Stimmen zur Schweizer Volksabstimmung vom 09.02.

 

erstellt am
10. 02. 14
11.30 MEZ

 Leichtfried: Entscheidung bringt Nachteile für Schweiz und Österreich
Wien (sk) - Die Schweizer Bevölkerung hat sich mehrheitlich (50,3 Prozent Zustimmung) für die Begrenzung der EU-Personenfreizügigkeit ausgesprochen. SPÖ-EU-Delegationsleiter Jörg Leichtfried sagt dazu: "Das ist eine Entscheidung, die zu respektieren ist. Leider wird sie Nachteile für die Schweiz mit sich bringen, da die Personenfreizügigkeit mit weiteren Abkommen wie Verkehr, Landwirtschaft, Forschung und öffentliche Ausschreibungen verknüpft ist. Diese stehen nun ebenfalls vor der Auflösung. Bedauernswert ist die Entscheidung für jene Österreicherinnen und Österreicher, vor allem in Vorarlberg und Tirol, die künftig in der Schweiz diskriminiert werden. Dass sich darüber FPÖ-Chef Strache freut, ist für mich nicht nachvollziehbar."

Leichtfried, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Europäischen Parlaments, sieht vor allem für die Schweiz wirtschaftliche Einbußen als Folge dieser Entscheidung. "Schon jetzt hat die Schweiz aufgrund des Schweizer Franken massive Exportprobleme, erst 2013 wurden aufgrund der hohen Goldreserven Verluste von umgerechnet 9,75 Mrd. Euro eingefahren, die sich in einem Sparkurs in der Schweiz niederschlagen. Wenn jetzt noch die Wirtschaft weiter mit neuen Auflagen behindert wird, wird das zu einer weiteren Belastungsprobe für die an sich robuste Schweizer Exportwirtschaft werden." Der SPÖ-Europaabgeordnete macht auch klar: "Niemand ist verpflichtet, sich der Europäischen Union als größte Wirtschaftsmacht der Welt vor USA und China hinzuwenden. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir im internationalen Wettbewerb nur gemeinsam stärker werden und gegeneinander schwächer."


 

Karas: EU-Grundrechte sind kein "Running Sushi"
Vizepräsident des EU-Parlaments bedauert Schweizer Abstimmungsergebnis
Brüssel (övp-pd) - Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, bedauert das Ergebnis der Schweizer Volksabstimmung für eine Begrenzung der Zuwanderung. "Die Schweizer stellen eines der Grundprinzipien der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU in Frage. Die Grundrechte der EU sind kein 'Running Sushi', bei dem man sich einfach herausnimmt, was einem grade schmeckt", so Karas. "Wer von der EU massiv profitiert, soll auch solidarisch sein", so der österreichische EU-Politiker.

Gleichzeitig mache das Abstimmungsergebnis auch Versäumnisse der Politik sichtbar, erklärt Karas: "Wenn nationale Politiker immer so tun, als ob die Erfolge der EU von ihnen gemacht sind, und nicht erklären, wie sehr unser Wohlstand ein Ergebnis der Zusammenarbeit in Europa ist, dann kommen dabei solche Abstimmungsergebnisse heraus", so der Parlamentsvizepräsident.

Er werde sich allen Entwicklungen der EU entgegenstellen, die "darauf hinauslaufen, dass jeder nur noch nehmen und keiner mehr geben will", betont Karas. "Die EU ist eine Solidargemeinschaft und ich setze mich dafür ein, dass das so bleibt. Damit Solidarität funktioniert, brauchen wir Transparenz. Dazu gehört auch, dass der konkrete Nutzen der EU für die Bürger klar dargestellt wird", so der Europapolitiker.

Mit Blick auf Österreich verweist Karas auf die Zahlen: "Es gibt kein Problem mit Sozialtourismus in Österreich. Nicht-Österreicher zahlen mehr in die österreichischen Sozialsysteme ein, als sie insgesamt daraus erhalten. Das heißt die Wortmeldungen der rechten Populisten sind eine Irreführung der Bürgerinnen und Bürger", betont der Europaparlamentarier.

De facto beträgt der Saldo aus geleisteten Abgaben (Sozialversicherungsbeiträge und Steuern) und bezogenen Sozialleistungen (Familien- oder Kinderbeihilfe, Arbeitslosengeld, Pensionen, etc.) pro Zuwanderer in Österreich 2.353 Euro, in der Schweiz 14.549 Euro. "Das heißt, der freie Personenverkehr ist nicht nur ein Grundrecht, sondern kurbelt auch die Wirtschaft an und spült Geld in die Staatskassen", so Karas.


 

Strache fordert Volksabstimmung über Zuwanderungsbegrenzung auch in Österreich
EU reagiert völlig falsch auf Schweizer Votum
Wien (fpd) - "Es ist höchste Zeit, dass die Politik anfängt, auf das Volk zu hören und nicht ständig versucht, die eigene Bevölkerung zu bevormunden", forderte der freiheitliche Bundesparteiobmann HC Strache eine Volksabstimmung über Zuwanderungsbegrenzung nach Schweizer Vorbild auch in Österreich. "Das österreichische Volk ist nie gefragt worden, ob es die von Rot und Grün forcierte Massenzuwanderung haben will", so Strache.

Bezeichnend sei auch, dass die Brüsseler Eurokraten nun in großes Wehklagen ausbrechen würden, weil das Volk eine Meinung kundgetan habe, die nicht dem linken Mainstream entspreche, so Strache, der vor Sanktionen oder sonstigen Maßnahmen gegen die Schweiz warnte. "Demokratische Entscheidungen sind zu akzeptieren, auch wenn sie einem nicht passen. Das nennt man Demokratie", so Strache in Richtung Brüssel.

Strache zeigte sich überzeugt davon, dass auch in jedem anderen westlichen EU-Land eine Volksabstimmung über Zuwanderungsbegrenzungen ähnliche Ergebnisse bringen würde wie in der Schweiz. "Die Menschen wollen keine Multikultigesellschaft, bei der sie zu Fremden im eigenen Land werden. Das hat weder mit Nationalismus oder Rassismus etwas zu tun, sondern ist mit dem Selbstbestimmungsrecht der einzelnen Völker zu begründen", so Strache.


 

 Glawischnig: "Grenzbalken-zu" keine Lösung für wirtschaftliche und soziale Probleme
Grüne: Die Blochers, Straches und Le Pens richten enormen wirtschaftlichen Schaden an
Wien (grüne) - "Die Einschränkung der Arbeitsfreizügigkeit durch eine Politik des 'Grenzbalken-zu' ist keine Lösung für wirtschaftliche und soziale Probleme. Die Blochers, Straches und Le Pens richten einen enormen wirtschaftlichen Schaden an. Die Schweiz jedenfalls hat sich mit dieser Entscheidung ein Stück von der EU entfernt", stellt Eva Glawischnig, Bundessprecherin und Klubobfrau der Grünen. "Die österreichische Bundesregierung ist aufgefordert, die Freizügigkeit der ArbeitnehmerInnen - ein Grundpfeiler der EU - gegenüber rechtspopulistischen Angriffen zu verteidigen", so Glawischnig.

Denn: Rund 22.000 ÖsterreicherInnen leben und arbeiten in der Schweiz, rund 8.000 ÖsterreicherInnen - hauptsächlich VorarlbergerInnen - pendeln täglich zur Arbeit in die Schweiz. Insgesamt sind etwa 700.000 EU-BürgerInnen betroffen. "Es ist bedauerlich, dass FP-Obmann Strache neben Marine Le Pen, das Ergebnis dieser Schweizer Grenzen zu-Politik bejubelt hat", so Glawischnig.

Die Grünen warnen eindringlich davor, dass innerhalb der EU die Personenfreizügigkeit durch das Schließen von Grenzbalken abgeschafft werden könnte. Dabei geht es vor allem auch um die Möglichkeit für junge Menschen, europaweit zu reisen und in anderen Ländern zu studieren.


 

Nachbaur: Ergebnis der Volksbefragung ist zur Kenntnis zu nehmen!
Wien (str) - "Die Reaktionen auf die Mehrheits-Entscheidung für EU-Ausländerquoten zeigen, dass Politiker auf der EU-Ebene den Bezug zur Demokratie verloren haben. Die Schweizer Bürger haben abgestimmt - das ist zu akzeptieren", erklärt Team Stronach Klubobfrau Kathrin Nachbaur. Die Schweizer hätten klar und deutlich bewiesen, dass sie sich dem Diktat der EU nicht beugen "und das ist zur Kenntnis zu nehmen!", so Nachbaur.

Allerdings sei am Ergebnis der Volksbefragung zu erkennen, "dass sich Länder zusehends abschotten wollen, je wirtschaftlich schwieriger die Zeiten werden. Die Angst vor übermäßigem Zuzug nimmt auch in Österreich zu", warnt Nachbaur.


 

Mlinar: Schweizer Votum als Zeichen der Unsicherheit in wirtschaftlichen Krisenzeiten
Europa darf sich vom Rechtspopulismus nicht auseinander dividieren lassen
Wien (neos) - Das "Ja" der Schweizerinnen und Schweizer zu Kontingenten für Ausländer beweist, wie tief die Wunden sind, welche die Krisenjahre im Europabewusstsein vieler europäischer Bürgerinnen und Bürger hinterlassen haben. "Die EU muss wieder zu unserem Europa werden, damit die Menschen fremdenfeindliche Ängste ablegen können. Wenn sich Europa beginnt, in nationale Nussschalen zurück zu ziehen, verlieren wir alle. Damit wir in Europa den Krisenmodus aus den Köpfen bekommen können, müssen wir den Schritt von der Schicksalsgemeinschaft zur Chancengemeinschaft schaffen", so NEOS Europasprecherin Angelika Mlinar. Das Schweizer Ergebnis beweise, wie wichtig ein europäischer Konvent sei, den NEOS für die Zeit nach der EU-Wahl fordern. Man müsse positive Visionen für Europa den passiven Ängsten entgegen setzen, so Mlinar.

Rein rational sei unbestritten, dass das Schweizer Ja zur "Begrenzung der Masseneinwanderung" vor allem dem Wirtschaftsstandort Schweiz schade. Da allein in der Bodenseeregion täglich rund 50.000 Österreicher, Deutsche und Schweizer zu ihren Arbeitsplätzen pendeln, äußerte Mlinar aber auch ihre Sorge um die rund 1.1 Millionen "Auslands-Europäer" in der Schweiz. Die Abstimmung sei aber für die rund 435.000 Auslandsschweizer in der EU ebenso schmerzvoll und vermutlich folgenschwer. "Wir respektieren das Votum in der Schweiz und hoffen, dass sich die Schweizer Bürgerinnen und Bürger in den nächsten Jahren wieder stärker auf die EU zu bewegen. Für die Zukunft der EU wünschen wir uns von den europäischen Regierungen den Mut, die Bürgerinnen und Bürger früher und aktiver zu beteiligen, damit es diesen als Wähler leichter fällt, zukunftsträchtige Entscheidungen zu treffen", so Mlinar abschließend.


 

EU-Kommission prüft Konsequenzen
Brüssel (ec) - Die Europäische Kommission bedauert, dass eine Initiative zur Einführung mengenmäßiger Beschränkungen der Einwanderung durch diese Volksabstimmung angenommen wurde. Dies verletzt das Prinzip des freien Personenverkehrs zwischen der Europäischen Union und der Schweiz.

In einer ersten Reaktion erklärte die Kommission am Sonntagabend: "Die EU wird nun die Folgen dieser Initiative für die Gesamtbeziehungen zwischen der Union und der Schweiz analysieren. In diesem Zusammenhang wird auch die Position des Bundesrates zum Abstimmungsergebnis berücksichtigt werden."
Die enge Zusammenarbeit mit der Schweiz begann 1972 mit dem Abschluss des Freihandelsabkommens. Zwischen 1989 und 1992 beteiligte sich die Schweiz mit ihren EFTA-Partnern an den Verhandlungen zur Schaffung eines Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR). Allerdings lehnte das Schweizer Volk den Beitritt zum EWR im Dezember 1992 ab.

Im Anschluss an den gescheiterten EWR-Beitritt setzte sich der Bundesrat für den Abschluss von sektorspezifischen Abkommen mit der EU ein, um die Nachteile des EWR-Neins zu minimieren. Die EU willigte schließlich ein, Anliegen von gegenseitigem Interesse in sektoriellen Verträgen zu regeln – ein Vorgehen, das in der Schweiz als "Bilateraler Weg" bezeichnet wird. Mittlerweile gibt es rund 120 Abkommen.

Ein erstes Paket von sektoriellen Abkommen trat 2002 in Kraft. Es ermöglichte der Schweiz die Teilnahme an wichtigen Bereichen des europäischen Binnenmarktes. Letzterer ist weltweit einzigartig und das Herzstück der EU. In ihm gelten die sogenannten vier Freiheiten: freier Personenverkehr, freier Warenverkehr, freier Dienstleistungsverkehr und freier Kapitalverkehr. Diese Verträge sind rechtlich miteinander verbunden. Das heißt, dass die einseitige Kündigung eines Abkommens die automatische Außerkraftsetzung der Gesamtheit aller dieser bilateralen Verträge nach sich ziehen würde.

Mit dem zweiten Vertragspaket, welches 2004 unterzeichnet wurde, erhielt die Schweiz die Möglichkeit an weiteren EU-Politiken teilzunehmen, welche deutlich über den wirtschaftlichen Bereich hinausgehen: Justiz, Polizei, Asyl sowie Steuern, Umwelt, Kultur und Bildung. Als Beispiel sei das Schengen/Dublin-Assoziierungsabkommen genannt, welches den Reiseverkehr zwischen der Schweiz und der EU durch den Abbau der Personenkontrollen an den Grenzen erleichtert und gleichzeitig die Sicherheitskooperation intensiviert hat.

Zur Zeit sind in mehreren Bereichen neue Abkommen zwischen der EU und der Schweiz im Gespräch. Zu nennen sind an dieser Stelle eine mögliche Teilnahme der Schweiz am europäischen Binnenmarkt für Elektrizität oder die Revision des Zinsbesteuerungsabkommens.

1,2 Millionen EU-Bürger leben in der Schweiz, weitere 270.000 europäische Grenzgänger fahren täglich in die Schweiz zur Arbeit. Umgekehrt haben sich 430.000 Schweizer in der EU niedergelassen.


 

Schulz: Freizügigkeit von EU-Bürgern ist essenziell
Brüssel (europarl) - Nach dem positiven Referendum in der Schweiz für eine Einwanderungsquote für EU-Bürger hat der Präsident des Europaparlaments Martin Schulz zu Gelassenheit und rationalen Reaktionen aufgerufen. "Wenn die Schweiz Gesetze verändert und die Freizügigkeit von EU-Bürgern eingrenzt, müssen wir reagieren, diskutieren und vielleicht Abkommen neu verhandeln", sagte Schulz.

Schulz betonte, dass die Freizügigkeit essenziell sei. "Es ist schwierig, die Freizügigkeit von EU-Bürgerin einzuschränken, aber nicht die Freizügigkeit von Dienstleistungen. Wir haben viele Verhandlungen vor uns", warnte er.

Im Moment genieße die Schweiz die Vorteile des EU-Binnenmarktes, fügte Schulz hinzu. Außerdem sei die EU der größte Handelspartner der Schweiz.

Eine Million EU-Bürger leben in der Schweiz

Mehr als eine Million EU-Bürger leben und arbeiten in der Schweiz und stellen damit die größte Einwanderergruppe. Ungefähr 430.000 EU-Bürger leben in der Schweiz.

Die Freizügigkeit zwischen der EU und der Schweiz besteht seit 2002 und basiert auf einem 1999 unterzeichneten Abkommen zur Zusammenarbeit von EU-Staaten und der Schweiz. Die Vereinbarung berechtigt Bürger aus den EU-Staaten und der Schweiz dazu, in den jeweils anderen Ländern zu leben oder zu arbeiten.

Solange Regierung nicht reagiert, gelten die Abkommen
"Es hängt von der schweizerischen Regierung ab, ob sie das Abkommen mit uns aussetzen wollen oder nicht. Solange die Schweiz nicht reagiert, existieren die Vereinbarungen", sagt Schulz.

Wenn die Schweiz nicht in der Lage ist, die Personenfreizügigkeit zu gewährleisten, sind alle im Jahr 1999 unterzeichneten Vereinbarungen in Gefahr. Laut Artikel 25 des bilateralen Abkommen ist die Personenfreizügigkeit mit anderen Rechten für Produkte und Dienstleistungen von Schweizer Firmen verknüpft.

 

 

 

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