der Mechanisierung, der Elektrifizierung und der Informatisierung der Industrie ist die nächste große
Entwicklung der Einzug des Internets in die industrielle Produktion", erklärt Dr. Axel Greiner, Präsident
der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ). Dieser Einzug des Internets sei ein Prozess, der
Oberösterreich als Industrieland in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten intensiv begleiten und den
Strukturwandel in der Industrie weiter beschleunigen werde. "Die Industrie des Jahres 2033 wird sich von der
heutigen Industrie noch stärker unterscheiden als die heutige Industrie von jener vor 20 Jahren", prognostiziert
Greiner. "Industrie 4.0 bedeutet den nächsten großen Schritt im kontinuierlichen Veränderungsprozess
der industriellen Welt." Die Ergebnisse dieses Prozesses werden eine wesentlich stärker automatisierte,
flexibilisierte und individualisierte Produktion und neue "smarte" Produkte und Dienstleistungen sein,
was neue Skills und Fähigkeiten der Mitarbeiter/innen erfordert. Auf die Aus- und Weiterbildung werden in
der Zukunft noch größere Herausforderungen zukommen. "Klar ist, dass in der Industrie der Zukunft
die Zahl der Jobs mit niedrigem Qualifikationsbedarf noch kleiner sein wird", betont Greiner.
Für diese vierte industrielle Revolution ist das Industrieland Oberösterreich bestens gerüstet.
Einerseits ist es geprägt von großen industriellen Produktionsprozessen und andererseits von einer Vielzahl
von Betrieben, die im Bereich des Maschinen- und Anlagenbaues und in der Mechatronik tätig sind. "Als
stärkstes Industriebundesland muss es daher unser Anspruch sein, auf dem Weg zur Industrie 4.0 wegweisend
in Österreich zu agieren und gemeinsam mit den vielen Universitäts- und FH-Instituten die vorhandene
wissenschaftliche Kompetenz zu nützen, das Thema weiterzuentwickeln und den Wandel aktiv zu gestalten",
zeigt Greiner den Weg für die nächsten Jahre auf.
Offene Plattform für Industrie und Wissenschaft
Ein grundlegender Meilenstein auf dem Weg der vierten industriellen Revolution ist die nun initiierte Einrichtung
einer Plattform, die sich intensiv mit den Themen Industrie 4.0 und Smart Production beschäftigt und die zur
Vernetzung von Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen führt. "Damit soll es zur Bündelung
des Wissens kommen, auf dessen Basis in Oberösterreich wirtschaftspolitische Entscheidungen getroffen werden",
erklärt Greiner. "Die IV OÖ begrüßt es daher sehr, dass Wirtschafts-Landesrat Dr. Michael
Strugl diese Plattform nicht nur federführend einrichtet, sondern sie auch bei der OÖ. Technologie- und
Marketinggesellschaft ansiedelt und Dipl.-Ing. Bruno Lindorfer mit der operativen Führung der Plattform beauftragt",
so der IV OÖ-Präsident. Denn obwohl es sich bei Industrie 4.0 um ein Zukunftsthema handle, herrsche Zeitdruck:
"Der Themenbereich entwickelt sich überaus dynamisch, die Plattform muss also rasch in die Gänge
kommen." Darüber hinaus müsse sie so angelegt werden, dass sie offen ist für Partner aus ganz
Österreich und aus dem Ausland.
3 Leuchttürme für Oberösterreichs Industrie
Bereits zuvor hat die IV OÖ aus dem konkreten Ziel, das Thema Industrie 4.0 als Forschungsschwerpunkt
und Oberösterreich als Modellregion für Smart Production zu etablieren, drei "Leuchtturm-Maßnahmen"
abgeleitet, die die größte Hebelwirkung für die Weiterentwicklung des Industriestandortes aufweisen
und darüber hinaus Schritt um Schritt ineinander greifen. "Mit der Erhöhung des Forschungsbudgets
des Landes ist die erste Maßnahme bereits in Umsetzung", zeigt sich Greiner erfreut. "Landeshauptmann
Pühringer hat ja mittlerweile die Verdreifachung der Forschungsmittel bis zum Jahr 2020 angekündigt",
so der IV OÖ-Präsident.
Nun gehe es noch darum, den Ausbau der Produktionsforschung an der Technisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät
der JKU Linz und die Vernetzung der FH-Standorte Wels, Hagenberg und Steyr zu einem Exzellenznetzwerk Industrie
4.0 als Leuchtturmmaßnahmen Nummer zwei und drei zu realisieren. "Es ist ein Glücksfall, dass sich
mit den klassischen Ingenieurdisziplinen in Wels, der Logistik in Steyr und dem IT-Bereich in Hagenberg bereits
jene drei Schwerpunkte in Oberösterreich befinden, die in dem Themenbereich Industrie 4.0 zusammenfließen",
verweist Greiner auf die bestehenden Strukturen, die eine stabile Basis unseres Landes auf dem Weg zur Modellregion
für Smart Production bilden. Zusätzlich wurden in den letzten Monaten bereits von industrieller wie auch
wissenschaftlicher Seite erhebliche Vorarbeiten geleistet, wie IV OÖ-Präsident Dr. Axel Greiner abschließend
erklärt: "Es wurde ein wissenschaftlicher Kompetenzraster der relevanten wissenschaftlichen Einrichtungen
erarbeitet und vorbereitet. Beim nächsten Call für K1-Kompetenzzentren im Rahmen des COMET-Programms
wird Oberösterreich mit der Einreichung eines K1-Kompetenzzentrums ‚Industrie 4.0' jedenfalls mit dabei sein!"
Obmann sparte.industrie WKOÖ DI Günter Rübig
Produktionsbetriebe treiben Industrie 4.0 Initiative
Fakt 1: "Oberösterreich ist das Industriebundesland Nr. 1 - das heißt, wir verdienen unser
Geld und unseren Wohlstand noch mit der Produktion und den dazugehörigen Dienstleistungen.
Fakt 2: Wir stehen vor einer technologischen Umwälzung, das war immer so, das sind wir gewöhnt.
Mit der gemeinsamen Initiative haben wir die Chance unser USP - ein Produktionsstandort zu sein - zu erhalten.
Damit das gelingt müssen die Themen und die Umsetzung von Industrie 4.0 von den Betroffenen, von der Wirtschaft
getrieben werden", ist Günter Rübig, Obmann der sparte.industrie der WKO Oberösterreich, überzeugt.
"Worum geht es? Die technologische Umwälzung der Produktion steht bevor - Fertigung, Maschinen und Werkstücke
werden intelligent, eine hochgradige Vernetzung von Maschinen und Werkstücken wird Realität, sogenannte
"Social Machines" - die vernetzte Produktion optimiert Fertigungsprozesse firmenübergreifend entlang
der gesamten Wertschöpfungskette. Das alles wird möglich, weil das Internet, das uns als Personen mittlerweile
weltweit beinahe in Echtzeit vernetzt, in die Produktionshallen einzieht. Oberösterreich als Produktionsstandort
hat die besten Voraussetzungen, so wie bei der Geburt der Mechatronik, wieder an vorderster Front mitzuspielen.
Was alles möglich ist, können wir nur erahnen - die Science Fiction-Filme aus unserer Jugend sind großteils
Realität geworden …. Ich bin überzeugt, Industrie 4.0 wird entscheiden, ob wir uns in Zukunft noch Industriebundesland
nennen dürfen."
Industrie 4.0 - Chancen und Herausforderungen für die Industrieregion OÖ
Als Interessensvertreter ist es wichtig, Entwicklungen/Trends zu beobachten, aufzuzeigen und voranzutreiben.
Die sparte.industrie beauftragte daher bereits zu Beginn des Jahres Fraunhofer Austria, die oö. Situation
zu analysieren und Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Die Kernergebnisse aus der Studie:
- Industrie 4.0 ist ein weltweiter, vor allem von der deutschen Industrie getriebener
Trend
- 30 Prozent der oö. Wirtschaftsleistung erwirtschaftet die "produzierende
Industrie" - das ist im Regionenvergleich hervorragend
- Leitbetriebe haben das Thema im Fokus, die KMUs hinken hinterher
- Die oö. Branchenvielfalt - Stahl, Papier, Lebensmittel, Maschinenerzeuger,
Autozulieferer, … - ist in einer vernetzten Produktion ein Wettbewerbsvorteil
- OÖ hat Kompetenz und Know-how in entscheidenden Schlüsseltechnologien
- Mechatronik, Informations- und Kommunikationstechnik (IKT), innovative Werkstoffe, …
- "Das ist erfreulich, aber es hilft uns nichts, wenn wir nicht als internationale
Modellregion "Industrie 4.0" wahrgenommen werden - und daher der Schulterschluss zwischen Wirtschaftsressort,
Wirtschaft und Wissenschaft", begründet Rübig sein Engagement in der gemeinsamen Initiative.
Produktionsbetriebe als Initiator und Treiber von Industrie 4.0
Welche Voraussetzungen benötigen die oö. Industriebetriebe, um weiter erfolgreich zu sein? Sie müssen
zukünftig noch effizienter, schneller und flexibler produzieren und sie müssen Produkte und Dienstleistungen
anbieten, für die Kunden bereit sind, Geld hinzulegen. "Es geht also um die Zukunft unserer Betriebe,
daher ist es nur logisch, wenn die Industrie, die Wirtschaft die Inhalte und Forschungsthemen bestimmen. "Die
Betroffenen wissen immer am besten, was ihnen hilft", begründet Rübig seine Forderung einer wirtschaftsgetriebenen
Initiative.
Rasche Umsetzung wichtiger als wissenschaftliche Dissertation
Die Studie brachte ein weiteres erfreuliches Ergebnis: Neben vielen innovativen Unternehmen haben auch Oberösterreich
Forschungseinrichtungen das Thema bereits am Radar. "Was wir jetzt brauchen ist eine rasche Umsetzung mit
"Quick Wins" für unsere Unternehmen. Die Forschungseinrichtungen sind dabei unverzichtbar Umsetzungspartner.
Nicht umfangreiche wissenschaftliche Arbeiten, sondern rasche Ergebnisse bringen Industrie 4.0 in Oberösterreich
zum Fliegen", ist Rübig überzeugt. "Und in einer zweiten Schleife stärkt dies auch unsere
Wissenschaft, das ist ein klassischer "Pull-Effekt". Wichtig ist, dass wir als Modellregion international
wahrgenommen werden, das stärkt unseren Betrieben den Rücken", gibt Rübig das Ziel der oö.
Initiative klar vor.
|