Verhaltenes Wirtschaftswachstum…

 

erstellt am
21. 02. 14
11.30 MEZ

…hohe Arbeitslosigkeit und Budgetkonsolidierung prägen mittelfristig die Wirtschaftsentwicklung
Wien (wifo) - Für die Periode 2014 bis 2018 erwartet das WIFO ein durchschnittliches Wachstum der österreichischen Wirtschaft von real 1,8% p. a. Es wird damit weiterhin höher sein als im Durchschnitt des Euro-Raumes (+1,5% p. a.). Die Verlangsamung gegenüber dem Jahrzehnt vor der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise ist auf die unverändert verhaltene Entwicklung des privaten Konsums, die gedämpfte Investitionsbereitschaft der Unternehmen und die Maßnahmen zur Eindämmung der öffentlichen Verschuldung zurückzuführen. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt angespannt: Zwar nimmt die Beschäftigung weiter zu, jedoch reicht der Zuwachs von 0,8% p. a. nicht aus, um einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern. Bis 2015 dürfte sich die Arbeitslosenquote auf 7,9% erhöhen und bis zum Ende der Prognoseperiode nur langsam auf 7,7% zurückgehen. Ein ausgeglichener Staatshaushalt - sowohl strukturell als auch nach der Definition von Maastricht - kann durch das in der Prognose unterstellte strukturelle Konsolidierungsszenario nicht erreicht werden.

Verhaltenes Wirtschaftswachstum - kaum Verringerung der Arbeitslosigkeit
Nach der Wachstumsdelle von Ende 2012 bis Mitte 2013 dürfte die österreichische Wirtschaft über den Prognosezeitraum 2014/2018 um 1,8% p. a. expandieren. Damit wird ein positives Wachstumsdifferential gegenüber dem Euro-Raum von durchschnittlich 1/4 Prozentpunkt p. a. erhalten bleiben. Die Ursachen des österreichischen Wachstumsvorsprunges liegen u. a. in der Nähe zu den wieder stärker wachsenden Märkten Ostmittel- und Südosteuropas und dem damit verbundenen höheren Exportwachstum, einem noch steigenden Arbeitskräfteangebot und den in den letzten Jahren verstärkten Aufwendungen für Forschung und Entwicklung.

Das Trendwachstum wird in Österreich 1,6% p. a. betragen und ist damit zwar um 0,7 Prozentpunkte höher als in den fünf Jahren nach der Finanzmarktkrise, jedoch weiterhin schwächer als in den Jahren vor Ausbruch der Krise. Die österreichische Wirtschaft befindet sich noch immer in einer Phase der konjunkturbedingten Unterauslastung. Die Outputlücke (relative Abweichung des tatsächlichen Outputs vom Trend-Output) bleibt im gesamten Prognosezeitraum negativ, sie verringert sich aber von -0,8% im Jahr 2013 auf -0,2% 2018.

Die Belebung des Welthandels bewirkt eine Zunahme der österreichischen Exporte um durchschnittlich 5,7% pro Jahr, die damit geringer ist als in den 10 Jahren vor der Krise 2009. Da die Importe mit durchschnittlich +5,5% p. a. etwas schwächer zunehmen, wird der Außenbeitrag das heimische Wirtschaftswachstum stützen.

Die Ausrüstungsinvestitionen (+3,7% p. a.) werden sich dank steigender Absatzerwartungen im Ausland und niedriger Zinssätze erholen. Das Bevölkerungswachstum und der Anstieg der Zahl der privaten Haushalte sowie die Konjunkturerholung sollten die Wohnbauinvestitionen stützen. Dem steht ein durch den Konsolidierungsdruck der öffentlichen Haushalte getrübter mittelfristiger Ausblick für den Tiefbau gegenüber. Die gesamte Bautätigkeit entwickelt sich daher nur sehr mäßig (2014/2018 +1,0% p. a.).

Das reale verfügbare Einkommen wächst über den Prognosezeitraum mit +1,6% p. a. um 2 Prozentpunkte stärker als im Durchschnitt 2009/2013. Die seit dem Ausbruch der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise beobachtete Konsumzurückhaltung der Haushalte hält an, der private Konsum wird 2014/2018 real um 1,1% pro Jahr ausgeweitet werden. Die geplante Anhebung der Familienbeihilfe in den Jahren 2014, 2016 und 2018 sollte den privaten Konsum etwas stärken. Dennoch fließt der Anstieg der verfügbaren Einkommen nur unterdurchschnittlich in den Konsum und wird auch zu vermehrter Ersparnisbildung genutzt. Die Sparquote sank infolge der Finanzmarktkrise um 4,5 Prozentpunkte auf 6,7% im Jahr 2011. Im Prognosezeitraum wird sie deutlich angehoben und nähert sich 2018 mit 8,7% dem langjährigen Durchschnitt.

Die leichte Expansion der Wirtschaftsleistung ermöglicht zwar eine Ausweitung der Beschäftigung (+0,8% im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2018), der Zuwachs beschränkt sich aber auf den privaten Sektor, während aufgrund der Budgetkonsolidierungsmaßnahmen mit einem leichten Rückgang der Zahl der öffentlich Bediensteten gerechnet wird. Der Anstieg des Arbeitskräfteangebotes (+0,8% p. a.) resultiert in den kommenden Jahren vor allem aus einer Zunahme der Zahl der ausländischen Arbeitskräfte, der anhaltenden Ausweitung der Frauenerwerbsbeteiligung und der Verschärfung der Eintrittsbedingungen für die Früh- bzw. Invaliditätspension. Die Zahl der Arbeitslosen wird bis zum Jahr 2015 auf knapp 305.000 steigen (+17.400 gegenüber 2013), sodass sich eine Arbeitslosenquote von 7,9% der unselbständigen Erwerbspersonen (AMS-Definition) bzw. 5,2% der Erwerbspersonen (Eurostat-Definition) ergibt. Bis 2018 sollte die Arbeitslosenquote auf 7,7% zurückgehen, die Zahl der Arbeitslosen bleibt mit gut 300.000 aber weiterhin sehr hoch.

Die gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten, die wichtigste Determinante des inländischen Kostendruckes, erhöhen sich 2014/2018 um 1,5% p. a., und die Bruttoreallöhne pro Kopf steigen jährlich um 0,5%. Damit nimmt die Differenz zur Entwicklung der Arbeitsproduktivität von 0,4 Prozentpunkten im Jahr 2014 auf 0,2 Prozentpunkte im Jahr 2018 etwas ab, der Rückgang in der Lohnquote verlangsamt sich. In diesem Umfeld sollte der Preisauftrieb verhalten bleiben. Für die Periode 2014/2018 wird mit einem Anstieg der Verbraucherpreise von durchschnittlich 1,9% p. a. gerechnet.

Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts ab 2016 prägt Budgetpolitik

Das Ziel, im Jahr 2016 einen strukturell nahezu ausgeglichenen Haushalt zu erreichen (definiert als strukturelles Defizit von höchstens 0,5% des BIP), bestimmt die österreichische Budgetpolitik in den kommenden Jahren. Die systematische Evaluierung der Entwicklung des Bundeshaushaltes bis 2018 durch das BMF im November 2013 ("Kassasturz") zeigte, dass dieser strukturelle Haushaltsausgleich bis 2016 nicht ohne weitere Konsolidierungsschritte erreicht werden kann.

Die grundlegenden Annahmen der Prognose für den Staatshaushalt fußen auf dem Regierungsprogramm vom Dezember 2013, dem Entwurf zum Abgabenänderungsgesetz und den Ergebnissen der Regierungsklausur vom Jänner 2014. Für das Jahr 2014 wird ein strukturell wirksames Konsolidierungsvolumen von 2 Mrd. Euro unterstellt, wobei sich die Maßnahmen je zur Hälfte aus Abgabenerhöhungen und Ausgabensenkungen zusammensetzen. Ab 2015 werden weitere, überwiegend ausgabenseitige Einsparungsmaßnahmen von 1 Mrd. Euro angenommen. Für die Jahre 2016 bis 2018 wird unterstellt, dass dieses Maßnahmenbündel beibehalten wird.

Der Finanzierungssaldo nach Maastricht-Definition wird in den Jahren 2014 bis 2018 neben strukturellen Konsolidierungsanstrengungen auch maßgeblich von Kapitaltransfers an notverstaatlichte Banken bestimmt. In der Prognose werden dafür von 2014 bis 2018 insgesamt 5,8 Mrd. Euro angenommen. Die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG (Anstaltslösung, "Bad Bank") konnten in der Prognose nicht berücksichtigt werden. Je nach Ausgestaltung der "Bad Bank" können sich das Maastricht-Defizit und die Verschuldung des Gesamtstaates gegenüber der vorliegenden Prognose deutlich erhöhen. Das strukturelle Defizit, welches um zyklische Effekte und Einmalmaßnahmen bereinigt ist, sollte davon aber unberührt bleiben.

In der Prognose berücksichtigt sind auch die Wirkungen von einmaligen Steuermehreinnahmen aus einem bilateralen Steuerabkommen mit Liechtenstein (2014 rund 0,5 Mrd. Euro) und eine Erhöhung der Familienbeihilfe in den Jahren 2014, 2016 und 2018 (insgesamt 0,83 Mrd. Euro). Die Prognose unterstellt weiters, dass Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer im gesamten Prognosezeitraum nicht realisiert werden können (im Stabilitätsprogramm vom April 2013 wurden sie mit 0,5 Mrd. Euro pro Jahr ab 2014 veranschlagt).

Ein Ausgleich des Staatshaushaltes (sowohl strukturell als auch nach der Definition laut Maastricht-Vertrag) kann daher unter den gegebenen Wachstumsaussichten und im oben beschriebenen Konsolidierungsszenario nicht erreicht werden. Unter den beschriebenen Annahmen wird für 2016 mit einem strukturellen Haushaltsdefizit von 0,8% des BIP gerechnet. Im Jahr 2018 dürften das Maastricht-Defizit bei 1,0% des BIP und das strukturelle Defizit bei 0,8% des BIP liegen.

 

 

 

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