Brüssel (ec) - Korruption ist nach wie vor eine Herausforderung für Europa.
Sie betrifft alle EU-Mitgliedstaaten und kostet die EU-Wirtschaft jedes Jahr rund 120 Mrd. EUR. Die Mitgliedstaaten
haben in den letzten Jahren viele Maßnahmen ergriffen, gleichwohl sind die Ergebnisse uneinheitlich und zusätzliche
Anstrengungen notwendig, um Korruption vorzubeugen und zu bestrafen. Dies sind einige der Schlussfolgerungen des
allerersten EU-Korruptionsbekämpfungsberichts, der am 03.02. von der Europäischen Kommission veröffentlicht
wurde.
Der EU-Korruptionsbekämpfungsbericht erläutert die Lage in den einzelnen Mitgliedstaaten: Welche Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen
gibt es, welche Maßnahmen funktionieren, was könnte verbessert werden und wie.
Der Bericht zeigt, dass sich sowohl Art und Umfang der Korruption als auch die Wirksamkeit der Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen
je nach Mitgliedstaat unterscheiden. Er verdeutlicht ferner, dass das Problem der Korruption in allen Mitgliedstaaten
größerer Aufmerksamkeit bedarf.
Dies zeigen die Ergebnisse einer heute veröffentlichten Eurobarometer-Erhebung über die Einstellung der
Bürger zur Korruption. Auf europäischer Ebene sind drei Viertel der Befragten (76 %) der Ansicht, Korruption
sei weit verbreitet. Mehr als die Hälfte (56 %) sind der Auffassung, dass die Korruption in ihrem Land in
den letzten drei Jahren zugenommen hat. Rund jeder zwölfte Europäer (8 %) gibt an, in den letzten 12
Monaten Zeuge eines Korruptionsfalls geworden zu sein. Die Eurobarometer-Ergebnisse finden sich hier.
„Korruption untergräbt das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen und den Rechtsstaat,
schädigt die europäische Wirtschaft und vermindert die dringend benötigten Steuereinnahmen. Die
Mitgliedstaaten haben in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen zur Korruptionsbekämpfung unternommen.
Der heute veröffentlichte Bericht zeigt jedoch, dass dies bei weitem nicht ausreicht. In dem Bericht werden
weitere Maßnahmen vorgeschlagen, und ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, um diese
Vorschläge umzusetzen“, so EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström.
Korruption betrifft alle Mitgliedstaaten auf vielerlei Weise
Hier einige der wichtigsten korruptionsbezogenen Entwicklungen in der EU:
1. Kontrollmechanismen
- Präventivmaßnahmen (z.B. ethische Grundsätze, Sensibilisierungsmaßnahmen,
einfacher Zugang zu Informationen von öffentlichem Interesse): Bei der Korruptionsprävention gibt es
große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. Während in einigen Ländern eine wirksame Prävention
dazu geführt hat, dass sie den Ruf eines wenig korruptionsanfälligen Landes genießen, haben andere
nur uneinheitlich präventive Maßnahmen mit begrenzten Ergebnissen umgesetzt.
- Externe und interne Kontrollmechanismen: In vielen Mitgliedstaaten sind die internen
Kontrollen der behördlichen Verfahren (besonders auf lokaler Ebene) unzureichend und es fehlt an Koordinierung.
- Interessenkonflikte: In der EU gibt es unterschiedliche Vorschriften für
Interessenkonflikte. Die Mechanismen für die Überprüfung der Erklärungen über Interessenkonflikte
reichen häufig nicht aus. Sanktionen für Vorschriftsverletzungen werden selten angewendet und sind häufig
nicht streng genug.
2. Strafverfolgung und Bestrafung
- Strafrechtliche Vorschriften zur Bekämpfung der Korruption, die den Standards
der Vorschriften des Europarats, der VN und der EU entsprechen, sind weitgehend vorhanden. Gleichwohl haben die
Mitgliedstaaten den Rahmenbeschluss 2003/568/JI zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor unterschiedlich
gut umgesetzt.
- Hinsichtlich der Effizienz von Strafverfolgungsbehörden und Staatsanwaltschaften
bei der Untersuchung von Korruption sind große Unterschiede in der EU festzustellen. Herausragende Ergebnisse
sind in einigen Mitgliedstaaten zu verzeichnen. In anderen ist eine erfolgreiche Strafverfolgung selten oder die
Untersuchungen ziehen sich in die Länge.
- In den meisten Mitgliedstaaten fehlt es an umfassenden Korruptionsstatistiken,
was Vergleiche und Bewertungen schwierig macht. Verfahrensvorschriften, einschließlich der Bestimmungen zur
Aufhebung der Immunität von Politikern, behindern in einigen Mitgliedstaaten die Untersuchung von Korruptionsfällen.
3. Politische Dimension
- Politische Rechenschaftspflicht: Integrität in der Politik ist für
viele Mitgliedstaaten nach wie vor ein wichtiges Thema. Verhaltenskodizes für politische Parteien oder gewählte
Versammlungen auf zentraler oder lokaler Ebene sind rar und häufig zu unverbindlich.
- Parteienfinanzierung: Obwohl viele Mitgliedstaaten strengere Vorschriften für
die Parteienfinanzierung eingeführt haben, sind immer noch gravierende Mängel festzustellen. Abschreckende
Sanktionen für illegale Parteienfinanzierung werden in der EU selten verhängt.
4. Risikobereiche
- Innerhalb der Mitgliedstaaten bestehen höhere Korruptionsrisiken auf regionaler
und lokaler Ebene, wo in der Regel weniger strikte Kontrollen und Gegenkontrollen sowie weniger strikte interne
Überprüfungen stattfinden als auf zentraler Ebene.
- Stadtentwicklung und Bauwirtschaft sowie das Gesundheitswesen sind Sektoren,
die in einer Reihe von Mitgliedstaaten anfällig für Korruption sind.
- In einigen Mitgliedstaaten bestehen Defizite bei der Beaufsichtigung staatseigener
Unternehmen, was ihre Anfälligkeit für Korruption erhöht.
- Die Kleinkorruption ist nur in wenigen Mitgliedstaaten noch ein weit verbreitetes
Problem.
Öffentliche Auftragsvergabe: ein für die Korruption anfälliger Bereich
Der Bericht enthält ein besonderes Kapitel über die öffentliche Auftragsvergabe, die ein bedeutendes
Element der Volkswirtschaften in der EU ist. Rund ein Fünftel des BIP der EU wird jedes Jahr von Behörden
und Einrichtungen des öffentlichen Rechts für die Beschaffung von Gütern, Arbeiten und Dienstleistungen
ausgegeben. Dieser Bereich ist ebenfalls anfällig für Korruption.
Der Bericht fordert strengere Integritätsstandards bei der öffentlichen Auftragsvergabe und empfiehlt
Verbesserungen der Kontrollmechanismen in einer Reihe von Mitgliedstaaten. Einzelheiten und spezielle Punkte, die
weitere Aufmerksamkeit verlangen, finden sich in den betreffenden Länderkapiteln.
Hintergrund
Der EU-Korruptionsbekämpfungsbericht deckt alle 28 EU-Mitgliedstaaten ab. Er ist wie folgt aufgebaut:
- Ein allgemeines Kapitel mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
und einer Beschreibung der korruptionsbezogenen Trends in der EU sowie einer Analyse des Umgangs der Mitgliedstaaten
mit der Korruption im öffentlichen Auftragswesen.
- 28 Länderkapitel mit einer Beschreibung der Lage im Bereich Korruption und
der Probleme, die weiterer Aufmerksamkeit bedürfen, sowie einem Verweis auf bewährte Verfahren, die anderen
als Anregung dienen können.
- Der Bericht enthält auch die Ergebnisse zweier Eurobarometer-Erhebungen
über die Einstellung der europäischen Bürger und Unternehmen zur Korruption.
In Österreich ist die Korruptionsbekämpfung nunmehr stärker auf Prävention und Strafverfolgung
ausgerichtet. In ihrem Bericht schlägt die Europäische Kommission Österreich vor, spezialisierte
Staatsanwaltschaften mit den erforderlichen Ressourcen für die Bearbeitung von Korruptionsfällen auszustatten.
Darüber hinaus würde ein erleichterter Zugang zu Bankkontendaten bei Verdacht auf Korruption auch die
Strafverfolgung wirksamer machen. Die Kommission empfiehlt Österreich zudem, einen Überwachungsmechanismus
für die Überprüfung der Vermögenserklärungen von hochrangigen gewählten oder bestellten
Amtsträgern einzuführen. Gemeinsam mit einer Analyse der Situation in jedem EU-Mitgliedstaat präsentiert
die Europäische Kommission auch die Ergebnisse zweier umfangreicher Meinungsumfragen. Mehr als drei Viertel
der europäischen und 66 % der österreichischen Umfrageteilnehmer sind sich darin einig, dass Korruption
in ihrem Land gang und gäbe ist. Aus den Umfragen geht auch hervor, dass Österreich das einzige Land
Westeuropas ist, in dem ein relativ hoher Anteil der Befragten (knapp ein Drittel) es akzeptabel fände, für
die Erlangung einer öffentlichen Dienstleistung eine Gefälligkeit zu erweisen oder ein Geschenk zu machen.
4 % der europäischen und 5 % der österreichischen Umfrageteilnehmer geben an, dass von ihnen im vergangenen
Jahr die Zahlung von Bestechungsgeld gefordert oder erwartet wurde. Für vier von zehn europäischen und
österreichischen Unternehmen stellt Korruption ein Hindernis für ihre Geschäftstätigkeit dar.
Länderkapitel in Englisch und in der Landessprache finden sich hier: http://ec.europa.eu/anti-corruption-report
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