Diesmal geht's um mehr - 400 Millionen Europäer wählen das neue Europäische
Parlament und die neue EU-Exekutive
Brüssel (ep) - Der Countdown hat begonnen: Noch 100 Tage bis die ersten Wahllokale für die Europawahl
2014 öffnen. In der zweitgrößten demokratischen Wahl der Welt sind 400 Millionen Menschen aufgerufen,
ihre Stimme für das Europäische Parlament abzugeben. Die 751 Europa-Abgeordneten, die im Juli 2014 ihr
Mandat annehmen werden, werden in den kommenden fünf Jahren nicht nur über den Kurs der Europäischen
Politik bestimmen, sondern auch den Präsidenten der nächsten Europäischen Kommission wählen.
In Österreich sind am 25. Mai 2014 rund 63 Millionen Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, die 96 Abgeordneten
aus Deutschland für das Europäische Parlament zu wählen. Die Wählerinnen und Wähler in
Österreich entsenden 18 Abgeordnete ins Europäische Parlament.
Warum ist diese Europawahl anders?
Die neuen Kompetenzen des Europäischen Parlaments seit 2009 (Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon) sind
für alle sichtbar geworden, da Europa die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise bewältigt. Die Europa-Abgeordneten
haben mitgewirkt an der Gesetzgebung zu mehr Budgetdisziplin, um Pleite-Banken abwickeln zu können und um
die Bonus-Zahlungen an Banker zu begrenzen. Die Europawahl im Mai 2014 bietet somit die Möglichkeit für
die Bürgerinnen und Bürger daran mitzuwirken, ob der eingeschlagene Kurs verändert oder beibehalten
wird, um die Wirtschaftskrise zu bewältigen und bei vielen anderen Themen, die den Alltag der Menschen betrifft.
Zum ersten Mal wird die Zusammensetzung des neuen Europäischen Parlaments darüber bestimmen, wer die
nächste Europäische Kommission anführen wird. Nach den neuen Regeln (des Lissabon-Vertrages) müssen
die Staats- und Regierungschefs bei der Auswahl des Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten
das Ergebnis der Europawahl berücksichtigen. Das Europäische Parlament wählt den neuen Präsidenten
(oder Präsidentin) der Europäischen Kommission, der die absolute Mehrheit braucht (also die Hälfte
der Mitglieder, d.h. mindestens 376 Stimmen). Die Europäischen Parteien(familien) haben deshalb bereits -
oder tun dies noch - Spitzenkandidaten für die Europawahl benannt und ermöglichen den Wählerinnen
und Wählern somit, einen Einfluss auf den nächsten Kommissionspräsidenten zu haben.
Die neue politische Mehrheit, die sich aus der Europawahl ergibt, wird die EU-Gesetzgebung für die kommenden
fünf Jahre formen. Das Europäische Parlament - die einzige direkt gewählte EU-Institution - ist
zu einem Angelpunkt im Europäischen Entscheidungsfindungs-System geworden und ist mit den Regierungen der
Mitgliedsstaaten gleichberechtigter Gesetzgeber für praktisch alle EU-Gesetze. Die Wählerinnen und Wähler
haben bei dieser Europawahl mehr Einfluss als je zuvor.
Fraktionen
Gegenwärtig gibt es sieben Fraktionen im Europäischen Parlament, in ihnen sind insgesamt mehr als
160 verschiedene Parteien vertreten.
Zur Bildung einer Fraktion braucht es gemäß der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments
folgendes:
- die Abgeordneten müssen gemeinsame politische Grundüberzeugungen teilen
- es müssen mindestens 25 Abgeordnete sein
- die Abgeordneten müssen aus mindestens sieben verschiedenen EU-Staaten stammen
Abgeordnete, die sich keiner Fraktion anschließen (möchten), sind "fraktionslos".
Wahlgesetz
Es gibt europaweit einheitliche Grundsätze, nach denen die Europawahl abzulaufen haben, dazu zählt etwa
der Zeitraum der Wahl oder auch, dass die Europawahl frei und geheim und direkt ist. Jedoch sind letztlich die
Mitgliedsstaaten für die korrekte Organisation und den Ablauf der Wahl verantwortlich. So laufen die Wahlen
gemäß den politischen Traditionen der einzelnen Mitgliedsstaaten ab und diese bestimmen beispielsweise,
ab welchem Alter gewählt werden darf (in Österreich schon ab 16 Jahren, in Deutschland aber erst ab 18
Jahren) oder wie lange die Wahllokale geöffnet bleiben (in Deutschland von 8 Uhr bis 18 Uhr). In Belgien,
Zypern, Griechenland und Luxemburg herrscht übrigens Wahlpflicht.
Was das Europäische Parlament noch zu erledigen hat
Zwar richtet sich der Blick bereits auf die Europawahl im Mai 2014, doch bis dahin hat das Europäische Parlament
noch viele und teils auch sehr bedeutende Gesetzesvorhaben auf der Agenda. Die kommenden Plenarsitzungen (es sind
nur noch vier, darunter eine sehr kurze in Brüssel) sind vollgepackt mit Beratungen und Abstimmungen etwa
zur Banken-Union, zum Abwicklungsmechanismus für strauchelnde Banken, zur Mindesteinlagen-Sicherung, zum Telekom-Paket,
zu Lebensmittel- und Tiergesundheitskontrollen, zum Datenschutz, zu den Hafen-Dienstleistungen, zum Eisenbahn-Paket
oder auch den Regeln für die zivile Luftraum-Überwachung. Das Europäische Parlament muss zudem noch
über die CO2-Emissionen für Neuwagen abstimmen, die Tabak-Richtlinie beschließen sowie über
weitere Regulierungen für Finanzmarktprodukte. Auch stehen noch an die weiteren Debatten rund um den NSA-Abhörskandal
und die Arbeit der "Troika".
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