…hohe Arbeitslosigkeit und Budgetkonsolidierung prägen mittelfristig die Wirtschaftsentwicklung
Wien (wifo) - Für die Periode 2014 bis 2018 erwartet das WIFO ein durchschnittliches Wachstum der österreichischen
Wirtschaft von real 1,8% p. a. Es wird damit weiterhin höher sein als im Durchschnitt des Euro-Raumes (+1,5%
p. a.). Die Verlangsamung gegenüber dem Jahrzehnt vor der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise ist auf die unverändert
verhaltene Entwicklung des privaten Konsums, die gedämpfte Investitionsbereitschaft der Unternehmen und die
Maßnahmen zur Eindämmung der öffentlichen Verschuldung zurückzuführen. Die Lage auf dem
Arbeitsmarkt bleibt angespannt: Zwar nimmt die Beschäftigung weiter zu, jedoch reicht der Zuwachs von 0,8%
p. a. nicht aus, um einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern. Bis 2015 dürfte sich die Arbeitslosenquote
auf 7,9% erhöhen und bis zum Ende der Prognoseperiode nur langsam auf 7,7% zurückgehen. Ein ausgeglichener
Staatshaushalt - sowohl strukturell als auch nach der Definition von Maastricht - kann durch das in der Prognose
unterstellte strukturelle Konsolidierungsszenario nicht erreicht werden.
Verhaltenes Wirtschaftswachstum - kaum Verringerung der Arbeitslosigkeit
Nach der Wachstumsdelle von Ende 2012 bis Mitte 2013 dürfte die österreichische Wirtschaft über
den Prognosezeitraum 2014/2018 um 1,8% p. a. expandieren. Damit wird ein positives Wachstumsdifferential gegenüber
dem Euro-Raum von durchschnittlich 1/4 Prozentpunkt p. a. erhalten bleiben. Die Ursachen des österreichischen
Wachstumsvorsprunges liegen u. a. in der Nähe zu den wieder stärker wachsenden Märkten Ostmittel-
und Südosteuropas und dem damit verbundenen höheren Exportwachstum, einem noch steigenden Arbeitskräfteangebot
und den in den letzten Jahren verstärkten Aufwendungen für Forschung und Entwicklung.
Das Trendwachstum wird in Österreich 1,6% p. a. betragen und ist damit zwar um 0,7 Prozentpunkte höher
als in den fünf Jahren nach der Finanzmarktkrise, jedoch weiterhin schwächer als in den Jahren vor Ausbruch
der Krise. Die österreichische Wirtschaft befindet sich noch immer in einer Phase der konjunkturbedingten
Unterauslastung. Die Outputlücke (relative Abweichung des tatsächlichen Outputs vom Trend-Output) bleibt
im gesamten Prognosezeitraum negativ, sie verringert sich aber von -0,8% im Jahr 2013 auf -0,2% 2018.
Die Belebung des Welthandels bewirkt eine Zunahme der österreichischen Exporte um durchschnittlich 5,7% pro
Jahr, die damit geringer ist als in den 10 Jahren vor der Krise 2009. Da die Importe mit durchschnittlich +5,5%
p. a. etwas schwächer zunehmen, wird der Außenbeitrag das heimische Wirtschaftswachstum stützen.
Die Ausrüstungsinvestitionen (+3,7% p. a.) werden sich dank steigender Absatzerwartungen im Ausland und niedriger
Zinssätze erholen. Das Bevölkerungswachstum und der Anstieg der Zahl der privaten Haushalte sowie die
Konjunkturerholung sollten die Wohnbauinvestitionen stützen. Dem steht ein durch den Konsolidierungsdruck
der öffentlichen Haushalte getrübter mittelfristiger Ausblick für den Tiefbau gegenüber. Die
gesamte Bautätigkeit entwickelt sich daher nur sehr mäßig (2014/2018 +1,0% p. a.).
Das reale verfügbare Einkommen wächst über den Prognosezeitraum mit +1,6% p. a. um 2 Prozentpunkte
stärker als im Durchschnitt 2009/2013. Die seit dem Ausbruch der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise beobachtete
Konsumzurückhaltung der Haushalte hält an, der private Konsum wird 2014/2018 real um 1,1% pro Jahr ausgeweitet
werden. Die geplante Anhebung der Familienbeihilfe in den Jahren 2014, 2016 und 2018 sollte den privaten Konsum
etwas stärken. Dennoch fließt der Anstieg der verfügbaren Einkommen nur unterdurchschnittlich in
den Konsum und wird auch zu vermehrter Ersparnisbildung genutzt. Die Sparquote sank infolge der Finanzmarktkrise
um 4,5 Prozentpunkte auf 6,7% im Jahr 2011. Im Prognosezeitraum wird sie deutlich angehoben und nähert sich
2018 mit 8,7% dem langjährigen Durchschnitt.
Die leichte Expansion der Wirtschaftsleistung ermöglicht zwar eine Ausweitung der Beschäftigung (+0,8%
im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2018), der Zuwachs beschränkt sich aber auf den privaten Sektor, während
aufgrund der Budgetkonsolidierungsmaßnahmen mit einem leichten Rückgang der Zahl der öffentlich
Bediensteten gerechnet wird. Der Anstieg des Arbeitskräfteangebotes (+0,8% p. a.) resultiert in den kommenden
Jahren vor allem aus einer Zunahme der Zahl der ausländischen Arbeitskräfte, der anhaltenden Ausweitung
der Frauenerwerbsbeteiligung und der Verschärfung der Eintrittsbedingungen für die Früh- bzw. Invaliditätspension.
Die Zahl der Arbeitslosen wird bis zum Jahr 2015 auf knapp 305.000 steigen (+17.400 gegenüber 2013), sodass
sich eine Arbeitslosenquote von 7,9% der unselbständigen Erwerbspersonen (AMS-Definition) bzw. 5,2% der Erwerbspersonen
(Eurostat-Definition) ergibt. Bis 2018 sollte die Arbeitslosenquote auf 7,7% zurückgehen, die Zahl der Arbeitslosen
bleibt mit gut 300.000 aber weiterhin sehr hoch.
Die gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten, die wichtigste Determinante des inländischen Kostendruckes,
erhöhen sich 2014/2018 um 1,5% p. a., und die Bruttoreallöhne pro Kopf steigen jährlich um 0,5%.
Damit nimmt die Differenz zur Entwicklung der Arbeitsproduktivität von 0,4 Prozentpunkten im Jahr 2014 auf
0,2 Prozentpunkte im Jahr 2018 etwas ab, der Rückgang in der Lohnquote verlangsamt sich. In diesem Umfeld
sollte der Preisauftrieb verhalten bleiben. Für die Periode 2014/2018 wird mit einem Anstieg der Verbraucherpreise
von durchschnittlich 1,9% p. a. gerechnet.
Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts ab 2016 prägt Budgetpolitik
Das Ziel, im Jahr 2016 einen strukturell nahezu ausgeglichenen Haushalt zu erreichen (definiert als strukturelles
Defizit von höchstens 0,5% des BIP), bestimmt die österreichische Budgetpolitik in den kommenden Jahren.
Die systematische Evaluierung der Entwicklung des Bundeshaushaltes bis 2018 durch das BMF im November 2013 ("Kassasturz")
zeigte, dass dieser strukturelle Haushaltsausgleich bis 2016 nicht ohne weitere Konsolidierungsschritte erreicht
werden kann.
Die grundlegenden Annahmen der Prognose für den Staatshaushalt fußen auf dem Regierungsprogramm vom
Dezember 2013, dem Entwurf zum Abgabenänderungsgesetz und den Ergebnissen der Regierungsklausur vom Jänner
2014. Für das Jahr 2014 wird ein strukturell wirksames Konsolidierungsvolumen von 2 Mrd. Euro unterstellt,
wobei sich die Maßnahmen je zur Hälfte aus Abgabenerhöhungen und Ausgabensenkungen zusammensetzen.
Ab 2015 werden weitere, überwiegend ausgabenseitige Einsparungsmaßnahmen von 1 Mrd. Euro angenommen.
Für die Jahre 2016 bis 2018 wird unterstellt, dass dieses Maßnahmenbündel beibehalten wird.
Der Finanzierungssaldo nach Maastricht-Definition wird in den Jahren 2014 bis 2018 neben strukturellen Konsolidierungsanstrengungen
auch maßgeblich von Kapitaltransfers an notverstaatlichte Banken bestimmt. In der Prognose werden dafür
von 2014 bis 2018 insgesamt 5,8 Mrd. Euro angenommen. Die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Hypo
Alpe-Adria-Bank International AG (Anstaltslösung, "Bad Bank") konnten in der Prognose nicht berücksichtigt
werden. Je nach Ausgestaltung der "Bad Bank" können sich das Maastricht-Defizit und die Verschuldung
des Gesamtstaates gegenüber der vorliegenden Prognose deutlich erhöhen. Das strukturelle Defizit, welches
um zyklische Effekte und Einmalmaßnahmen bereinigt ist, sollte davon aber unberührt bleiben.
In der Prognose berücksichtigt sind auch die Wirkungen von einmaligen Steuermehreinnahmen aus einem bilateralen
Steuerabkommen mit Liechtenstein (2014 rund 0,5 Mrd. Euro) und eine Erhöhung der Familienbeihilfe in den Jahren
2014, 2016 und 2018 (insgesamt 0,83 Mrd. Euro). Die Prognose unterstellt weiters, dass Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer
im gesamten Prognosezeitraum nicht realisiert werden können (im Stabilitätsprogramm vom April 2013 wurden
sie mit 0,5 Mrd. Euro pro Jahr ab 2014 veranschlagt).
Ein Ausgleich des Staatshaushaltes (sowohl strukturell als auch nach der Definition laut Maastricht-Vertrag) kann
daher unter den gegebenen Wachstumsaussichten und im oben beschriebenen Konsolidierungsszenario nicht erreicht
werden. Unter den beschriebenen Annahmen wird für 2016 mit einem strukturellen Haushaltsdefizit von 0,8% des
BIP gerechnet. Im Jahr 2018 dürften das Maastricht-Defizit bei 1,0% des BIP und das strukturelle Defizit bei
0,8% des BIP liegen.
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