SteuerzahlerInnen sollen nicht für Kosten
der Abwicklung aufkommen müssen – Vorerst kein Untersuchungsausschuss zur Hypo
Wien (pk) - Den "Schutz der Steuerzahler vor dem Totalversagen der Bundesregierung" haben die
Grünen zum Thema der Sondersitzung des Nationalrats vom 17.02. gemacht. Abgeordneter Werner Kogler kritisierte,
dass die Bundesregierung seit Jahren in der Causa der Hypobank Alpe Adria (HAA), dem nach seinen Worten "größten
Finanzverbrechen der Zweiten Republik", völlig versagt habe. Ihr jahrelang praktiziertes Nichthandeln
laufe insgesamt auf Insolvenzverschleppung hinaus, so sein Vorwurf. Nur eine geordnete Teilinsolvenz könne
nun verhindern, dass die SteuerzahlerInnen für das Versagen der Kontrollorgane und die unverantwortlichen
Handlungen der früheren Eigentümer der Bank geradestehen müssten.
In einer 73 Punkte umfassenden Dringlichen Anfrage an Finanzminister Michael Spindelegger wollte Kogler vom Finanzminister
Details über die Kontrolltätigkeit der Notenbank und der Finanzmarktaufsicht (FMA) und das Vorgehen des
Finanzministeriums erfragen. Weitere Fragen betrafen die Haftungen des Landes Kärnten, die 900 Mio. € Partizipationskapital
an Steuergeldern für die Hypo Alpe Adria im Jahr 2008 und die Vorgänge rund um die Verstaatlichung im
Jahr 2009. Kogler interessierte sich auch für das Zustandekommen der Besetzung der "Task Force"
und fragte, warum die Bad Bank nicht schon Jahre früher umgesetzt worden sei. Er wollte vom Finanzminister
auch Details zu den Verpflichtungen der Voreigentümer und den Abwicklungsvarianten für die Hypo erfahren.
Besonders interessierte er sich für die Vor- und Nachteile einer geordneten Insolvenz. Kogler thematisiert
auch Zustandekommen und Kosten der Beraterverträge und verlangte Auskunft über die budgetären Auswirkungen,
die eine Abwicklungseinheit für das Budget haben wird.
Finanzminister Michael Spindelegger konterte, die Bundesregierung beschäftige sich bei der Aufarbeitung des
Milliardendesaster nicht mit Polemik, sondern damit, Lösungen zu finden. Die Vorwürfe mangelnder Kontrolle
durch die Aufsichtsorgane wies er zurück. Die Bank sei als systemrelevant eingestuft worden und werde nun
in geordneter Weise abgewickelt. Jetzt stehe die Umsetzung des so genannten Anstaltsmodells an. Spindelegger lud
die Opposition ein, sich an der Lösungsfindung zu beteiligen.
Kogler: Schadensverursacher für das Hypo-Debakel zur Kassa bitten
Abgeordneter Kogler leitete die Begründung seiner Anfrage damit ein, dass er auf die Notwendigkeit eines Untersuchungsausschusses
zur Causa Hypo hinwies. Nur so sei ein Neustart möglich. Er forderte die Beteiligung der Regierungsparteien
an dieser Aufarbeitung ein, sie müssten aufhören, die notwendige Aufklärungsarbeit weiter zu behindern,
sagte Kogler. Er sah die Verantwortung dabei vor allem bei der ÖVP, welche offenbar befürchte, dass ihre
Parteifinanzierung und die Rolle des Raiffeisen-Konzerns durchleuchtet werde.
Kogler meinte, es sei schlichtweg nicht einzusehen, warum jetzt eine Hypo-Lösung ins Auge gefasst werde, welche
ausschließlich die SteuerzahlerInnen für das "größte Finanzverbrechen der Zweiten Republik"
zur Kasse bitte anstatt diejenigen, die den Schaden verursacht haben. Jedem Investor hätte schon seit Jahren
klar sein müssen, dass die Hypo keine seriöse Regionalbank sei. Die vorgebliche Expansion des Bank sei
ein Pyramidenspiel einer Zockerbande gewesen. Kogler machte dafür das "System Haider mit Kontakten zur
Balkanmafia" verantwortlich.
Den Anleihezeichnern der Hypo könnten daher nicht gutgläubig gehandelt haben und seien deshalb auch nicht
als schützenswert anzusehen, argumentierte Kogler. Die Regierung dürfe nicht zulassen, dass diese sich
jetzt an den SteuerzahlerInnen schadlos halten. Nach Koglers Ansicht haben die früheren Eigentümer, nämlich
die Bayerische Landesbank, die Grazer Wechselseitige Versicherung und die Gruppe um Tilo Berlin die Hypo Alpe Adria
dazu benutzt, um "mit Null Risiko den großen Schnitt zu machen". Wolle man verhindern, dass sie
aus der Verantwortung entlassen werden, sei die logische Folge eine geordnete Teilinsolvenz der Hypo.
Zudem hätten Finanzmarktaufsicht und Notenbank ihn ihrer Kontrollaufgabe versagt, sagte der Abgeordnete. Dieses
Versagen sei letztlich auch der Regierung anzulasten, die hier jahrelang untätig zugesehen habe. Den Höhepunkt
des Versagens sah Kogler im Jahr 2008. Die OeNB sei unter Druck gesetzt geworden, im Zusammenhang mit der Gewährung
von Partizipationskapital des Bundes ein positives Gutachten zur Lage der Hypo abzugeben. Das lasse sich durch
einen diesbezüglichen E-Mailverkehr klar belegen. Letztlich habe man mit der Erfindung des Begriffs "non-distressed"
einer bereits kaputten Bank ein scheinbar gutes Zeugnis ausgestellt, kritisierte Kogler. In weiterer Folge wurden
ausgerechnet die Berater Klaus Liebscher und Ewald Nowotny, die das Kontrollversagen wesentlich mit zu verantworten
hätten, an die Spitze der Hypo-"Task Force" berufen. Die Bad Bank habe offenbar den Zweck, dieses
Versagen dem Blick der Öffentlichkeit zu entziehen.
Kogler machte den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Causa zur Bedingung für
den von der Regierung gewünschten Schulterschluss bei der Aufarbeitung des Finanzdebakels.
Spindelegger: Aufarbeitung nur auf rechtsstaatlicher Grundlage
Vor der Beantwortung der zahlreichen Fragen der Dringlichen Anfrage sagte Finanzminister Michael Spindelegger,
die Opposition scheine sich in einem "Wettbewerb der Beschimpfungen und Anschuldigungen" überbieten
zu wollen. Die Bundesregierung beschäftige sich bei der Aufarbeitung des Milliardendesaster nicht mit Polemik,
sondern mit der Erarbeitung von Lösungen. Von Zeitverlust oder gar Verzögerung und Verschleppung könne
keine Rede sein. Vielmehr arbeite man an der Abwicklung der Bank. Das geschehe auf Grundlage der rechtlichen Vorschriften
und unter Berücksichtigung der Vorgaben der EU-Kommission. Ebenso sei die Situation auf dem Markt und die
Lage des Landes Kärntens im Auge zu behalten. Viele Details müssten noch geklärt werden, die Opposition
sei daher eingeladen, sich an diesem Prozess in konstruktiver Weise zu beteiligen, sagte der Finanzminister.
Spindelegger wies darauf hin, dass seit 2002 die Kontrolle des Finanzsektors grundsätzlich durch die weisungsfreien
Behörden Notenbank und FMA erfolge. Fragen, die den Zeitraum danach betreffen, könne er daher in der
ihm gestellten Form nicht beantworten. Was die Haftungen des Landes Kärnten angehe, so beruhten diese auf
den Vorgaben durch die Landesgesetze. Kärnten habe seit 2002 die Finanzierungsmöglichkeiten der Bundesfinanzierungsagentur
zu den üblichen gesetzlichen Bedingungen in Anspruch genommen, das Gesamtvolumen betrage derzeit rund 1,4
Mrd. €.
Über die Gewährung von 900 Mio. € Partizipationskapital an Steuergeldern für die Hypo im Jahr 2008
habe das Finanzministerium in Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt entschieden. Die OeNB habe in diesem Zusammenhang
eine Stellungnahme zur Systemrelevanz der Bank abgegeben. Diese war für die Entscheidung des Finanzministeriums
ausschlaggebend, bestätigte Spindelegger. Es gebe aber keine Hinweise, dass von Seiten des Ministeriums auf
an der Stellungnahme mitwirkenden oder sonstige Beteiligte Druck ausgeübt worden wäre.
Den Fragenkomplex betreffend die Vorgänge rund um die Verstaatlichung 2009 beantwortete Spindelegger mit dem
Hinweis, dass den Abgeordneten bereits zu allen Punkten umfangreiche Auskünfte vorliegen.
Über die "Task Force" und das Agieren seitens der Notenbank und der Finanzmarktbeteiligungs-AG (FIMBAG)
des Bundes sagte der Finanzminister, es lägen dem BMF keine Hinweise auf unzweckmäßige Handlungen
oder Unterlassungen vor. Die FIMBAG habe zudem Vorwürfe des Rechnungshof, sie nehme ihre Kontrolltätigkeit
nur unzureichend wahr, in einer Stellungnahme entkräften können.
Den Vorwurf eines jahrelangen Nichthandelns und der Verschleppung einer möglichen Insolvenz wies Spindelegger
zurück. Vielmehr sei innerhalb der Bank bereits eine Abwicklungseinheit eingerichtet worden, die dem Modell
einer Bad Bank weitgehend entspreche. Zu der Wahl der Abwicklungsvariante stellte er fest, in Reaktion auf das
Wyman-Gutachten zu dieser Frage habe man unverzüglich Verhandlungen über die von der "Task Force"
präferierte Bankenbeteiligung aufgenommen. Nachdem diese nicht möglich war, wurde die Arbeit am nächstbesten
Modell, der Anstaltslösung, aufgenommen. Spindelegger verneinte, dass seitens des FMA ein neues Gutachten
zu den Vor- und Nachteilen einer geordneten Insolvenz der Hypo bestellt worden sei.
Über die Gläubigerbeteiligung und die Übernahme von Verpflichtungen seitens der Voreigentümer
sagte Spindelegger, die Alteigentümer Bayerische Landesbank, Grazer Wechselseitige, Kärntner Landesholding
und Land Kärnten hätten sich bereits mit knapp über einer Milliarde Euro an der Kapitalisierung
der Bank beteiligt. Es gebe auch Überlegungen zur Refinanzierung durch BayernLB und Grazer Wechselseitige.
Auch werden alle Handlungsoptionen einer Irrtumsanfechtung zum Hypo-Kaufvertrag weiterhin geprüft. Da die
Bayrische Landesbank einem Verjährungsverzicht bis Ende 2014 zugestimmt, bestehe hier noch zeitlicher Spielraum.
Was Zustandekommen und Kosten der Beraterverträge betrifft, verwies Spindelegger darauf, dass deren Beurteilung
im Zuständigkeitsbereich der Bank und nicht des BMF liege. Zu den budgetären Auswirkungen, die eine Abwicklungseinheit
für die Hypo 2014 bis 2018 haben werde, stellte Spindelegger fest, konkrete Zahlen würden erst nach Umsetzung
der "Bad Bank" vorliegen. Falls es sich als notwendig erweise, werde man bei der EU-Kommission um eine
Erhöhung der zulässigen Beihilfen für die Hypo Alpe Adria ansuchen.
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Glawischnig stellt Anträge auf weitere Sondersitzungen in Aussicht
In einer Wortmeldung zur Geschäftsordnung zeigte sich die Klubobfrau der Grünen Eva Glawischnig-Piesczek
mit der Beantwortung der Dringlichen Anfrage durch Finanzminister Spindelegger unzufrieden. Insbesondere habe der
Finanzminister keine Auskunft zum Versagen der Kontroll- und Aufsichtsorgane und zum Ablauf der Notverstaatlichung
gegeben, kritisierte sie. Diese Fragen müssten entweder durch einen Untersuchungsausschuss geklärt werden
oder die Grünen werden weitere Anträge auf Sondersitzungen einbringen.
Opposition ortet Verschleierung und Verschleppung im Fall Hypo
Die restlose Aufklärung der politischen Verantwortung für die Krise der Hypo Alpe Adria Bank und eine
geordnete Insolvenz mit Einbeziehung der Anleihegläubiger forderten die Oppositionsparteien im Rahmen der
weiteren Debatte geschlossen ein. An einem Untersuchungsausschuss zum Hypo-Debakel führe daher kein Weg vorbei,
so die RednerInnen von FPÖ, Grünen, Team Stronach und NEOS. Seitens der Regierungsfraktionen wurde zwar
ebenfalls Transparenz in der Sache befürwortet, doch pochten Abgeordnete von SPÖ und ÖVP mehrfach
darauf, die anstehende Lösung des Problems in den Vordergrund der Diskussion zu rücken.
Für die Grünen lässt sich die Misere allerdings nur gekoppelt an eine Aufarbeitung des Finanzskandals
lösen. In ihrer Dringlichen Anfrage habe seine Fraktion zum einen die bestehenden Fakten zum Hypo-Debakel
zusammengetragen, also bereits die Grundlage für einen U-Ausschuss aufbereitet, so Bruno Rossmann. Zum anderen
fänden sich darin konkrete Lösungsansätze, schon um sowohl Alteigentümer als auch institutionelle
Investoren des Instituts in dessen Abwicklung einzubeziehen. Gabriela Moser warf der Regierung vor, jahrelang die
Augen vor der realen Notlage der Hypo verschlossen zu haben, obwohl Grüne genauso wie Stimmen aus der Nationalbank
mehrfach die Einrichtung einer Bad Bank zur Lagerung toxischer Assets empfohlen hätten. "Offenbar hat
die Regierung gewartet, bis die Wahlen vorüber sind", um die mit einer Anstalt erhöhte Staatsverschuldung
zu verschleiern, folgerte die Grünen-Mandatarin. Generell erachtete sie es als Problem, dass in Österreich
kein Insolvenzrecht für Banken und Bundesländer besteht.
Ein Untersuchungsausschuss habe vor allem den Zweck, die Vorgänge rund um die Notverstaatlichung der Hypo
ans Tageslicht zu bringen, fand FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache. Wie die Regierung in den Jahren danach
mit der Bank verfahren ist, sei ebenfalls zu hinterfragen, merkte er an. Unerklärlich sei es beispielsweise,
wofür Millionen an Euro für Beratungstätigkeit zur Hypo aufgewendet wurden. Letztendlich stelle
die Hypo-Affäre "ein finanzpolitisches Verbrechen an Österreichs Steuerzahlern" dar, erboste
sich Strache. Rückenwind erhielt er von seinen Fraktionskollegen Hubert Fuchs und Gernot Darmann. Fuchs vermutete,
beim Aufkauf der Hypo 2009 durch die Republik sei es vorrangig darum gegangen, den an der Bank beteiligten ÖVP-nahen
Finanzsektor zu schützen. In den Augen Darmanns wurde damals eine Bank in deutschem Besitz mit österreichischem
Steuergeld verstaatlicht, was schlichtweg anzuprangern sei.
Staatliche Einflüsse in Österreichs Bankenlandschaft brandmarkte das Team Stronach. Klubobfrau Katrin
Nachbaur beanstandete eine Vermengung von Kontrollorganen und Interessensvertretungen bei der Task Force Hypo,
überhaupt sei der Umgang mit Steuergeld durch Bund und Länder im Zuge einer vernünftigen Föderalismusreform
neu zu regeln. Ihr Parteikollege Georg Vetter machte sich am Beispiel Hypo dafür stark, Banken pleite gehen
zu lassen; in Österreich gebe es "zu viel Staat in der Wirtschaft", das sei keine funktionierende
Marktwirtschaft. PolitikerInnen sollten bei grob fahrlässigen Pflichtverletzungen in Form von Privathaftungen
wie UnternehmerInnen juristisch zur Rechenschaft gezogen werden, meinte Rouven Ertlschweiger, der nach dem Ausscheiden
von Frank Stronach heute im Nationalrat angelobt wurde, und brachte dazu einen Entschließungsantrag ein.
Zudem sei es notwendig, so Ertlschweiger in einem weiteren Antrag, ein neues und völlig unabhängiges
Expertengremium für die korrekte Abwicklung der Hypo einzusetzen.
Für die NEOS hat sich die Bundesregierung im Grunde der Insolvenzverschleppung schuldig gemacht. So drastisch
formulierte Klubobmann Matthias Strolz seinen Unmut über das Gebaren der verantwortlichen MinisterInnen und
fügte an, Österreichs Staatsverschuldung sei heute höher als Anfang der 1990er Jahre. Angelika Rosa
Mlinar (N) konstatierte, nur mit ausreichendem Vertrauen lasse sich eine erfolgreiche Finanzwirtschaft aufrecht
erhalten. Schon deswegen müsse ein U-Ausschuss mit der Sache Hypo befasst werden; für die Zukunft erhoffe
sie durch die angepeilte europäische Bankenaufsicht EU-weit transparente Kontrollmechanismen.
In zwei Entschließungsanträgen skizzierte NEOS-Finanzsprecher Rainer Hable Vorschläge, wie die
SteuerzahlerInnen mit möglichst geringem Schaden das Hypo-Debakel überstehen könnten. So sei ein
Schuldenschnitt mit institutionellen Investoren, die bis heute Anleihepapiere der Hypo-Alpe-Adria-Bank halten,
unbedingt auszuverhandeln. Darüber hinaus müssten sämtliche Buchungsunterlagen- und aufzeichnungen
sichergestellt werden, um sie auch nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist zur Verfügung zu haben. Gerald Loacker
forderte schließlich in einem eigenen Antrag, die Regierung habe die rechtlichen Rahmenbedingungen für
die Insolvenz einer Gebietskörperschaft auszuarbeiten.
SPÖ und ÖVP fordern nationalen Schulterschluss
Die Regierungsfraktionen betonten, angesichts der Hypo-Krise hätten sämtliche Fraktionen einen nationalen
Schulterschluss zu bilden. Obwohl durchaus für eine umfassende Untersuchung des Hypo-Skandals offen, plädierte
ÖVP-Abgeordneter Jakob Auer dafür, einen Untersuchungsausschuss darüber erst zu starten, wenn die
Arbeiten zur Schadensminimierung abgeschlossen sind. Eine "mediale Ruhepause" solle den Verantwortlichen
gegönnt werden, populistische Debatten wie in der heutigen Sitzung würden lediglich dem Ruf des Landes
schaden. Vorschnelle Lösungen à la Insolvenz seien nicht zielführend, weil sie ungeahnte Risiken
nach sich zögen, sagte SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer. Er warnte, falls sich die Bonität der
Republik verschlechtert und die Zinsen, die Österreich für seine zehnjährigen Staatsanleihen zahlen
muss, um nur 1% mehr Kosten verursachen, würden jährlich um die 2,7 Mrd. € schlagend. Krainer sah auch
kaum rechtliche Mittel, Alteigentümer der Hypo bei einer Insolvenzlösung zur Kasse zu bitten, zeigte
sich aber zufrieden, dass der Finanzsektor durch die bestehende Bankenabgabe einen Beitrag für die Aufarbeitung
von Skandalen im Bankengeschäft zu leisten hat.
Für die Sozialdemokraten unterstrichen Karin Greiner, Wolfgang Knes und Hubert Kuzdas weiters, begonnen habe
die Misswirtschaft der Hypo unter dem damaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider und seiner freiheitlichen
Landesregierung. Knes sah vor allem die Gerichte gefordert, die unsauberen Machenschaften aus dieser Zeit aufzuklären.
Die ÖVP-Abgeordneten Peter Haubner, Dorothea Schittenhelm und August Wöginger verwehrten sich gegen die
Vorhaltungen der Opposition, das Finanzministerium habe im Umgang mit der Hypo unverantwortlich agiert. Die Notverstaatlichung
sei vor dem Hintergrund der Finanzkrise zur Stabilisierung des Euros notwendig gewesen, führte Schittenhelm
ins Treffen, schon da die Bank nicht nur in Österreich, sondern auch im südosteuropäischen Raum
als systemrelevant gegolten habe.
Entschließungsanträge: Opposition erhöht Druck
NEOS und das Team Stronach brachten im Zuge der Dringlichen Anfrage fünf Entschließungsanträgen
ein, die jedoch alle im Plenum in der Minderheit blieben und damit abgelehnt wurden.
Die NEOS konnten im Plenum für ihre Initiative, Haircut- & Konvertierungsverhandlunghen mit den Anleihegläubigern
der Hypo-Alpe-Adria-Bank International AG aufzunehmen, mit den Stimmen von NEOS, der FPÖ und den Grünen
ebenso keine Mehrheit finden wie für ihre Aufforderung an die Bundesregierung, im Sinne einer restlosen Aufklärung
der Hypo-Causa sämtliche Buchhaltungsunterlangen und –aufzeichnungen, die sich im Besitz der Hypo-Alpe-Adria-Bank
International AG befinden, umgehend sicherzustellen. Neben den NEOS votierten die FPÖ, die Grünen sowie
das Team Stronach dafür.
Darüber hinaus starteten die NEOS einen erneuten Anlauf zum Thema Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften.
Konkret thematisierten sie in ihrem Entschließungsantrag Unklarheiten in Bezug auf die Rechtsfolgen bei Zahlungsunfähigkeit.
Ein Zustand, der angesichts dessen, dass Gebietskörperschaften Verbindlichkeiten eingehen und das Risiko für
deren Tilgung auf andere Gebietskörperschaften so wie im Fall der Hypo abwälzen könnten, untragbar
sei, geht es nach den NEOS. Im Antrag forderten demzufolge Gerald Loacker samt KollegInnen die Bundesregierung
auf, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, in dem Regelungen wie etwa Kriterien für den Eintritt der Insolvenz
oder die Durchführung des Insolvenzverfahrens im Fall einer Zahlungsunfähigkeit einer Gebietskörperschaft
getroffen werden. Neben den NEOS fand der Antrag die Unterstützung der Grünen und blieb in der Minderheit.
Politische Funktions- du Mandatsträger sollen auf allen Ebenen einer unternehmerähnlichen Haftung bei
grob fahrlässigen und schuldhaften Pflichtverletzungen unterworfen werden, meint Team Stronach Klubobfrau
Katrin Nachbauer und legte diesbezüglich ebenfalls einen Entschließungsantrag vor. Dieser Forderung
schloss sich keine andere Fraktion an und blieb so wie der zweite vom Team Stronach eingebrachte Entschließungsantrag,
in dem die Fraktion in der geplanten Hypo-Abwicklung die Beiziehung neuer und völlig unabhängiger Experten
fordern, in der Minderheit. Um die Belastungen für die SteuerzahlerInnen weitestgehend zu minimieren, sollen
bei der Hypoabwicklung Experten fernab von partei- und konzernpolitischen Interessen herangezogen werden, denen
ein objektives und unbeeinflusstes Urteil möglich ist, heißt es im Antrag. Unterstützung fand dieser
bei der gesamten Opposition.
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Vorerst kein Untersuchungsausschuss zur Hypo
Der Nationalrat wird vorerst keinen Untersuchungsausschuss zum Thema Hypo Alpe Adria einsetzen. Diese Entscheidung
über Anträge der Opposition fiel mit der Mehrheit von SPÖ und ÖVP nach einer Kurzen Debatte.
Das Team Stronach wollte einen "Bankenrettungs- Untersuchungsausschuss" zur Klärung der politischen
und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit den im Zuge des Bankenrettungspaketes vergebenen Leistungen und
den Bankenrettungen einsetzen und insbesondere die Notverstaatlichung und das staatliche Management der Hypo Alpe
Adria klären. Für die FPÖ stand die Verantwortung bei der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria
2009 und die aktuelle Abwicklung der Hypo Alpe Adria im Mittelpunkt ihres Untersuchungsinteresses. Dieser Antrag
wurde in namentlicher Abstimmung mit 96-Nein zu 66 Ja-Stimmen verworfen. Die NEOS bezeichneten nicht nur die Verstaatlichung
der Hypo Alpe Adria und die Rolle des Eigentümers, sondern auch die Verschleppung einer Entscheidung über
Abwicklungsstruktur oder Insolvenz als aufklärungsbedürftig. Schließlich kam auch ein Antrag der
Grünen auf Einsetzung eines Ausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung rund um die Hypo Alpe
Adria zur Abstimmung – er verfiel ebenso der Ablehnung durch die Mehrheit des Hauses wie die Anträge der FPÖ,
der NEOS und des Teams Stronach.
Team Stronach: Untersuchung wichtig, aktuelle Entscheidung noch mehr
Abgeordnete Kathrin Nachbaur (T) hielt es für dringend erforderlich, die Frage nach den Kreditvorsorgen bei
der Hypo zu klären. Man müsse auch abschätzen, wie sich die Causa Hypo auf das Budget auswirken
werde, und es gelte zu verhindern, dass der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird. Laut "Handelsblatt"
haben die Bayern bereits eine Milliarde Euro auf die Seite gelegt, berichtete Nachbaur und zeigte sich überzeugt:
"Da ist noch mehr zu holen". "Wir brauchen einen Untersuchungsausschuss", sagte auch Georg
Vetter (T), um die Umstände zu klären, die zur Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria führten. Vetter
wollte aber nicht nur in die Vergangenheit schauen: "Der Untersuchungsausschuss ist weniger wichtig als die
Frage, was jetzt mit der Hypo Alpe Adria passiert.
FPÖ: Wir kommen um einen Untersuchungsausschuss nicht herum
Abgeordneter Hubert Fuchs (F) erinnerte an die "Verstaatlichung ohne Not" und fragte, warum sich Finanzminister
Pröll damals dabei über den Tisch habe ziehen lassen. Zu klären sei auch die Frage, wer damals neben
der BayernLB noch profitiert habe und welche Konsequenzen aus dem Aufsichtsversagen von Finanzmarktaufsicht (FMA)
und OeNB zu ziehen seien. Investoren, die bei der Hypo billige Anleihen gekauft haben und jetzt erwarten, dass
der Steuerzahler diese zu 100% tilge, sagt Fuchs: "Nicht mit uns". Der Redner plädierte nachdrücklich
dafür, alle Personen zur Schadensabdeckung heranzuziehen, die einen Vorteil aus den Entwicklungen bei der
Hypo gezogen haben. FPÖ-Fraktionskollege Elmar Podgorschek zeigte sich verwundert über Abgeordnete, die
die Schuld für den Fall Hypo Alpe Adria ausschließlich bei der FPÖ suchen, zugleich aber einen
Untersuchungsausschuss ablehnen. Wolle man verhindern, dass es wieder zu einem solchen Fall komme, müsse man
untersuchen, wer wann was falsch gemacht habe. Zu klären sei auch das Versagen der Kontrolle auf mehreren
Ebenen: Aufsichtsrat, Aufsichtsorgane der Eigentümer, Bilanzprüfer, Nationalbank, FMA und Finanzmarktbeteiligungs-AG
(FIMBAG). "Kein Wunder, dass die Taskforce eine Insolvenz ablehnt, säßen dort doch Personen, die
für das Kontrollversagen verantwortlich seien. Podgorschek will die Frage nach dem Haftungsverbund ebenso
klären, wie die Rolle des Grazer und des Kärntner Geldadels. "Wir kommen um einen Untersuchungsausschuss
nicht herum", lautete die Schlussfolgerung des Redners.
NEOS für demokratiepolitischen Frühling
Abgeordneter Rainer Hable (N) warnte die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP, sich angesichts der zahlreichen
unbeantworteten Fragen nach der heutigen Dringlichen Anfrage nur als Unterstützer der Regierung zu sehen.
"Haben die Bayern 2009 wirklich damit gedroht, die Hypo in Konkurs zu schicken?", fragte Hable. "Wie
ist die Notverstaatlichung abgelaufen, warum wurden beim Verkauf keine Besserungsklauseln vorgesehen?". Hable
fragte auch nach der Summe der aushaftenden Kredite und nach dem zu erwartenden Schaden. Bei Bankkonkursen sind
die Quoten hoch, weil Kredite erfahrungsgemäß besichert sind. Betrage der tatsächliche Schaden
vier bis sechs Mrd. €, frage man sich, warum man nicht in eine Insolvenz gehe, denn dieser Betrag würde die
Finanzmärkte nicht erschüttern. Diese konkreten Fragen habe ein Untersuchungsausschuss zu klären
und zugleich systemische Probleme des Landes. An dieser Stelle empfahl NEOS-Klubobmann Matthias Strolz, den Abgeordneten
von ÖVP und SPÖ, sich an die Spitze der Erneuerungsbewegung zu stellen, um nicht von ihr überrollt
zu werden. Strolz registrierte viel Druck in Richtung Untersuchungsausschuss und warnte die Regierung überdies
davor, zu glauben, man könnte die Opposition auseinander dividieren. "Es geht um ein Systemproblem –
Österreich braucht einen demokratiepolitischen Frühling und eine Reform des Föderalismus und des
Wahlrechts", schloss der Abgeordnete.
Grüne: Ohne Untersuchungsausschuss kein Schulterschluss
Auch für Abgeordneten Werner Kogler (G) ist ein Untersuchungsausschuss unausweichlich. Offen sei lediglich
die Definition seines Gegenstands und die Abgrenzung des Untersuchungszeitraums. Mit Zitaten aus dem E-Mailverkehr
der Notenbank belegte Kogler dort Versuche der Absicherung im Hinblick auf Gerichtsverfahren und parlamentarische
Untersuchungen, als sie der Hypo Gewinne bereits für 2009 prognostizierte. "Das ist ein Teil des Finanzverbrechens",
formulierte Kogler, der pointiert auch von "Schnellschussgutachten", "bestellten OeNB-Attesten"
sprach und an die Kritik des Rechnungshofes an der Tätigkeit Liebschers und Walas in der FIMBAG erinnerte.
Dreh- und Angelpunkt der Untersuchung sei aber die "Notverstaatlichung". Sie sei nicht notwendig gewesen
und werfe die Frage auf, womit Minister Pröll erpressbar gewesen sei. Die Regierungsspitze habe damals ein
völlig giftiges Unternehmen reimportiert, weil Österreich damals keinen Finanzminister, sondern einen
"Raiffeisenminister" gehabt habe, schloss Kogler. Grün-Abgeordneter Bruno Rossmann kritisierte weiters,
dass Finanzminister Spindelegger die dringlichen Fragen der Grünen nicht beantwortet hat, was mit dessen Appell
für einen nationalen Schulterschluss nicht zusammenpasse. Voraussetzung dafür sei nämlich ein Ressortleiter,
der der Opposition Rede und Antwort steht, auch über die Verschleppung des Abwicklungsverfahrens, die Rossmann
der ehemaligen Finanzministerin Fekter vorwarf – "Ohne Untersuchungsausschuss kein nationaler Schulterschluss",
so Rossmann.
SPÖ an Opposition: Wir brauchen eine Lösung für Österreich
Abgeordneter Maximilian Unterrainer (S) erneuerte den Vorwurf seiner Fraktion an die FPÖ, für den Hypo-Skandal
verantwortlich zu sein, und erinnerte an die deutliche Antwort, die die Kärntner Bevölkerung der FPÖ
bei den letzten Wahlen für deren verantwortungslose Politik gegeben habe. Unterrainer zitierte aus dem Bericht
des Kärntner Hypo-Untersuchungsausschusses, der die Verantwortung für die Notwendigkeit der Hypo den
freiheitlichen Landespolitikern zuweist. Jetzt gehe es darum, zu verhindern, dass die finanzielle Reputation Österreichs
Schaden nehme. Daher sei er gegen einen Untersuchungsausschuss, sagte Unterrainer und appellierte an die Opposition,
sich konstruktiv an der Lösung des Problems zu beteiligen. "Wir brauchen eine Lösung für Österreich,
es geht nicht darum, parteipolitisches Kleingeld zu wechseln".
ÖVP: Ein Konkurs der Hypo bedeutet den Konkurs Kärntens
Abgeordneter Gabriel Obernosterer (V) erinnerte Kogler an dessen jüngste Aussage, das Problem Hypo abarbeiten
und erst dann die Frage der politischen Verantwortung klären zu wollen. Er sei daher verwundert über
den Antrag auf Untersuchungsausschuss von Seiten der Grünen. Die FPÖ wiederum erinnerte Obernosterer
daran, dass Dörfler zum Verhandlungsteam bei der Notverstaatlichung zählte und mahnte die Verantwortung
der Kärntner FPÖ-Politiker ein. Ein Konkurs der Hypo würde für Kärnten die Auflösung
des Zukunftsfonds bedeuten. Obernosterer warnte daher die Kärntner Abgeordneten, das Wort Konkurs in den Mund
nehmen. Ein Konkurs der Hypo sei gleichbedeutend mit einem Konkurs Kärntens – das kann kein Kärntner
Politiker verantworten.
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