Deutliche positive Impulse aus dem Euroraum, vor allem aus Deutschland – Investitionsstau löst
sich auf, Konsum wird wieder wachsen – Wachstumspolitik statt Haushaltssanierung rückt in den Vordergrund
Wien (bank austria) - Eine anhaltend starke internationale Nachfrage und die Verbesserung der Profitabilität
haben im Euroraum zu einer Trendwende im zweiten Halbjahr 2013 geführt und die meisten Indikatoren zeigen
wieder nach oben. „Der nun in ganz Europa, aber vor allem in Deutschland, einsetzende Aufschwung wird positiv überraschen.
Wir erwarten 2014 1,5 Prozent Wachstum für den Euroraum und 2,5 Prozent für Deutschland“, meint Bank
Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Vor allem der starke Aufwärtstrend in Deutschland mit seiner international
besonders wettbewerbsfähigen Industrie wird 2014 nicht nur Österreich sondern ganz Europa, etwa auch
Frankreich oder Italien, mit nach oben ziehen. Die Länder des Euroraums liefern im Durchschnitt 14 Prozent
ihrer Exporte nach Deutschland.
Europas Wirtschaft löst die Bremsen
Darüber hinaus wird die europäische Wirtschaft, nach Überwindung der Eurokrise und durch Fortschritte
bei richtungsweisenden Maßnahmen, wie der Bankenunion, beginnen die Bremsen zu lösen. Hinzu kommt, dass
nach der massiven Haushaltskonsolidierung der vergangenen drei Jahre der noch offene Konsolidierungsaufwand relativ
gering ist. Trotz schwacher Konjunktur haben die meisten Länder der Eurozone große Sanierungserfolge
erreicht. Im Durchschnitt wurde das strukturelle Budgetdefizit zwischen 2010 und 2013 um mehr als drei Prozentpunkte
reduziert. Für das kommende Jahr 2014 liegt der Konsolidierungsaufwand im Durchschnitt der Euroländer
nur noch bei 0,3 Prozent des BIP. „Die dämpfende Wirkung der Budgetpolitik auf die europäische Wirtschaft
läuft 2014 aus“, so Bruckbauer.
Stimmung in Österreich und Europa im Aufwind
Die österreichische Wirtschaft wird in den kommenden zwei Jahren stark vom verbesserten europäischen
Umfeld profitieren, nicht nur vom starken Wachstum in Deutschland, sondern auch von der Erholung in Italien (0,7
Prozent Wachstum 2014) und Osteuropa (2,1 Prozent 2014). Bereits jetzt gewinnt die heimische Wirtschaft an Kraft,
denn die Exportaufträge haben entsprechend den Umfragen unter heimischen Einkaufsmanagern seit dem Sommer
deutlich angezogen. Dies wird sich in einem spürbaren Aufwind der Industrieproduktion niederschlagen. Die
Stimmung in der Industrie, die eine wichtige Komponente des Bank Austria Konjunkturindikators ist, steigt zudem
weiter an. Die Zuversicht der europäischen Unternehmer hat sich im gewichteten Durchschnitt der wichtigsten
österreichischen Handelspartner spürbar erhöht und steckt die heimischen Unternehmer an. Inländischer
und europäischer Index übersteigen mittlerweile sogar die langjährigen Durchschnittswerte. „Seit
August dieses Jahres zeigt der Bank Austria Konjunkturindikator eine deutliche Aufwärtstendenz und ist im
November weiter auf 1,2 Punkte gestiegen“ so der Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Damit erreicht er den
höchsten Wert seit Mitte 2011 und verspricht für das Schlussquartal des laufenden Jahres eine Wachstumsbeschleunigung.
Die Bank Austria geht von einem Anstieg des BIP gegenüber dem Vorquartal um 0,5 Prozent im vierten Quartal
2013 aus.
Exportstärke löst Investitionsstau
Mit der Kraft der Exportnachfrage hat mittlerweile auch die Investitions- und Konsumschwäche nachgelassen.
In den kommenden Monaten wird sich der Investitionsstau kontinuierlich auflösen, da die Unternehmen auf die
verstärkte Nachfrage mit bislang aufgeschobenen Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen reagieren werden. Die
anhaltend günstigen Finanzierungsbedingungen sind dabei eine wichtige Unterstützung. Bei den Ausrüstungsinvestitionen
erwartet die Bank Austria eine Drehung von minus 2,5 Prozent auf fast 8 Prozent im Jahr 2014. Auch beim Privatkonsum
läuft die Wende an. „Nach einem leichten Konsumrückgang im laufenden Jahr 2013 ist für 2014 zumindest
ein geringer Anstieg zu erwarten“ so Pudschedl weiter. Moderate Einkommenszuwächse und die niedrige Inflation
werden hier unterstützen. Daher geht die Bank Austria von einem Anstieg des BIP um 2 Prozent 2014 und 2,1
Prozent 2015 aus. Die Belebung der Exportmärkte ist zwar die Initialzündung für die heimische Wirtschaft,
doch wird die Inlandsnachfrage letztlich die wichtigste Säule des Wirtschaftswachstums in Österreich
werden. Rund ¾ der Dynamik wird auf ihr Konto gehen.
Comeback der Industrie
Mit der Wirtschaftserholung 2014 in zentralen Absatzmärkten wird die Nachfrage nach Industriegütern
stärker zulegen. Die Bank Austria geht daher 2014 von einem realen Produktionsanstieg um bis zu 4 Prozent
aus. Die besten Aussichten bestehen für die Elektroindustrie, den Maschinenbau und die Fahrzeugherstellung
in deren Gefolge auch viele Teile der Metallwarenerzeugung frische Impulse erhalten werden. Jenen Branchen, die
stärker in den unterdurchschnittlich wachsenden Märkten Italien und Frankreich engagiert sind, wie zum
Beispiel die Nahrungsmittelerzeugung, wird es 2014 dagegen noch an Dynamik fehlen. Insgesamt werden damit wieder
alle wichtigen Branchen mit Ausnahme des Tourismus und der Fahrzeugindustrie 2014 zumindest das Niveau von vor
der Krise erreichen. Auch dies wird Investitionen beflügeln.
Moderate Inflation 2014/2015 trotz Aufwärtsdruck durch Abgabenerhöhung
Trotz der Konjunkturauffrischung wird die Inflationsrate in Österreich 2014/2015 unter der
2 Prozent-Marke bleiben. Dafür wird die zurückhaltende Entwicklung der Rohstoffpreise sorgen, insbesondere
ist von einem Rohölpreis von unter 110 USD pro Barrel auszugehen. Allerdings wird im Jahresverlauf 2014 nachfragebedingt
zunehmender Preisdruck nach oben entstehen. Zudem werden auch die im neuen Regierungsabkommen vereinbarten Steuer-
und Abgabenmaßnahmen erhöhend wirken. Wie schon in den vergangenen drei Jahren, wird auch 2014 die Teuerung
in Österreich über jener in Deutschland liegen. Allein 2013 wird der Inflationsunterschied zwischen Österreich
und Deutschland einen halben Prozentpunkt betragen, der sich bezogen auf die unterschiedlichen Warengruppen auf
eine breite Basis verteilt. Entgegen der landläufigen Meinung sind jedoch weder Nahrungsmittelpreise noch
die Entwicklung der Treibstoffpreise dafür verantwortlich. Die Teuerung von Nahrungsmitteln wird in Deutschland
2013 mit rund 4,5 Prozent um rund 0,3 Prozentpunkte höher liegen und die Treibstoffpreise sind in Österreich
voraussichtlich sogar etwas stärker gesunken als in Deutschland.
In der Krise stieg die Erwerbsbevölkerung deutlich stärker als die Beschäftigung was zur Erhöhung
der Arbeitslosenquote führte. Bis 2015 erwarten die Ökonomen der Bank Austria jedoch, dass das Wachstum
der Beschäftigung mit durchschnittlich 1,2 Prozent wieder knapp über dem Wachstum der Erwerbsbevölkerung
von 1,1 Prozent liegen wird. Allerdings führt dies nur zu einer geringen Reduktion der Arbeitslosenquote,
trotzdem wird das Beschäftigungswachstum zu einer stärkeren Inlandsnachfrage und auch wieder stärker
steigenden verfügbaren Einkommen führen, 2,9 Prozent nach nur 1,1 Prozent 2013. Dies wird auch die Sparquote
wieder leicht erhöhen. Ein wesentlicher Grund für das nur halb so hohe Einkommenswachstum seit 2008 verglichen
mit den Jahren davor war der Rückgang der Vermögenseinkommen. Diese trugen vor der Krise 1,6 Prozentpunkte
zum Einkommenswachstum von 4 Prozent jährlich bei, senkten in der Krise jedoch das Einkommenswachstum um 1,1
Prozentpunkte. Schwaches, aber wieder positives Vermögenseinkommenswachstum wird wesentlich zur Stabilisierung
der Sparquote 2014 und danach beitragen.
Die Ökonomen der Bank Austria gehen davon aus, dass die Regierung weiter ihre Ankündigung von 2012, einen
ausgeglichenen strukturellen Haushaltssaldo bis 2016 zu erreichen, erfüllen wird. Obwohl teilweise noch konkrete
Beschlüsse dafür fehlen, geht die Bank Austria von einem öffentlichen Haushaltsdefizit von 1,4 Prozent
2014 und 0,7 Prozent 2015 aus. Die Staatsschuld würde damit auf 71% des BIP 2015 fallen. Berücksichtigt
man die ab 2014 notwendige ESVG-Neuberechnung und weitere 2 Prozentpunkte für die Rettung der (teil-) verstaatlichten
Banken, wird die Staatsschuld 2014 mit knapp 77 Prozent ihren Höchststand erreichen und 2015 auf 75,5 Prozent
des BIP zurückgehen. „Wir gehen davon aus, dass die Regierung den Konsolidierungsbedarf von rund 1,5 Prozentpunkten
bis 2016 ohne starke negative Folgen für das Wirtschaftswachstum erfüllen kann“ so Bruckbauer.
Bei den Zinsen gehen die Ökonomen der Bank Austria davon aus, dass die EZB erst im dritten Quartal 2015 eine
Zinserhöhung vornehmen wird, 2014 jedoch bereits die längerfristigen Zinsen wieder steigen sollten. Der
Euro dürfte nächstes Jahr gegenüber den meisten Währungen nochmals an Wert gewinnen. 2014 erwartet
die Bank Austria mehr Risken von der Wirtschaftspolitik in den USA - Stichwort Tapering, Stichwort Haushaltskonsolidierung
– als vom Euroraum. Die USA könnten dabei erneut Verwerfungen in den Emerging Markets auslösen, vor allem
bei jenen Ländern mit Leistungsbilanzdefiziten. Jedoch sollte dies die Erholung nicht gefährden.
Nachhaltiges Wachstum bleibt Herausforderung
„Auch wenn wir hinsichtlich des Wachstums 2014 und 2015 optimistisch sind, bleibt nachhaltiges Wachstum nach
2015 eine Herausforderung“, so Bruckbauer und meint weiter „wenn sowohl die privaten als auch die öffentlichen
Haushalte in den nächsten Jahren netto sparen, müssen die Unternehmen zumindest annähernd soviel
investieren“. Dies gelingt durch höhere Produktion dank höherer Partizipationsrate der Bevölkerung,
niedrige Realzinsen und verbesserter Produktivität dank Investitionen. Dies werden auch die wichtigsten mittelfristigen
Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik sein, nachdem die Haushaltssanierung gelungen ist.
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