Kärnten braucht neue Wegmarken - Zukunftsrat soll installiert werden -Diskussion mit zehn
Experten
Klagenfurt (lpd) - An der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt referierte am 16.01. Landeshauptmann Peter
Kaiser über die Konzeption einer zeitgemäßen Regionalpolitik. Er beleuchtete zudem die Spannungsfelder
Kärntens mit dem Bund, skizzierte die neu angedachten Beziehungen mit den Nachbarländern und Europa und
nahm zur globalen Entwicklung Stellung.
„Das Konzept einer zeitgemäßen Regionalpolitik, seit den Wahlen am 3. März 2013, ist der Rahmen
für die neue politische Entwicklung Kärntens. Mir war klar, das was Kärnten jetzt braucht, kann
nur mit einer breiten Gemeinschaft, der ersten Dreierkoalition, mit Eckpfeilern und Wegmarken entwickelt werden
und ist auch im Regierungsprogramm festgeschrieben“, stellte Kaiser zu Beginn fest.
Der Landeshauptmann gab einen Querschnitt über das elf Punkte umfassende Regierungsprogramm und verwies auch
auf erste Maßnahmen, die bereits eingeleitet wurden und im Vollzug seien. Bis 2014/15 wolle man den Proporz
abschaffen, gleichzeitig solle es zu einer großen Reform der Kärntner Landesverfassung kommen. Angedacht
sei auch eine Stärkung der Legislative. Umgesetzt werde auch eine Aufgaben- und Strukturreform in der Verwaltung
und die Einführung des Open-Data Goverment. Die neue Dreierkoalition setze zudem auf eine transparente Regierungspolitik.
Keinen Hehl machte Kaiser daraus, dass der bereits durchgeführte Kassasturz den Spielraum beim Budget einenge.
Bis 2018 sei eine wirkungsorientierte, nachhaltige Haushaltführung parallel mit dem Bund und den Gemeinden
ebenso umzusetzen, wie die Etablierung von Globalbudgets für die Regierungsmitglieder und die doppelte Buchführung
(Doppik). Kaiser bekannte sich auch zur Einhaltung des Stabilitätspaktes mit dem Bund, verhehlte aber nicht,
dass manche Sparmaßnahmen des Bundes bei Investitionen nicht immer nachvollziehbar wären.
Im Bildungsbereich verwies der Landeshauptmann darauf, dass man in Kärnten einen Lebensraum Bildung schaffen
werde, der auch ein neues Kindergarten- und Schulstandortskonzept beinhalten werde. Eine konkretes Ziel für
ihn ist, das jede Kärntner Schülerin und jeder Schüler einen Pflichtschulabschluss haben muss und
jeder Jugendliche einen Lehrabschluss oder Abschluss einer mittleren Schule anstreben sollte.
Im Gesundheitsbereich müsse die qualitaitv, hohe medizinische Leistung erhalten bleiben, gleichzeitig jedoch
eine positive Kostendämmung mit dem Bund erreicht werden. Eine wichtige Rolle werde künftig den Hausärzten
zukommen. „Sie sollen auch zu Gesundheitslotsen im Gesundheitswesen werden“, so Kaiser. Im Sozialbereich lautet
das Motto nun: Rechtsanspruch statt Almosen. Angedacht sei auch eine Pflegeversorgung durch eine neue Wohnbaustrategie.
Im Bereich der Wohnbeihilfe solle es Verbesserungen geben, damit es keinen täglichen Kampf ums Überleben
gebe.
Im Umwelt- und Energiebereich setze die Koalition auf eine nachhaltige Politik, den Trinkwasserschutz, die Pflege
und den Ausbau von Natur- und Biosphärenparks und auf eine intensive Bürgerbeteiligung. Ein klares Bekenntnis
gibt es auch zur Absicherung regenerativer Energiequellen. Mit Hilfe des Energiemasterplans solle die Energieeffizienz
erhöht werden. Ausgebaut solle auch der öffentliche Verkehr werden.
Im Wirtschaftsbereich seien Innovationsprozesse, Forschung und Entwicklung zu stützen und intelligente Arbeitskräfte
zu forcieren. Kaiser verhehlte nicht, dass es zu wenige Akademikerarbeitsplätze in Kärnten gebe. Aufgabe
des Landes sei es, neue Rahmenbedingungen mit dem Bund und Europa für adäquate Arbeitsplätze zu
schaffen. Mit einer neuen Markenpolitik und Strategie wolle man auch neue wirtschaftliche Werte transportieren.
Die Erhöhung der Arbeitnehmerförderung sei für ihn ein erster wichtiger Schritt.
Im Land und Forstwirtschaftsbereich werde man die regionale Vermarktung und biologische Landwirtschaftszweige forcieren.
Im Kulturbereich gebe es für die Volkskultur nun neue Richtlinien, zudem sei eine neue Museumstrategie nötig.
Im Volksgruppen- und Dialogforum sei für ihn die Einbindung von Experten wichtig. Ebenso tausche man sich
bei jeder achten Regierungssitzung mit den Sozialpartnern und dem AMS aus und erarbeite neue Agenden. Im vielen
Bereichen gebe es zudem aktive Beiräte, wie den neuen Menschenrechtsbeirat.
In Bezug auf die demografische Entwicklung verwies Kaiser auf den negativen Bevölkerungssaldo. „Wir müssen
ein Bündel an Maßnahmen gegen die Alterung schnüren, denn bis zum Jahr 2020 fehlen uns 16.000 aktive
Arbeitskräfte“, betonte er. Wirksame Maßnahmen werden man auch gegen die Erwerbslosigkeit und die Armutsgefährdung
setzen. Letztere liege derzeit bei 16 Prozent.
Zum Spannungsfeld mit dem Bund in Bezug auf den Finanzausgleich meinte der Landeshauptmann, dass es ein Vorteil
sei, dass er bis 2016 verlängert wurde. „Die künftige Neukonzeption von Finanzausgleichen muss jedoch
die demografische Entwicklung in den Gemeinden berücksichtigen und ins Kalkül ziehen sowie neue Aufgabenstellungen
berücksichtigen“, so Kaiser.
Im Bereich der regionalen Zusammenarbeit wolle man mit den Kontaktkomitees von Slowenien und der Steiermark gemeinsame
Interessen verfolgen. Im Universitätsbereich werde in Kürze mit der Medizin Universität Graz, der
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und der KABEG ein Letter of Intent unterzeichnet werden. Damit sollen Kärntner
Medizinstudenten ab den zweiten Abschnitt ihre Praktika auch im Klinikum Klagenfurt und möglicherweise auch
im LKH Villach machen können. Damit solle ihre Bindung an Kärnten erfolgen. Auch ein Bündel von
Freifächern solle auf der Klagenfurt Universität angesiedelt werden. „Uni und Region haben für mich
ein befruchtendes, dialektisches Verhältnis“, bekannte der Landeshauptmann.
Kaiser gab auch bekannt, dass es in der Asyl- und Integrationspolitik neue Leitlinien gebe. „Die Saualmkritik ist
vorbei und die Quote wird zu über 93 Prozent erfüllt.“ Angedacht seien auch neue Standards für Flüchtlingsunterkünfte.
Die 60.000 Migranten der zweiten und dritten Generation in Kärnten seien zudem in die Gesellschaft zu integrieren,
bekräftige der Landeshauptmann.
In Bezug auf die Auslandskontakte meinte Kaiser, dass sie in engster Abstimmung mit der österreichischen Außenpolitik
zu pflegen seien. „Die Internationalität Kärntens wurde um eine Stufe attraktiver, wie der derzeitige
Botschafterboom zeigt“, so Kaiser. Forcieren werde man auch die Kooperationen zu Nachbarstädten wie Laibach,
Triest, Koper, und Venedig.
Klare Worte gab es auch zur Globalisierung. „Bei den Wachstumsraten halten wir global nicht mit, wir stagnieren.
Quantitativ gab es zwar eine Steigerung, wir brauchen jedoch künftig ein qualitatives Wachstum“, so Kaiser.
Im Rahmen der Diskussion mit Sandra Venus, Sabrina Schütz-Oberländer (beide KWF), Antonia Gössinger
(Kleine Zeitung), Sabine Herlitschka (Infineon Villach) Robert Rebhahn (Vorsitzender Uni-Rat Klagenfurt), Heinz
Pichler (Arbeiterkammer Kärnten) Peter Fercher (Landesregierung), Martin Seger (Em. o.Univ.-Prof. für
Geographie), Dietrich Kropfberger (i.R. o.Univ.-Prof. für Betriebswirtschaft) Martin Maitz (Institut für
Zukunftskompetenzen) und Univ. Prof. Paul Kellermann thematisierte der Landeshauptmann unter anderem den Zukunftsfonds
ebenso wie den angedachten Venture Capital Fonds. Er gab auch bekannt, dass der Klagenfurter Flughafen für
Kärnten ebenso wie Leitbetriebe, wie Infineon oder Mahle, die über ein globales Netzwerk verfügen,
unverzichtbar seien. In Bezug auf die EU wäre es von Vorteil, wenn in jeder Kärntner Gemeinde ein Gemeinderat
sich mit EU-Fragen auseinandersetzen würde. Der Landeshauptmann kündigte zudem an, dass er beabsichtige
einen Zukunftsrat zu installieren.
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