Bessere globale Konjunktur unterstützt
 Erholung in Zentral- und Osteuropa

 

erstellt am
04. 02. 14
11.30 MEZ

Insbesondere ein stärkeres Deutschland und kräftigere EWU sollten sich positiv auswirken und zur lange erwarteten Erhöhung der Inlandsnachfrage beitragen
Wien (ba) - Die Konjunkturerholung in der entwickelten Welt und die damit verbundene, beginnende Normalisierung der Zinsen stellen für die Region Zentral- und Osteuropa Chancen und Risiken dar. In Zentraleuropa haben sich erste positive Effekte schon 2013 in Form einer höheren Auslands­nachfrage eingestellt. Dieser Trend sollte sich heuer, unterstützt durch ein stärkeres Deutsch­land und eine kräftigere EWU, fortsetzen und zudem zur lange erwarteten Verbesserung der Inlandsnachfrage führen. Das ist eine der zentralen Aussagen der neuesten Ausgabe des "CEE Quarterly", das UniCredit Economics & FI/FX Research veröffentlicht. Dementsprechend haben die UniCredit Analysten die meisten ihrer Prognosen für die jüngeren EU-Mitgliedsländer nach oben revidiert. Darüber hinaus erscheinen die jüngeren EU-Mitgliedsländer dank der Reformanstrengungen seit 2008 besser positioniert als andere Schwellenländer, um einen Anstieg der Finanzierungskosten in den nächsten Quartalen zu bewältigen.

Region profitiert von stärkerer Industrie und gleicht übertriebene Kapitalflüsse aus
Im Gegensatz zum Jahresanfang 2013, als sich die Diskussion über Schwellenmärkte auf das Management der rekordverdächtigen Portfoliozuflüsse konzentrierte, besteht die wichtigste Herausforderung für diese Länder zu Beginn 2014 in der Bewältigung von Kapitalabflüssen, insbesondere auch angesichts einer Normalisierung der Zinsen in der entwickelten Welt. Denn dieser Prozess könnte über mehrere Jahre anhalten. In der Zwischenzeit ist unklar, in welchem Ausmaß sich die Zuflüsse der Vergangenheit umkehren werden. Es hängt jedoch von einer Reihe interner und externer Faktoren ab. „Auf Länderebene stellen die zahlreichen Wahlen in 2014 nicht nur ein Risiko sondern auch eine Chance dar, insofern als dass sie neue Reform­kraft entfesseln könnten“, sagt Gillian Edgeworth, Chef-Ökonomin EEMEA bei UniCredit, „Mit Blick auf CEE stehen heuer etwa in der Türkei und in Ungarn Wahlen an.“ Auf internationaler Ebene ist die Entscheidung der US-Notenbank, die schrittweise Reduktion ihrer Anleihenkäufe zu verschieben, ein wertvoller Hinweis auf ihre Absicht eine plötzliche geldpolitische Straffung zu vermeiden.

Angesichts der Abflüsse von privatem Kapital in den letzten Quartalen ist die Ausdauer institutioneller Investoren ermutigend. Die UniCredit Analysten sind überzeugt, dass die Kapitalzuflüsse nicht mehr die Raten von 2011 bis Anfang 2013 erreichen werden, stattdessen werden die künftigen Kapitalbewegungen von größerer Volatilität als in der Vergangenheit charakterisiert sein. Insgesamt dürfte jedoch mit dem 1. Quartal 2014 das Schlimmste in Sachen Kapitalabflüsse überstanden sein, wenn die Märkte die ersten Schritte der US-Notenbank zur Reduktion der Anleihenankäufe verdaut haben.

Der deutlichste positive Trend, der 2013 in der gesamten Region Zentral- und Osteuropa sichtbar war, ist die Wende in der Industrieproduktion, die sich auch 2014 fortsetzen soll. In den ersten neun Monaten vergangenen Jahres hat die industrielle Produktion in Ungarn, Slowakei und in der Türkei um mehr als 10 Prozent annualisiert zugelegt, in Rumänien und Polen waren es mehr als 8 Prozent. Diese Verbesserung ist teilweise auf ein besonders schwaches Jahresfinale 2012 zurückzuführen und signalisiert damit, dass das aktuelle Tempo des Industriewachstums nicht gehalten werden wird können. Basierend auf der Annahme eines weiteren Exportwachstums in Deutschland, dem eine Konjunkturerholung auch in anderen Ländern der EWU folgen sollte, erwarten die UniCredit Analysten weitere Zugewinne der Industrie.

EU-Fördermittel könnten Erholung beschleunigen, Bankenunion als politischer Anker
Der Rückgang ausländischer Direktinvestitionen seit 2008 ist in CEE prononcierter ausgefallen als in anderen Schwellenmärkten, allerdings ist die Region auch von einem höheren Niveau gestartet. In den Jahren 2011 und 2012 lagen die FDI in CEE nur 0,2 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt der Schwellenmärkte. Weiters haben sich FDI in die Produktion seit 2011 erholt. Ausländische Direktinvestitionen in die Erzeugung haben in den Jahren 2011 und 2012 mehr als 22 Prozent der gesamten FDI ausgemacht und entsprachen nominell betrachtet weitgehend dem Durchschnitt der Periode 2004 bis 2008. Die Tschechische Republik, Polen und Serbien sind im Vergleich zu den Jahren vor der Krise am besten in der Lage FDI in die Produktion anzuziehen, Bulgarien, Kroatien und Litauen hinken hinterher. Diese regionale Entwicklung wird verstärkt durch die Tatsache, dass Ungarn, Rumänien, Serbien und die Slowakei von der Inbetriebnahme neuer Fertigungskapazitäten für die Automobilindustrie profitieren.

„Unter der Annahme eines weiteren BIP-Wachstums in Deutschland, begleitet von Signalen für eine Erholung in der EWU und einer sanften Verlangsamung in China, sollten wir kontinuierlich steigende FDI in die Produktionssektoren der gesamten Region sehen“, stellt Gillian Edgeworth fest, „Die Trägheit des Welthandels ist das primäre Risiko für dieses Szenario.“ Nachdem das EU-Budget 2014-20 und die nächste Förderrunde erst jüngst verabschiedet wurden, werden diese Mittel voraussichtlich erst zum Jahresende 2014 bzw. Jahresanfang 2015 auch tatsächlich fließen. Die EU-Förderungen könnten damit dieses Mal die Erholung ankurbeln ebenso wie sie nach 2008 in manchen Ländern wie Polen oder im Baltikum den Abschwung abgefedert haben.

Neben der Industrie wird das BIP-Wachstum in manchen Ländern auch mehr Unterstützung vom Kredit­geschäft erhalten. In den jüngeren EU-Mitgliedsländern ist das Kreditwachstum bereits klar unter das Einlagenwachstum gesunken. Die lokalen Bankensysteme zahlen weiter die Finanzierungen durch ihre Muttergesellschaften zurück, aber die Bereitschaft der EZB, ein weiteres LTRO-Programm zur Verfügung zu stellen, sollte das Risiko reduzieren, dass sich diese Entwicklung beschleunigt. Selbst unter der Annahme, dass sich das Kreditwachstum nicht beschleunigt sondern ab jetzt stabil bleibt, sollte sich die Inlandsnachfrage in der Tschechischen Republik und speziell in Polen verstärken. Ein positiver Impuls vom Kreditgeschäft wird zudem für Ungarn erwartet, was aber weitgehend auf das „Funding for Growth“-Programm der lokalen Notenbank zurückzuführen ist.

Generell sollte ein Fortschritt bei der Bankenunion innerhalb der EWU positive Effekte auf jene Länder haben, deren Bankensysteme zu einem großen Teil in ausländischem Eigentum stehen. 2013 verlief in diesem Zusammenhang insofern enttäuschend, als das die Pläne für die Banken­union ohne merkliche Fortschritte bei der Einbeziehung der jüngeren EU-Mitgliedsländer, die außerhalb der EWU bleiben, weiter vorangetrieben wurden. Darüber hinaus bestehen weitere Herausforderungen wie etwa die Notwendigkeit für griechische Banken, sich von Vermögens­werten in der gesamten Region zu trennen, oder der hohe Anteil notleidender Kredite in manchen Ländern. Unter diesem Aspekt könnten schon kleine Fortschritte bei der Banken­markt­konsolidierung in der EWU die Verlustrisiken für CEE reduzieren. Wenn erst einmal der Einheitliche Bankenaufsichtsmechanismus in der EWU etabliert ist, könnten sich EWU-Mitgliedsländer und EWU-Nichtmitglieder bereit zeigen, neuerlich über ihre künftige Einbindung zu diskutieren. Auf diese Weise könnte die Bankenunion als der notwendige politische Anker für die Region Zentral- und Osteuropa fungieren.

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at