Stellungnahme des Bundespräsidenten
Dr. Heinz Fischer zum 80. Jahrestag der Tragödie vom 12. Februar 1934
Wien (hofburg) - "Die Wahrheit ist zumutbar und das Bekenntnis zur Versöhnung ein Zeichen von
Reife und Stärke" Das Aufflammen des kurzen aber blutigen Bürgerkrieges vom Februar 1934 war eine
politische und menschliche Katastrophe ersten Ranges mit einer Vielzahl von Ursachen und Auswirkungen.
Das menschliche Leid, das damals entstanden ist, verdient auch heute noch unsere Aufmerksamkeit und Anteilnahme.
Besonders gewichtige Ursachen dieser Katastrophe waren die Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung allzu vieler Menschen
in einem von den Folgen des Ersten Weltkrieges schwer gezeichneten Land, das seine Identität noch nicht gefunden
hatte und in dem es tiefe politische Gräben gab.
Dazu kam großer politischer Druck von Mussolini aus Italien und von Hitler aus Deutschland, wobei Gewalt
immer mehr als wirksames Mittel in politischen Auseinandersetzungen betrachtet wurde, während die Bereitschaft
zu Kompromissen als Zeichen von Schwäche galt.
Die Komplexität dieser und anderer Ursachen, die zu der Tragödie des Februar 1934 geführt haben,
macht es notwendig, auch bei der Suche nach Schuld und Verantwortung viele Aspekte zu berücksichtigen.
Allein mit den Farben Schwarz und Weiß oder mit den Worten schuldig oder unschuldig kann ein historisch fundiertes
Urteil nicht gefällt werden.
Was allerdings auch aus der großen zeitlichen Distanz von 80 Jahren als schwere und unübersehbare Schuld
bezeichnet werden muss, ist die Tatsache, dass der damalige Bundeskanzler Dollfuß und die von ihm geführte
Regierung nicht nur im Jahre 1933 in verfassungswidriger Weise den Nationalrat und den Verfassungsgerichtshof eliminiert
haben, sondern auch in den Tagen des Bürgerkrieges vom Februar 1934 mit Kanonen auf Wohnhäuser schießen
und mit Hilfe des Standrechtes politische Gegner hinrichten ließen.
Zu den Folgen dieses auf die Schaffung eines Einparteienstaates zielenden Vorgehens zählte die Tatsache, dass
die Chance Österreichs, sich gegenüber dem Druck des nationalsozialistischen Deutschland zu behaupten,
nicht vergrößert sondern vielmehr reduziert und geschwächt wurde.
Dollfuß selbst ist bekanntlich im Zuge eines Putschversuches der Nationalsozialisten wenige Monate nach dem
Februar 1934 den Kugeln eines Mörders zum Opfer gefallen.
Vor diesem historischen Hintergrund muss es umso positiver beurteilt werden, dass ein gemeinsames Gedenken an die
Irrungen, Verfehlungen und politischen Sünden der Ersten Republik möglich ist, dem der Gedanke der Versöhnung
zugrunde liegt.
Die Basis für ein solches gemeinsames Gedenken wurde nicht zuletzt dadurch geschaffen, dass die aus Krieg
und Diktatur hervorgegangene Zweite Republik Österreich aus vielen Fehlern der Ersten Republik gelernt hat,
politischer Gewalt abgeschworen hat und das Bekenntnis zu politischem Pluralismus, zu demokratischem Wettbewerb
aber auch zu einer vernünftigen politischen Zusammenarbeit zu Grundprinzipien der Zweiten Republik gemacht
hat.
Nachdem 80 Jahre nach den blutigen Ereignissen des Februar 1934 zwar noch Narben vorhanden sind, aber die Wunden
im Laufe der Jahrzehnte weitgehend verheilt sind, ist heute folgendes Resümee möglich:
"Ereignisse wie jene in den Jahren 1933 und 1934 dürfen sich nie und unter keinen Umständen wiederholen",
so der Bundespräsident.
Wir haben die Pflicht, unsere Kenntnisse über die Entwicklung der Ersten Republik weiter zu vertiefen, alle
Fakten, die zur Tragödie des Februar 1934 und zur Vernichtung der Demokratie geführt haben, offen zu
legen und auch die weitere Entwicklung bis hin zum so genannten Anschluss im März 1938 mit schonungsloser
Offenheit und wissenschaftlicher Gründlichkeit zu beleuchten.
Gleichzeitig haben die vergangenen acht Jahrzehnte ausgereicht, um Gräben aus dieser Zeit weitgehend zuzuschütten,
eine gemeinsame Österreichische Identität zu entwickeln und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit im Interesse
der Zukunft unseres Landes auf der Basis von demokratischen und rechtsstaatlichen Strukturen zu festigen.
"Die Wahrheit ist zumutbar und das Bekenntnis zur Versöhnung ein Zeichen von Reife und Stärke",
bekräftige der Bundespräsident.
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LH Pühringer: Bekenntnis zur Demokratie…
… und Pflege einer politischen Kultur des Dialogs sind wichtigste Lehren aus dieser Tragödie –
Buchpräsentation "14 Tage in Oberösterreich: 5. bis 18. Februar 1934
Linz (lk) - "Der 12. Februar 1934 gehört zu den tragischsten Gedenktagen unserer jüngeren
Geschichte", erklärt heute Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer. Ausgehend von Linz haben damals
Oberösterreicher auf Oberösterreicher geschossen. Das mache die Februartage des Jahres 1934 zu einer
wirklichen Tragödie.
"Uns muss bewusst sein, dass die Gewalt des Februars 1934 grundgelegt war im Versagen politischer und gesellschaftlicher
Eliten, die tiefe Risse in der Gesellschaft während der Ersten Republik verursacht oder nicht verhindert haben,
diese Risse mündeten schließlich in die Eskalation der Gewalt.
Damit hat dieses Datum auch im 21. Jahrhundert noch große Bedeutung: Es muss betroffen machen, dass eine
politische Kultur des Dialoges, wie wir sie heute kennen und pflegen, kein Bestandteil der Ersten Republik gewesen
ist. Es wurden Feindbilder in die Politik gezerrt, mit denen eine Demokratie und eine tolerante Gesellschaft auf
Dauer nicht leben kann. Die Folgen davon waren Sprachlosigkeit und die völlige Unfähigkeit zur Zusammenarbeit
der politischen Lager.
Die drückenden ökonomischen Probleme durch die Weltwirtschaftskrise ab 1929 und die damit verbundene
Massenarbeitslosigkeit waren eine weitere schwere Hypothek für die Erste Republik. Historiker schätzen,
dass 1933/34 jeder dritte Erwerbsfähige ohne Arbeit gewesen ist. Hetzern und Radikalen war es in diesem Umfeld
ein Leichtes, ihrer Anhängerschaft einzureden, das jeweils andere Lager sei für die Situation im Land
verantwortlich. Gedenktage wie dieser sind daher nicht nur Erinnerungstage, sondern auch Mahnung und Auftrag, aus
der Vergangenheit die richtigen Lehren zu ziehen:
- Der politische Dialog darf nie wieder abreißen. Waffengewalt darf nie wieder
das Wort als Mittel der politischen Auseinandersetzung ersetzen.
- Die Politik muss alles tun, um Arbeitslosigkeit zu verhindern, denn dies ist
der Nährboden für politische Unzufriedenheit und fördert radikale Kräfte.
- Die Demokratie ist nicht vollkommen, aber es gibt keine vernünftige Alternative
zu ihr.
- Politik braucht Kultur. Eine Kultur des Dialogs und eines vernünftigen Mitteinanders.
Das gilt in den Regierungen, aber auch für das Verhältnis von Regierung zur Opposition. Politik braucht
Anstand, auch in Zeiten harter politischer Auseinandersetzung."
Buchpräsentation im Braunen Saal
Ein Buchprojekt des Landesarchivs "14 Tage in Oberösterreich: 5. bis 18. Februar 1934" wurde am
11.02. der Öffentlichkeit präsentiert. Es soll die Ereignisse dieser Tage als Teil unserer Vergangenheit
begreiflich machen. Es stellt die chronologischen Ereignisse dar und will durch ungewöhnliche Gestaltung und
leicht 'konsumierbare' Darstellung auch bei historischen Einsteigern Interesse dafür wecken, was damals in
der engeren Heimat passiert ist.
"Denn auch die Erste Republik, ihre Fehlentwicklungen und ihr letztliches Scheitern sind Teil unserer Geschichte.
Wir müssen daher auch dieses Kapitel immer wieder aufschlagen, Spuren sichern und zeitgemäß vermitteln",
so Pühringer.
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Meidling: Tafel-Enthüllung und "Februar 1934"-Schau
Gedenken am Friedhof (12.2.) und im Museum (13.2.-23.4.)
Wien (rk) - Am Mittwoch, 12. Februar, lädt der Kultur-Verein "Meidlinger Kulturkreis" zur
Enthüllung von Gedenktafeln an die Opfer der Februarkämpfe von 1934 ein. Die Veranstaltung findet auf
dem Meidlinger Friedhof (12., Eibesbrunnergasse, Neuer Teil, beim Urnenhain) statt und ist frei zugänglich.
Ab 10.00 Uhr spricht die Bezirksvorsteherin des 12. Bezirkes und Präsidentin des "Meidlinger Kulturkreises",
Gabriele Votava, zu den Anwesenden. Die Eröffnung einer Klein-Ausstellung mit dem Titel "Februar 1934
in Meidling (...hört die Signale...)" im Bezirksmuseum Meidling (12., Längenfeldgasse 13-15) nimmt
das Bezirksoberhaupt am Donnerstag, 13. Februar, um 18.30 Uhr, vor.
Am Eröffnungsabend wird in den Museumsräumen eine Gedenkfeier abgehalten, bei der Josef Fiala sein Buch
"Die Februarkämpfe in Wien-Meidling und Liesing" präsentiert und der Musikus Chris Peterka
für die melodiöse Umrahmung sorgt. Die Schau läuft bis Mittwoch, 23. April. 13 Tafeln mit eindrucksvollen
Bildern und aufschlussreichen Texten erinnern an das Geschehen im Februar 1934 in Meidling. Das Museum ist Sonntag
(9.30 bis 11.30 Uhr) und Mittwoch (9.00 bis 12.00 Uhr, 16.00 bis 18.00 Uhr) bei freiem Eintritt geöffnet.
Allgemeine Informationen: http://www.bezirksmuseum.at
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