Uni-Graz-Physiker sind dem Geheimnis von Elektronenzuständen auf der Spur
Graz (universität) - Seit dem Nobelpreisträger Erwin Schrödinger träumen PhysikerInnen
und ChemikerInnen davon, quantenmechanische Orbitale von Elektronen in Atomen, Molekülen und Festkörpern
zu messen. In der Quantentheorie bestimmen diese Orbitale die Eigenschaften aller Materie. Den Arbeitsgruppen von
Ass.-Prof. Dr. Peter Puschnig und Ao.Univ.-Prof. Dr. Michael Ramsey am Institut für Physik an der Karl-Franzens-Universität
Graz ist es gelungen, Elektronenorbitale von Molekülen sichtbar zu machen. Dabei wurden sie von KollegInnen
des deutschen „Forschungszentrums Jülich“ unterstützt.
Die Ergebnisse dieser exzellenten Grundlagenforschung aus dem universitären Forschungsschwerpunkt „Modelle
und Simulation“ wurden nun in der aktuellen Ausgabe des renommierten Fach-Journals „Proceedings of the National
Academy of Sciences (PNAS)“ publiziert.
In der Physik werden Elektronen nicht nur als Teilchen, sondern auch als Wellen beschrieben. In der Quantentheorie
wird die Wellennatur mathematisch durch die räumliche Wellenfunktion, das Orbital, erfasst. „Orbitale beinhalten
Informationen über die räumliche Verteilung der Elektronen bei einer bestimmten Energie. Sind sie bekannt,
lassen sich alle relevanten Eigenschaften des Systems ableiten“, erklärt Puschnig. „Die Wellenfunktion selbst
ist jedoch keine direkt beobachtbare Größe, die sich im Experiment bestimmen lässt.“ Deshalb waren
die ForscherInnen überrascht, als sie kürzlich mithilfe eines experimentellen Aufbaus und eines mathematischen
Tricks die vollständige Wellenfunktion inklusive deren Phasenbeziehung für eine Reihe von organischen
Molekülen bestimmen konnten.
Vermessung von Orbitalen
Für ihre Untersuchungen verwendeten sie einen einfachen und unkonventionellen Zugang: In ihrem Versuchsaufbau
bedienten sie sich des Photoeffekts und schossen mithilfe von ultraviolettem Licht die Elektronen förmlich
aus den Molekülen heraus. Die anschließende Vermessung der Energie- und Winkelverteilung der Elektronen
gab Aufschluss über deren Bindungsenergie und räumliche Verteilung im Molekül. Bei dieser Messmethode
geht allerdings eine wichtige Information, die Phasenbeziehung, verloren.
Bei der Rekonstruktion dieser fehlenden Information kommt den PhysikerInnen etwas zugute, das mit den mathematischen
Eigenschaften der „Fourier-Transformation“ zu tun hat: „Wenn man die räumliche Ausdehnung der Wellenfunktion
kennt, die durch die Größe des Moleküls vorgegeben ist, so kann die fehlende Phase durch ein mathematisches
Verfahren schrittweise rekonstruiert werden“, klärt der Doktorand Daniel Lüftner auf. Dass dieses Verfahren
funktioniert, konnte am Beispiel von fünf Molekülorbitalen gezeigt werden. Diese rekonstruierten Orbitale
werfen nicht nur ein neues Licht auf das theoretische Konzept von Orbitalen, sondern liefern wichtige Einblicke
in das Verhalten von Elektronen an Grenzflächen zwischen Metallen und organischen Halbleitern. Die Arbeit
ist Teil des vom FWF - Der Wissenschaftsfonds geförderten Projekts „Understanding photoemission of organic
molecular films“.
Publikation: "Imaging the wave functions
of adsorbed molecules".
Daniel Lüftner, Thomas Ules, Eva Maria Reinisch, Georg Koller, Serguei Soubatch, F. Stefan Tautz, Michael
G. Ramsey, Peter Puschnig – Proceedings of the National Academy of Sciences, PNAS, 2013, published online http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1315716110
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