Blindenführhunde auf Druckbelastungen beim Führen untersucht
Wien (vetmeduni) - Eine Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien zeigt erstmals, welchen
Kräften Blindenführhunde ausgesetzt sind, die über den Griff des so genannten Führgeschirrs
Kontakt zu ihrem blinden Menschen halten. Über das Führgeschirr ist der Hund enormen Zugkräften
ausgesetzt. Physiotherapeuten und Bewegungsanalytiker der Vetmeduni Vienna untersuchten verschiedene Führgeschirre
und zeigen auf, welches am verträglichsten für Hund und Halter ist. Die Studie wurde vor kurzem im Veterinary
Journal veröffentlicht.
Blindenführhunde leihen blinden Menschen ihre Augen. So können sich Blinde auch in Umgebungen zurechtfinden,
die sie nicht kennen. Das so genannte Führgeschirr ermöglicht die Kommunikation und verbindet Mensch
und Hund miteinander. Sitzt das Führgeschirr nicht richtig, leiden sowohl die Gesundheit des Hundes als auch
die Kommunikation. Bei vier Jahren Ausbildung des Hundes und Kosten bis zu 32.000 Euro für einen Blindenführhund
lohnt es sich, bei der Wahl des Führgeschirrs genauer hinzusehen.
Der Hundebrustkorb ist am stärksten belastet
Die Forscher interessierten sich deshalb für die Druckverteilung am Tier und fanden heraus, dass die rechte
Unterseite des Hundebrustkorbs besonders belastet ist. „Blindenführhunde gehen ständig unter Zug und
meist rechts vor dem blinden Menschen“, erklärt Tierphysiotherapeutin Barbara Bockstahler. Drucksensoren unter
dem Führgeschirr lieferten Informationen zu den Belastungsschwerpunkten der Vierbeiner. Die Analysen zeigten,
dass ein Blindenführhund bei der Arbeit einer Zugkraft von zehn Prozent seines eigenen Körpergewichts
ausgesetzt ist. Am Rücken zeigten sich die geringsten Belastungen. „Viel Bewegung ohne Führgeschirr ist
für die Hunde wichtig. So können einseitige Belastungen ausgeglichen werden“, meint Bockstahler.
Flexible Führgeschirre belasten am wenigsten
Zu starre Geschirre belasten die Hunde, verbessern jedoch die Kommunikation zwischen Halter und Hund. Hier gilt
es, einen guten Mittelweg zu finden. Je steifer der Führbügel am Brustgeschirr verankert ist, desto höher
ist die Druckwirkung auf den Brustkorb des Hundes. Am besten schnitt das Führgeschirr mit Klettverschlussverbindung
ab. Bei dieser Variante ist die Druckbelastung beim Hund am geringsten. Für Langhaarhunde bietet such ein
Geschirr mit Plastikklippverschluss an. Steife Metallverbindungen sind für die Tiere am belastendsten. Für
Erstautor Christian Peham ist die Wahl des Führgeschirrs, aber auch die Wahl des passenden Hundes, essenziell.
Er plädiert: „Blindenführhund und Halter sollten gut zusammenpassen. Nicht nur charakterlich, sondern
auch in ihrer Körpergröße und Ergonomie. Flexible und verstellbare Führgeschirre, beispielsweise
mit größenverstellbaren Teleskopbügeln, wären ideal.“
Bewegungsablauf grafisch dargestellt
Das Forscherteam untersuchte acht Blindenführhunde. Die Tiere wurden mit einem Trainer beim Stufensteigen,
beim Ausweichen vor Hindernissen, Links- und Rechtskurven und beim Geradeausgehen gefilmt. Um die Bewegungsabläufe
an drei unterschiedlichen Führgeschirren auch grafisch darzustellen, trugen Tiere, Trainer und Geschirr reflektierende
Marker. Zehn im Raum platzierte Kameras filmten die Bewegung der Marker und sammelten so die Bewegungsdaten. So
stellten die Forscher fest, dass ein Geschirr die Wirbelsäulenbewegung wie auch die Bewegung der Vorderextremitäten
einschränkte.
„Um noch genauere Aussagen treffen zu können, möchten wir Studien durchführen, in denen wir Blindenführhunde
über einen längeren Zeitraum begleiten. Momentan sind wir noch auf der Suche nach Projektpartnern und
Sponsoren“, erklärt Autor Peham.
Die Studie „Evaluation of the pressure distribution under three different types of harnesses for guide dogs“, von
Christian Peham, Simone Limbeck, Kristin Galla und Barbara Bockstahler wurde vor kurzem im Veterinary Journal veröffentlicht.
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist die einzige veterinärmedizinische,
akademische Bildungs- und Forschungsstätte Österreichs und zugleich die älteste im deutschsprachigen
Raum (gegründet 1765). Die Vetmeduni Vienna forscht an Themen, die für die Gesellschaft bedeutend sind.
Ihr Augenmerk gilt der Tiergesundheit ebenso wie der präventiven Veterinärmedizin, dem öffentlichen
Gesundheitswesen genauso wie der Lebensmittelsicherheit. Im Forschungsinteresse stehen die Schaffung wissenschaftlicher
Grundlagen für das Wohlbefinden von Tieren, Themen der Tierhaltung, des Tierschutzes und der Tierethik.
Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und bildet zurzeit 2300 Studierende
aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und modernste Forschungsinfrastruktur.
Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich
gehören ebenfalls dazu.
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