Klosterneuburg (stift) - Ein neu gestaltetes Fastentuch für den barocken Hochaltar der Stiftskirche soll
auch künftige Generationen an das Jubiläumsjahr 2014 erinnern. Aus einem Wettbewerb für den Entwurf
des Fastentuchs ging der Entwurf des in Klosterneuburg lebenden Künstlers Ernst Ferdinand Wondrusch als Sieger
hervor.
Vor dreihundert Jahren, 1714, wurde das sechshundertjährige Jubiläum der Grundsteinlegung des Stiftes
mit barockem Pomp gefeiert. Mehrere Triumphpforten wurden errichtet und in einer mit großformatigen Stichen
ausgestatteten Festschrift der Nachwelt überliefert. Zudem entstand die Schleiermonstranz, ein Meisterwerk
barocker Goldschmiedekunst. In diese Tradition wollte sich das Stift auch heuer einreihen und Kunstwerke in Auftrag
geben, die auch nachfolgenden Generationen ein Zeugnis von den Jubiläumsfeiern 2014 geben sollen. Nicht der
Reichtum an Material sollte im Mittelpunkt stehen, sondern der geistige Gehalt. Gefragt waren Kunstwerke, die der
Gestaltung des Gottesdienstes dienen und die deutlich die künstlerische Sprache ihrer Entstehungszeit sprechen.
Diese Idee stand am Anfang eines künstlerischen Wettbewerbs für die Gestaltung eines Fastentuchs für
den Hochaltar der Stiftskirche.
Aus einem Wettbewerb für den Entwurf des Fastentuchs ging der Entwurf des in Klosterneuburg lebende Künstlers
Ernst Ferdinand Wondrusch als Sieger hervor. Die abstrakte Gestaltung bezieht das Kreuzsymbol mit ein und enthält
auch Elemente, die die Dreifaltigkeit symbolisieren. Da die Atelierräumlichkeiten des Künstlers für
das geforderte Format (8,50 x 4,20 m) zu klein waren, entstand das Werk in dreimonatiger Arbeit auf einem der Gänge
des Stiftes in altmeisterlicher Lasurtechnik mit Acrylfarben auf Leinwand.
Fastentücher – Geschichte und Bedeutung
Seit über tausend Jahren ist es Tradition, die Kreuze und Altäre in der Fastenzeit zu verhüllen.
Der Versuch, den Hintergrund dieses Brauches zu erhellen, ist ein vierfacher:
- Der Gekreuzigte war auf den Kreuzesdarstellungen der Romanik nicht der leidende,
geschundene Christus, sondern der Triumphierende, über den Tod Siegende. Da in der Fastenzeit die Passion,
das Leiden Jesu im Vordergrund stehen sollte, hat man diese Darstellungen mit Tüchern verhüllt.
- Büßer wurden in der alten Kirche von der Feier der Eucharistie für
eine gewisse Zeit ausgeschlossen. In der Fastenzeit, die ja auch österliche Bußzeit genannt wird, stellen
sich alle Christen vor Gott als Büßer hin. Der verdeckte Altar ahmt dabei den Ausschluss von der Eucharistie
nach.
- Die synoptischen Evangelien berichten, dass der Vorhang im Tempel im Augenblick
des Todes Jesu entzwei riss (Mt 27,51; Mk 15,38; Lk 23,45). Das vor dem Altar hängende Tuch symbolisiert den
Vorhang im Jerusalemer Tempel. Es wurde am Mittwoch in der Karwoche, am Karfreitag oder vor der Ostervigil abgenommen,
um die Befreiung aus Sünde und Tod durch den Kreuzestod Jesu anzudeuten.
- Fasten heißt nicht nur Enthaltung von Speise und Trank. Die Verhüllung
der prächtigen Altäre bringt auch das Auge zum Fasten.
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