Salzburgs erster "Mittelstandsreport" über 25.000 Unternehmen mit 170.000 Erwerbstätigen
Salzburg (wksbg) - "Alle reden vom unternehmerischen Mittelstand - wir wollten nicht nur wissen, wie
es ihm wirtschaftlich geht, sondern wie unsere mittelständischen Unternehmer ihre persönliche Situation
einschätzen", erklärte Wirtschaftskammerpräsident Konrad Steindl die Absicht des ersten "Salzburger
Mittelstandsreports", den die WKS bei der KMU Forschung Austria in Auftrag gab. Damit setzt die WKS in ihrem
Themenschwerpunkt 2013/2014 "Mittelstand trägt das Land" - einen weiteren wichtigen Akzent. Die
Untersuchung, die auf 1.000 beantworteten Fragebögen und Bilanzdatenbanken der KMU Forschung Austria beruht,
behandelte somit nicht nur die betriebswirtschaftliche Seite, sondern auch die Einstellungen der Unternehmer zu
Innovation, Risiko und Veränderung und der eigenen Arbeit. "Besonders wichtig war dem Auftraggeber WKS,
dass zur Abwechslung auch einmal Unternehmer befragt werden, wie es ihnen mit ihrer Arbeit geht, welchen Belastungen
sie ausgesetzt sind und welche persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten sie selbst an ihrem Arbeitsplatz
sehen. Denn was für die Arbeitnehmer gilt, dass sich auch noch eine gewisse Work-Life-Balance ausgehen soll,
gilt für die Unternehmer mindestens genauso!"
Auf wen bezieht sich die Untersuchung?
Erfasst wurden durch Sekundärdaten-Analyse und Befragung mehr als 25.000 Salzburger Unternehmen, die 168.000
Erwerbstätige beschäftigen. 99,9% dieser Unternehmen beschäftigten dabei von 0 bis 500 Erwerbstätige.
D. h., in der Untersuchung wurden auch EPU zum Mittelstand gezählt, gemäß dem "inklusiven"
Mittelstandsbegriff der WKS, die auch hauptberufliche EPU aufgrund ihrer soziologischen Eigenschaften und Werte
zum Mittelstand zählt.
Salzburgs Mittelstand in dieser weiteren Definition beschäftigt demnach 72% aller Arbeitnehmer in der Wirtschaft,
lukriert Umsätze in Höhe von fast 42 Mrd. Euro (74% aller Umsätze von Unternehmen in Salzburg) und
erzielt 76% der Wertschöpfung aller Unternehmen mit Sitz in Salzburg. Die betriebswirtschaftliche Lage ist
im Schnitt zufriedenstellend. Die Umsatzrentabilität liegt mit 3,3% über dem Österreichdurchschnitt.
Lebensphasen der Unternehmen: "Reife" Salzburger Wirtschaft Eng verknüpft sind die Bewertungen
der Lebens- und Arbeitszufriedenheit nicht nur mit der betriebswirtschaftlichen Seite, sondern auch mit den unternehmerischen
Zielen, Wachstumsplänen und der jeweiligen Lebensphase des Unternehmens. Geht's dem Unternehmen gut und wächst
es bzw. erreicht es eine bestimmte Größe ab 20 Mitarbeitern, steigt generell der Pegel der Zufriedenheit
mit der Gesamtsituation. Umgekehrt leidet die Zufriedenheit, wenn es Schwierigkeiten gibt, das Unternehmen sich
in einer Abschwung-Phase befindet oder zu viel Arbeitslast auf zu wenigen Schultern liegt. Generell ist aber die
Zufriedenheit mit Arbeit und Leben relativ hoch.
Die Ergebnisse im Detail
- Wachstumsorientierung: Ein Drittel der Unternehmen des Salzburger Mittelstandes
(35%) kann als wachstumsorientiert angesehen werden. Sie wollen in den kommenden drei Jahren ihre Geschäftstätigkeit
ausweiten. Rund die Hälfte hat aber keine Erweiterungspläne, der Rest ist unentschlossen. Besonders EPU
und Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern hegen häufiger Wachstumspläne als die Gruppe dazwischen.
Fast 60% der Betriebe, die seit fünf Jahren am Markt sind, wollen ihre Umsätze steigern, 22% der Unternehmen,
die länger als 20 Jahre am Markt sind, wollen weiter wachsen. Jüngere Unternehmer sind deutlich wachstumsorientierter
als ältere.
- Ein Zehntel der Betriebe gab an - hochgerechnet also rund 2.500 Unternehmen -
das Unternehmen in den kommenden drei Jahren außerdem einem Nachfolger übergeben zu wollen. Im Tourismus
beträgt der Anteil sogar 25%.
- Wichtigste Ziele der wachstumsorientierten Unternehmen sind: neue Kundengruppen
gewinnen, Kundenbindung, neue Produkte und Dienstleistungen anbieten und verstärkte Werbung. Interne Maßnahmen,
Fusionen oder Übernahmen werden deutlich weniger angestrebt. Innovationsbereitschaft, Risikofreudigkeit, Exportorientierung
- Innovationsbereitschaft: Die Innovations- sowie die Veränderungsbereitschaft
werden vom Salzburger Mittelstand als zentral für die Wettbewerbsfähigkeit und Sicherung des eigenen
Unternehmens betrachtet, unabhängig davon, ob das eigene Unternehmen wachsen soll oder nicht. Das zieht sich
quer über alle Größenklassen der Betriebe. Knapp mehr als die Hälfte der mittelständischen
Betriebe hält Innovationen für "sehr wichtig", ein weiteres Drittel für wichtig. Das sind
83% der Unternehmen des Mittelstandes.
- Innovationsaktivitäten: 71% der mittelständischen Unternehmen haben
überdies in den vergangenen drei Jahren laut eigenen Angaben ein neues Produkt, eine neue Dienstleistung oder
ein neues Verfahren eingeführt. Der EU-Durchschnitt liegt bei 52,9%, der österreichische Durchschnitt
bei 60%. Die KMU Forschung Austria betont in diesem Zusammenhang, dass bei freiwilligen Befragungen die Innovationseinschätzung
der Unternehmen tendenziell höher ausfällt als bei verpflichtenden Befragungen. Möglicherweise werde
dadurch die Innovationsleistung des Unternehmenssektors permanent unterschätzt. Salzburger EPU weisen eine
Innovationsrate von 68% auf, Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten 75%, Unternehmen mit 20 Beschäftigten
und mehr: 83%.
- Veränderungsbereitschaft: Salzburgs Mittelstand ist in hohem Ausmaß
(82%) veränderungsbereit: 57% sagen, dass diese Eigenschaft "sehr wichtig" ist, weitere 25% vergeben
die Note 2. EPU, Gründer und größere Betriebe sind sich der Notwendigkeit des stetigen Wandels
noch bewusster: Hier sind in Summe 88% veränderungsbereit, bei den Gründern (90%) und bei den Unternehmen
mit mehr als 10 Mitarbeitern sogar 93%.
- Risiko wird gescheut: Salzburgs mittelständische Unternehmer sind eher vorsichtig.
Nur 34% meinen, dass Risikobereitschaft "sehr wichtig" oder "wichtig" sei, 36% positionieren
sich in der Mitte. Allerdings: Etwas risikobereiter sind Exporteure (42%), stark wachsende Unternehmen (48%) und
jüngere Unternehmer (38%).
- Exportorientierung: 32% der Salzburger mittelständischen Unternehmen mit
Beschäftigten sind auch auf internationalen Märkten aktiv, im Produktionssektor sind es 54%.
Reife Unternehmen dominieren den Mittelstand
Aus den Ergebnissen der Befragung und der sekundären Datenanalyse hat die KMU Forschung Austria schließlich
auch den Mittelstand anhand des Lebenszyklus (Gründung, Wachstum, Reifephase, Konsolidierung, Schrumpfung,
Schließung oder Übergabe) aufgeschlüsselt.
Demnach befindet sich die Hälfte der Betriebe mit Beschäftigten in der Reifephase, 22% wachsen, 11% befinden
sich in der Abbauphase und 15% in der Phase der Übergabe oder Schließung. Zählt man die EPU und
Kleinstbetriebe mit wenigen Mitarbeitern hinzu, ergeben sich 11% der Betriebe in der Gründungphase, 26% im
der Wachstumsphase und 39% in der Reife.
Innovation unterstützen, Gründungen forcieren, Übergabe gut gestalten
Für WKS-Präsident Konrad Steindl ergeben sich daraus wichtige Schlussfolgerungen, welche in die Mittelstandspolitik
der WKS und der Politik generell einfließen sollten. "Salzburgs mittelständische Unternehmen -
der zentrale Faktor für den Wohlstand und Beschäftigung in Salzburg - sind veränderungs- und innovationsbereit.
Möglicherweise ist aber die Bereitschaft zu weiterem Wachstum ausbaufähig", betont Steindl. Dazu
müsse die Bundespolitik aber nicht nur die bürokratischen Hemmnisse abbauen, sondern auch positive Signale
für Investitionen setzen. Nur wenn die Wirtschaft wachse und mehr Unternehmen Dynamik erzeugen könnten,
könne auch die Arbeitslosigkeit gesenkt werden. Aber auch für WKS und Land Salzburg ergeben sich Handlungsaufträge:
- Salzburgs Unternehmen befinden sich mehrheitlich in der Reifephase. Dank der
gegebenen Innovations- und Veränderungsbereitschaft sind die Unternehmen vielfach bereit, "Change"-Prozesse
einzuleiten, um die Firmen langfristig zu sichern. Hier sollten spezielle Programme aufgelegt werden, welche diese
Transformation in Richtung Erneuerung unterstützen - eine Aufgabe der Innovationspolitik.
- Übergaben, die in den nächsten Jahren laut Analyse verstärkt auftreten
werden, sind im Lebenszyklus der Firmen eine heikle Phase. Die WKS wird daher ihre Aktivitäten für eine
gelungene Firmenübergabe verstärken.
- Einmal mehr erweisen sich mehr Firmengründungen als notwendig, um mit jüngeren
wachstumsorientierten Firmen für "Nachwuchs" in einer tendenziell alternden "Firmenlandschaft"
zu sorgen. Salzburg benötigt daher eine (technologie- und innovationsorientierte) Gründeroffensive, die
von allen gründungsrelevanten Partnern (Wirtschaft, Forschung, Förderwesen, Hochschulen) forciert werden
muss, wobei auch neue Wege beschritten werden sollen (Open Innovation). Generell geht es darum, auch in Salzburg
die F&E-Aktivitäten auszubauen, was auch Ziel der Landesregierung ist.
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