Wien (universität) - Die Ägyptologie an der Universität Wien blickt auf eine traditionsreiche
Geschichte zurück: 1873 wurde die erste Professur für Ägyptologie begründet und 1923 das Institut
etabliert. Aus diesem Anlass wird gefeiert, und zwar am 31. Jänner ab 16 Uhr in den Institutsräumen.
"Österreichische WissenschafterInnen haben einen wesentlichen Beitrag zur internationalen Forschung auf
dem Gebiet der ägyptischen Archäologie geleistet, wie z.B. die Ausgrabungen meines Vorgängers Manfred
Bietak in Tell el-Daba, eine der ganz wichtigen Hauptstädte des Alten Ägypten. Er hat dadurch die große
Bedeutung Ägyptens im mediterranen Raum überhaupt erst richtig nachweisen können", erklärt
die Institutsvorständin E. Christiana Köhler und blickt schon mit Vorfreude auf die Feierlichkeiten an
ihrem Institut: "Die Ägyptologie ist ein Fach, das in Österreich auf eine lange und gesunde akademische
Tradition zurückblicken darf. Wir feiern, um unsere Freude und den Stolz auf das Geleistete mit KollegInnen
und Freunden der Ägyptologie zu teilen."
Kurzer historischer Abriss der Institutsgeschichte
Als Geburtsstunde der modernen Ägyptologie gilt das Jahr 1822, wo der französische Sprachwissenschafter
Jean-François Champollion die ägyptischen Hieroglyphen mit Hilfe des berühmten Steins von Rosette
entzifferte. Frankreich, England und Deutschland zählten damals zu den führenden Ländern in der
Ägyptenforschung. Österreich zog in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach und etablierte
vor 140 Jahren, 1873, eine eigene Professur für Ägyptologie, die Leo Simon Reinisch (1832-1919) als erster
übernahm. Die Ägyptologie war zunächst noch kein eigenständiges Fach und als Teil der Orientalistik
und Indogermanistik im 1884 eröffneten Hauptgebäude der Universität Wien untergebracht.
Grabungen in Ägypten und Umzug
Der Nachfolger von Leo Reinisch, Herman Junker (1877-1962), verbrachte viel Zeit in Ägypten, wo er im Namen
der k. u. k. Akademie der Wissenschaften u.a. in Tura (1910), Ermenne (1911/12) und schließlich bei den Pyramiden
in Giza (1912-1914, 1925-1929) Grabungen leitete. 1921/22 war Junker Dekan der Philosophischen Fakultät der
Universität Wien und begründete 1923 das Institut für Ägyptologie und Afrikanistik in Wien,
dessen erster Vorstand er war.
Junkers Schüler und Nachfolger Wilhelm Czermak (1889-1953) baute die Afrikanistik in Wien weiter aus. Czermak
wurde 1931 ordentlicher Professor für Ägyptologie und Afrikanistik und gleichzeitig Vorstand des Instituts.
Zu Kriegsbeginn zog die Ägyptologie in ihren heutigen Standort in die Frankgasse 1 – dessen Räumlichkeiten
übrigens von Adolf Loos eingerichtet wurden. Heute, 75 Jahre später, wird das Institut für Ägyptologie
im Februar 2014 in das Archäologie-Zentrum in der Franz-Klein-Gasse im 19. Bezirk übersiedeln.
Archäologische Ausbildung
Czermak unterrichtete bis 1953, war in den ersten Nachkriegsjahren Dekan und schließlich 1953 Rektor der
Universität Wien. Nach Czermaks Tod übernahm die Nachfolge Gertrud Thausing (1905-1997), die die Schwerpunkte
u.a. auf Religionsgeschichte und Sprachen der verschiedenen Phasen der ägyptischen Kultur legte. Als Thausing
1977 in den Ruhestand trat, wurde Dieter Arnold, vom Deutschen Archäologischen Institut in Kairo kommend,
Leiter des Instituts. 1989 übernahm Manfred Bietak und intensivierte in Lehre und Forschung maßgeblich
die archäologische Ausbildung insbesondere im Zusammenwirken mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
und dem Österreichischen Archäologischen Institut in Wien.
Nach der Emeritierung Bietaks 2009 erfolgte die Nachbesetzung durch E. Christiana Köhler, die die Tradition
des archäologischen Schwerpunkts mit ihrer Grabungstätigkeit in Helwan (seit 1997) am Institut fortführt
und begeisterte Ägyptologin ist: "Ich war schon als Kind ein Ägyptenfan und wollte seither Archäologin
in Ägypten werden. Die Faszination für diese alte Zivilisation und ihre wunderbaren Bauwerke hat mich
bis heute nicht verlassen, was meine Studierenden in Vorlesungen manchmal zu spüren kriegen, wenn mal wieder
die Begeisterung mit mir durchgeht."
Blicke in die Zukunft
"Das Institut ist heute personell so aufgestellt, dass es den neuesten fachlichen Anforderungen entspricht,
in dem ein breites Spektrum von philologischen, kunsthistorischen und archäologischen Methoden vermittelt
wird. Dafür beneiden uns einige KollegInnen in der internationalen Scientific Community", sagt die Vorständin,
die positiv in die Zukunft blickt: "Wir wünschen uns, dass unser Fach auch in Zukunft mit dieser Stärke
und mit einem solch positiven Befund noch weitere 140 Jahre Bestand haben wird."
Theresa Dirtl (uni:view)
|