Wien - Berlin. Kunst zweier Metropolen

 

erstellt am
13. 02. 14
11.30 MEZ

Von 14. Februar bis 15. Juni 2014 im Belvedere
Wien (belvedere) - Sowohl Berlin als auch Wien galten bereits Ende des 19. Jahrhunderts als aufstrebende Metropolen, dennoch repräsentieren sie bis in die Gegenwart gänzlich konträre Identifikationsmodelle und ein vollkommen unterschiedliches kulturelles Selbstverständnis. Während der Austausch der beiden Weltstädte in der Literatur-, Theater- und Musikwissenschaft bereits intensiv erforscht wurde, bilden die Gegenüberstellung künstlerischer Entwicklungen und die Untersuchung ihrer Beziehungen einen blinden Fleck. Aus kunsthistorischer Sicht wurden sie lediglich anhand einzelner biografischer Studien beachtet. Die Ausstellung Wien - Berlin. Kunst zweier Metropolen, eine Kooperation der Österreichischen Galerie Belvedere und der Berlinischen Galerie, ist erstmals den künstlerischen Parallelen, Differenzen und Wechselwirkungen zwischen den beiden Städten gewidmet und spannt dabei einen Bogen vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Zwischenkriegszeit.

Auf der einen Seite steht Berlin, eine großflächige, beinahe amerikanisch anmutende Metropole ohne gewachsenes Zentrum, auf der anderen Wien, eine Stadt der Operette mit barocker Prägung, die vor allem mit der Décadence in Verbindung gebracht wird. Während Wien die Kapitale einer ehrwürdigen Monarchie ist, muss sich Berlin als neues Machtzentrum gegenüber pluralistischen Tendenzen im Deutschen Reich durchsetzen. Dementsprechend entwickelt sich die Kunst in Berlin gemäß dem preußischen Hegemoniestreben der Staatsführung dienend oder zu diesem in Opposition. Anders Wien, in dem die Habsburgermonarchie die avantgardistischen kulturellen Bestrebungen, die vom liberalen Bürgertum unterstützt werden, gewähren lässt. "Während die Berliner Secession erst die künstlerischen Freiräume erobern musste, konnte die Wiener Secession auf die Unterstützung des Großbürgertums zählen, welches beispielsweise den prächtigen Bau der Wiener Secession zu großen Teilen finanziert hat", so Agnes Husslein-Arco, Direktorin des Belvedere. "Die durchgängig oppositionelle Haltung der Berliner Avantgarde zeigt sich beispielweise an der Tatsache, dass sich die Berliner Secession gegen die jungen Expressionisten stellte, während in Wien Gustav Klimt als Vaterfigur junge Künstler wie Oskar Kokoschka, Egon Schiele und Max Oppenheimer förderte", führt Alexander Klee, der Kurator der Ausstellung, weiter aus.

Das Ausstellungskonzept basiert auf den Sammlungen der kooperierenden Museen, wobei ein Gründungsgedanke der Modernen Galerie, des heutigen Belvedere, aufgegriffen wurde: die Dokumentation österreichischer Kunst, ihrer internationalen Bezüge und Zusammenhänge. Ausgangspunkte von Wien - Berlin bilden die Beziehungen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden kurz nacheinander gegründeten Secessionen. Die Bedeutung des Kunstgewerbes und der Formkunst für die Wiener Secession wird anhand von Werken Josef Hoffmanns aufgezeigt, und Arbeiten von Eugen Spiro oder Max Liebermann verdeutlichen die Orientierung der Berliner Secession am französischen Impressionismus.

Mit dem Ende des ersten Jahrzehnts entfalten sich die expressionistischen Strömungen in beiden Städten - während sich die Wiener Expressionisten durch ihre psychologische Einfühlung auszeichnen, weisen jene in Berlin vor allem einen ekstatisch-aggressiven Gestus auf. Gezeigt werden Werke von Max Pechstein und Ernst Ludwig Kirchner, die sich in Berlin in Opposition zur etablierten Secession als Neue Secession formieren, Expressionisten wie Ludwig Meidner, Conrad Felixmüller oder Rudolf Belling sowie Arbeiten von Egon Schiele, Oskar Kokoschka, Anton Faistauer oder Max Oppenheimer, die von der Wiener Klimt-Gruppe unterstützt werden.

Der Erste Weltkrieg führt zur Annäherung beider Nationen, sodass sich in Bezug auf die einsetzende Neue Sachlichkeit und insbesondere im Rahmen der Bühnenkunst ein reger künstlerischer Austausch entwickelt. Beispielsweise verzeichnet Friedrich Kiesler, dessen konstruktivistisches Hängesystem in die Schau integriert ist, erste Erfolge in Berlin und organisiert im Jahr 1924 eine internationale Ausstellung für Theatertechnik in Wien, die wiederum Berliner Avantgarden nach Österreich führt. Zeitgleich gewinnt der Wiener Kinetismus mit Ansätzen des Expressionismus und des Futurismus an Einfluss, der im Unteren Belvedere mit einer Anzahl von Werken u. a. von Erika Giovanna Klien veranschaulicht wird. Ihm steht die Berliner Dada-Bewegung gegenüber, die sich auf kritische wie subversive Weise mit aktuellen gesellschaftlichen Zuständen auseinandersetzt und auf diesem Weg eine Antikultur bildet.

Insbesondere die Roaring Twenties machen die Annäherungen der Positionen deutlich und erlauben eine neue Sicht auf die Verbindungen der gegensätzlichen, aber dennoch eng miteinander verwobenen Hauptstädte - Sozialkritik und Ästhetisierung, kubische Formensprache und Verismus überlagern sich. So ist Herbert Boeckl in Berlin anzutreffen, während Hauptwerke von Christian Schad in Wien entstehen. Diese Entwicklung wird in der Schau mit Werken von Otto Dix, Christian Schad, Rudolf Schlichter, George Grosz, Albert Paris Gütersloh, Anton Kolig und Rudolf Wacker verdeutlicht. Darüber hinaus wird die Bedeutung der miteinander konkurrierenden Kunstzeitschriften Aktion, Sturm und MA beleuchtet. Gezeigt werden Arbeiten von u. a. Max Beckmann, Rudolf Belling, Herbert Boeckl, Conrad Felixmüller, Helene Funke, George Grosz, Raoul Hausmann, Hannah Höch, Josef Hoffmann, Johannes Itten, Friedrich Kiesler, Ernst Ludwig Kirchner, Erika Giovanna Klien, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Lotte Laserstein, Max Liebermann, Jeanne Mammen, Ludwig Meidner, László Moholy-Nagy, Koloman Moser, Felix Nussbaum, Max Oppenheimer, Max Pechstein, Christian Schad, Egon Schiele, Arnold Schönberg, Franz Sedlacek, Renée Sintenis und Rudolf Wacker.

Wien - Berlin. Kunst zweier Metropolen ist eine Kooperation des Belvedere und der Berlinischen Galerie.

 

 

 

Informationen: http://www.belvedere.at

 

 

 

 

 

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