20 Jahre Flüchtlingsball sind 20 Jahre
 Engagement für Menschenrechte

 

erstellt am
17. 02. 14
11.30 MEZ

Wehsely, Resetarits und Eraslan-Weninger über den Wiener Flüchtlingsball
Wien (rk) - Asyl ist Rettung. Der Wiener Flüchtlingsball ist auch ein politisches Statement im Wiener Rathaus. In den letzten 19 Jahren hat der Ball entscheidend dazu beigetragen, die Projekte im Integrationshaus zu realisieren und sich gemeinsam für eine menschenrechtskonforme und menschliche Asyl- und Flüchtlingspolitik einzusetzen. Dieses Jahr wird beim alternativen Höhepunkt der Ballsaison ein Jubiläum gefeiert. Sozialstadträtin Sonja Wehsely, die Geschäftsführerin des Integrationshauses Andrea Eraslan-Weninger und der Ehrenvorsitzende des Hauses Willi Resetarits präsentierten am 17.02. bei einer Pressekonferenz im Rathaus das Programm des 20. Wiener Flüchtlingsballs.

Wien setzt sich finanziell und politisch für die Rechte von Flüchtlingen ein
Die Bundeshauptstadt lässt Flüchtlinge nicht im Stich. Seit vielen Jahren nimmt Wien viel mehr Flüchtlinge auf, als sie aus der bestehenden 15a-Vereinbarung betreuen sollte. Aktuell erfüllt Wien die Quote zu 147 Prozent. "Kein Mensch flieht aus seinem Land, wenn er dort noch irgendeine andere Perspektive hätte", sagt Sozialstadträtin Wehsely, "die Anerkennung als Flüchtling ist nicht das Ergebnis politischer Großzügigkeit. Sie ist ein Menschenrecht." Die Stadträtin appelliert auch an die Bundesländer, die ihre Quote seit Langem unterlaufen, im Sinne der Solidarität ihre Bemühungen für in Österreich gestrandete Flüchtlinge zu intensivieren. "Wien setzt sich auch über die Basisversorgung hinaus für eine menschenwürdige Unterbringung von Menschen ein, die alle ein schweres Schicksal zu meistern haben." Es gibt eine umfassende Vernetzung und Kooperation auf verschiedenen Ebenen mit den Vertragspartnern und Unterbringungseinrichtungen. "Als Bekenntnis zur hervorragenden Zusammenarbeit mit den vielen Vereinen und NGOs im Asylbereich stellen wir jedes Jahr das Wiener Rathaus den VeranstalterInnen des Flüchtlingsballs gratis zur Verfügung."

Mindeststandards in der Grundversorgung
Die Landesflüchtlingsreferenten haben im November 2013 beschlossen, dass ein Papier zu Qualitätsstandards in der Grundversorgung erarbeitet werden soll. Die Gespräche auf Beamtenebene laufen gut, aber für Wien sind noch einige Punkte offen. Zum Beispiel sollten die neuen Qualitätsstandards nicht nur für neu geschaffene Einrichtungen bestehen, sondern die Mängel auch in bereits existierenden Unterkünften beseitigt werden. Sehr oft findet sich der Passus, dass eine konkrete Maßnahme "nach Möglichkeit zu schaffen" ist. "Das sind zu viele Konjunktive für eine wirkliche Verbesserung und für die Schaffung von Mindeststandards", so Wehsely. Man erwarte sich darüber hinaus einen politischen Beschluss, um maximale Rechtssicherheit für die Flüchtlinge zu erlangen. Wien investierte im Jahre 2013 rund 41,7 Millionen Euro in die Grundversorgung. Der Rechnungshof hat vor kurzem die hohe Qualität der Versorgung in Wien bestätigt.

Zugang zum Arbeitsmarkt und problematische Rechtslage
Auch ein voller Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende nach sechs Monaten ist eine seit Langem offene Forderung, der sich auch das Integrationshaus anschließt. "Nur wer von Rechts wegen in die Lage versetzt wird, sich auch selbst zu erhalten, kann sein Leben wieder selbst in die Hand nehmen und menschenwürdig gestalten", sagt Andrea Eraslan-Weninger, Geschäftsführerin des Integrationshauses. Außerdem sei die Rechtslage für Flüchtlinge in Österreich sehr kompliziert. Durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle ist es zu einer Reihe an Erneuerungen und Umstrukturierungen gekommen, welche für Asylsuchende kaum zu durchschauen sind. "Daher sollten die Gesetze zu Asyl und Flucht im Geiste der Menschlichkeit reformiert werden", fordert Eraslan-Weninger. Weiteres appelliert das Integrationshaus an die Bundesregierung, im nächsten Schritt mehrere Tausende Flüchtlinge aus Syrien im Rahmen des Resettlement-Programms aufzunehmen.

Das Integrationshaus zieht Bilanz
Begonnen hat alles im Juni 1995, als die ersten HausbewohnerInnen in das Integrationshaus eingezogen sind. Das erste Team des Integrationshauses bestand aus 13 MitarbeiterInnen, betreut wurden damals 110 HausbewohnerInnen - zum Großteil Flüchtlinge aus Bosnien. "Heute ist das Integrationshaus ein Kompetenzzentrum zur Aufnahme und Integration von Asylsuchenden, Flüchtlingen und MigrantInnen. Mehr als 100 angestellte MitarbeiterInnen, die gemeinsam mehr als 40 verschiedene Sprachen sprechen, betreuen pro Jahr mehr als 4.200 Menschen in den Beratungs- Betreuungs- und Bildungseinrichtungen des Integrationshauses. Wir können das Leid, das Flüchtlinge erlebt haben, nicht ungeschehen machen. Wir können uns aber gemeinsam dafür einsetzen, dass Flüchtlinge in Österreich und in Europa eine Zukunftsperspektive finden", so die Geschäftsführerin des Integrationshauses.

Im Jahr 2013 konnten im Integrationshaus 177 Personen, 81 davon waren Kinder und Jugendliche, im Wohnheim untergebracht und intensiv betreut werden. 37 Personen davon hatten eine fachärztlich psychiatrische Diagnose und wurden mit erhöhtem Betreuungsbedarf aufgenommen. In den sozialpädagogischen Wohngemeinschaften wurden insgesamt 39 Kinder und Jugendliche rund um die Uhr betreut. 29 Jugendliche davon waren unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Im Jahr 2013 konnte das Integrationshaus ein neues Projektzentrum am Nordbahnhof eröffnen. 30 Wohnungen von 100 in einem neuen Genossenschaftsbau konnten an Flüchtlinge vergeben werden. Dieses Projekt ist ein Musterbeispiel für die Integration von Flüchtlingen und sollte unbedingt vervielfacht werden. Fast zwei Drittel der in Wien lebenden AsylwerberInnen wohnen in privaten Quartieren. Hier bietet auch am Nordbahnhof unsere psychosoziale Beratungsstelle für Menschen in der Grundversorgung Rat und Hilfe. Im Jahr 2013 wurden insgesamt 1973 Personen in der Beratungsstelle von 10 mehrsprachigen BeraterInnen betreut. Angeschlossen an die psychosoziale Beratungsstelle ist eine unabhängige Rechtsberatung, die ausschließlich aus Spendengeldern finanziert werden muss. Seit 2013 betreut der Verein Projekt Integrationshaus zusätzlich jährlich an die 1.000 verschiedene Jugendliche im Rahmen des Jugendcoachings und der Jugendarbeitsassistenz in unserer Ausbildungsberatung. Im Rahmen der Bildungsmaßnahmen des Integrationshauses wurden 2013 fast 1.000 verschiedene Schulungs-Beratungs- und Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung gestellt.

Eine musikalische Weltreise: Plechti - Tel Aviv - Wien
"Das musikalische Programm am 20. Wiener Flüchtlingsball ist wieder eine kleine Weltreise", so der Ehrenobmann des Integrationshauses, Willi Resetarits. LA CARAVANNE PASSE aus dem Dorf Plechti (F) sind musikalische Nomaden im besten Sinn. Jung, schnell und voller Lebensfreude holt diese fünfköpfige Band traditionelle Gypsyklänge in die Jetztzeit, gesungen wird auf Serbisch, Spanisch, Deutsch, Roma, Französisch und Englisch. Ihre Auftritte sind wie eine Einladung an alle Fans: "Gypsy For One Day". SEGMENT ist der heißeste Electroswingexport aus Tel Aviv. Von unterschiedlichen künstlerischen Einflüsse ihrer Heimatstadt beeinflusst kreieren Yossi Shauley und Ron Stern mit ihrer Mischung aus traditionellem Swing und modernen Musikstilen eine völlig neue Interpretation von "Electroswing". Wieder mit dabei ist auch Willi Resetarits, diesmal mit dem STUBNBLUES & friends! Im "Mitternachtsblock" gibt es dann erstmals nach dem traditionellen Balllied eine Mitternachtsquadrille, angeleitet von Tanzmeisterin Else Schmidt, musikalisch untermalt von Die Tanzgeiger. Danach wird Albert Hosp (Ö1) klassische Ballmusik zum Tanzen auflegen. "Also jetzt Karten kaufen, sonst wird es bald zu spät sein!", ruft Willi Resetarits auf.

"Asyl ist Rettung!", betont Eraslan-Weninger abschließend, "wir brauchen eine Politik der offenen Türen. Der Flüchtlingsball ist ein politischer Ball, der für einen Kurswechsel in der Asyl und Flüchtlingspolitik steht." Ganz besonders bedankt sich das Integrationshaus bei den vielen MusikerInnen, die gratis auftreten und den hunderten von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, die sich jedes Jahr zur Verfügung stellen.

 

 

 

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