Abgabenänderungsgesetz passiert den Bundesrat mehrheitlich
Wien (pk) - Der Bundesrat machte am 26.02. den Weg frei für Steuererhöhungen, die Bund, Ländern
und Gemeinden bis 2018 5,4 Mrd. € Mehreinnahmen bringen sollen. Das Abgabenänderungsgesetz passierte die Länderkammer
mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP. Höhere Abgaben werden für Alkohol, Tabak und verbrauchsstarke
Autos, für Banken, Gehaltszahlungen über 500.000 € jährlich sowie für "Golden Handshakes"
eingehoben, die Gruppenbesteuerung räumlich eingegrenzt, Gewinnverschiebungen beschränkt, die Solidarabgabe
für hohe Einkommen unbefristet verlängert und der Kampf gegen Steuerbetrug, Geldwäsche und illegales
Glückspiel verschärft.
Unternehmen profitieren im Gegenzug von Verwaltungsvereinfachungen und einer Entlastung um 100 Mio. € jährlich
durch Abschaffung der Gesellschaftsteuer ab 2016. Der Gewinnfreibetrag gebührt Unternehmern nicht nur bei
realen Investitionen, sondern auch beim Erwerb von Wohnbauanleihen. Im GmbH-Gesetz entfällt die Verpflichtung
zur Bildung einer Gründungsrücklage. Bestehende GmbH mit weniger als 35.000 € Stammkapital müssen
keine Kapitalaufstockungsrücklage bilden. Das Rehabilitationsgeld, das vorübergehend invalide Personen
während der Rehabilitation erhalten, wird steuerlich künftig wie Krankengeld behandelt.
FPÖ kritisiert Belastungen für den Mittelstand
Monika Mühlwerth (F/W) kündigte an, dass ihre Fraktion diesem Belastungspaket, wie sie es nannte, nicht
zustimmen werde, und erinnerte an das Versprechen von Vizekanzler Spindelegger vor der Wahl, er werde keine Steuererhöhungen
mittragen. Nach der Wahl sei nun alles anders, wieder einmal werde der Mittelstand am stärksten belastet.
Den behaupteten Lenkungseffekt der Steuerpolitik der Regierung sehe sie nicht, sagte Mühlwerth, es würden
mit den Mehreinnahmen ausschließlich Budgetlöcher gestopft. Besonders lange man bei der "Melkkuh
der Nation" zu, den AutofahrerInnen. Auch die KMU würden weiter belastet und damit jeder Unternehmergeist
entmutigt. Das alles stehe vor dem Hintergrund fortgesetzter realer Einkommensverluste. Die Erleichterungen seien
dagegen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wesentliche Reformen, wie etwa eine effektive Lohnsteuersenkung,
kämen nie über die dazu eingesetzten Arbeitsgruppen hinaus, kritisierte Mühlwert, die auch die Transparenzdatenbank
vermisste, die doch wesentliche Einsparungen durch Vermeidung von Doppelförderungen bringen hätte sollen.
In die selbe Kerbe schlugen Gerd Krusche (F/St) und Reinhard Pisec (F/W). Krusche meinte, es gebe neben einzelnen
positiven Punkten vieles, das die FPÖ nicht mittragen könne. Die kleinen Verbesserungen für Pendler
würden jetzt wieder zunichte gemacht. Viele Maßnahmen würden den ländlichen Raum besonders
treffen und die Abwanderung beschleunigen. Einige Maßnahmen seien schlicht unsinnig, wie etwa die Schaumweinsteuer,
oder erinnerten ihn an die Prohibition, wie die Tabaksteuer. Krusche brachte einen Antrag ein, der Bundesrat möge
gegen das Abgabenänderungsgesetz Einspruch erheben.
Bundesrat Pisec verwies auf den Anstieg der Staatsschulden in den fünf Jahren der Krise trotz ständiger
Steuererhöhungen. Er ziehe daraus den Schluss, dass diese Regierung nicht mit Geld umgehen könne. Die
FPÖ fordere daher ein Steuersenkungsmodell. Nur so generiere man Wachstum. Das österreichische Modell
des Handwerkerbonus sei untauglich, es bringe vor allem Verwaltungskosten. Wichtig sei die Förderung von Eigenkapital
von Firmen und eine effektive Senkung der Lohnnebenkosten.
ÖVP: Steuerpaket bringt Wachstumsimpulse und Lenkungseffekte
Gottfried Kneifel (V/O) betonte, es gehe in der Budgetpolitik um die bestmögliche Gestaltung der Rahmenbedingungen
angesichts einer bereits fünf Jahre andauernden internationalen Krise. Es sei eine große parlamentarische
Leistung gewesen, die Auswirkungen der Wirtschaftskrise für Österreich zu mildern, was aber Konsequenzen
in einem erhöhten Schuldenstand habe. Das müsse nun wieder ins Lot gebracht werden, gab er zu bedenken,
der Finanzrahmenplan und Stabilitätspakt schränke den finanziellen Spielraum ein. Kneifel wies darauf
hin, dass es Einsparungen in der Verwaltung in Höhe von 500 Mio. € gebe. Dürre und Hochwasser im Vorjahr
hätten jedoch zusätzliche Anforderungen an den Katastrophenschutz gestellt. Das strukturelle Nulldefizit
bis 2016 sei ein ambitioniertes Ziel der Regierung. Den kommenden Generationen dürfe kein neuer Schuldenrucksack
aufgebürdet werde, warnte Kneifel. Im Gegensatz zu seiner Vorrednerin vertrat er die Auffassung, dass das
Steuerpaket Lenkungseffekte und Wachstumspulse bringe. Die Senkung der Lohnnebenkosten sei ein wichtiges Signal,
dass man Österreich international wettbewerbsfähig halten wolle. Es gebe auch Maßnahmen für
Kinderbetreuung und Familien. Ein Wermutstropfen war für den Bundesrat, dass die Erhöhung der Bankenabgabe
gerade die kleinen Regionalbanken überdurchschnittlich belaste.
Sein Fraktionskollege Franz Perhab (V/St) räumte ein, der erste Entwurf des Abgabenänderungsgesetz sei
für die Wirtschaft nicht akzeptabel gewesen. Es sei aber gelungen, besonders für kleine und mittlere
Unternehmen noch Änderungen zu erreichen. Er begrüßte auch den Handwerkerbonus als guten Ansatz.
Das Paket sei ein Kompromiss, der aber viele Schritte in die richtige Richtung und Lenkungseffekte enthalte, und
dem man daher zustimmen könne. Peter Oberlehner (V/O) meinte, es sei wichtig, am Ziel des Nulldefizits festzuhalten.
Dieses sei aber nicht nur ausgabenseitig zu erreichen. Die Opposition mache es sich hier zu einfach, sagte er und
bewertete das Paket als ausgewogen, moderat und gut überlegt. Es bringe eine deutliche Haushaltsentlastung
und bleibe sozial verträglich, zeigte er sich überzeugt.
Grüne: Gebrochene Wahlversprechen erhöhen Politikverdrossenheit
Obwohl laut Marco Schreuder (G/W) das Paket einige positive Punkte enthält, wie etwa die Begrenzung der steuerlichen
Absetzbarkeit von Managergehältern oder die Bekämpfung des Steuerbetrugs und die Erhöhung der Bankenabgabe,
könnten die Grünen letztlich nicht zustimmen, sagte er. Allgemein wolle er an die Versprechungen vor
den Wahlen erinnern. Die ÖVP habe sich gegen neue Steuern ausgesprochen, die SPÖ für die Senkung
des Eingangssteuersatzes. Im Sinne der Verbesserung der demokratischen Kultur sollte man sich überlegen, ob
solche Versprechungen, die dann sofort gebrochen werden, nicht die Politikverdrossenheit erhöhen. Auch die
Debatte um das "Budgetloch" habe das Vertrauen nicht gestärkt. Schreuder meinte, es habe seit 25
Jahren keine Steuerreform gegeben, die den Namen verdiene. Von Steuergerechtigkeit könne keine Rede sein,
kritisierte er, man belaste vielmehr die sozialen Unterschichten und die Kleinunternehmen.
SPÖ: Budgetkonsolidierung mit mehr Steuergerechtigkeit
Ewald Lindinger (S/O) sah im vorliegenden Paket wichtige Maßnahmen etwa in der Beschäftigungspolitik,
vor allem zugunsten älterer ArbeitnehmerInnen. Im Vordergrund steht für ihn die Förderung von Wachstum,
mehr Steuergerechtigkeit und die Bekämpfung von Steuerbetrug. Die Einnahmen, die man beschließe, gingen
in den Hochwasserschutz und in den Wohnbau und ermöglichten Investitionen in die Infrastruktur, insbesondere
die Schiene, unterstrich er seine positive Haltung zum vorliegenden Gesetzentwurf. Die Einnahmen würden darüber
hinaus auch der Erhöhung der Familienförderung sowie der Budgetkonsolidierung zugute kommen.
Auf die Bedeutung der Budgetkonsolidierung wies auch Ilse Fetik (S/W) hin, die gleichzeitig an die EU-Vorgaben
erinnerte. Es sei der richtige Mix an Einsparungen und Ausgaben gelungen, betonte sie. Fetik hob weiters hervor,
dass man bei den Gewinnsteuern ansetze, Sozialtransfers aber nicht beschnitten, diese sogar teilweise erhöht
habe. Sie bedauerte, dass keine Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer möglich war und nun Konsumsteuern
erhöht wurden. Fetik warnte davor, dem Finanzplatz Österreich politischen Schaden zuzufügen.
Team Stronach: Kaufkraft muss gestärkt werden
Die Situation der Staatsfinanzen sei sehr kritisch, sagte Bundesrat Gerald Zelina (T/N). Es gebe hohe Arbeitslosigkeit
und eine hohe Staatsverschuldung. Die Steuer- und Abgabenquote habe in Österreich bereits eine Rekordhöhe
erreicht. Das senke die Kaufkraft und verhindere Impulse für mehr Beschäftigung und Wirtschaftswachstum.
Unternehmerische Tätigkeit müsse sich wieder lohnen, forderte Zelina. Eine Steuersenkung würde sich
durch die davon ausgehenden Wachstumsimpulse letztlich selbst finanzieren, argumentierte er. Das Steuerpaket sei
in dieser Hinsicht aber kontraproduktiv.
Einzelne Maßnahmen würden zwar in die richtige Richtung gehen, seien aber noch nicht genug, führte
Zelina weiter aus. Steuerprivilegien müssten weiter reduziert, Steuerschlupflöcher gestopft und die Gruppenbesteuerung
reformiert werden. Gewinne sollten grundsätzlich dort versteuert werden, wo sie anfallen. Zelina forderte
unter anderem Verbesserungen für Ein-Personen-Unternehmen und ein Bankeninsolvenzrecht mit klaren Haftungsregelungen.
Bei Bankpleiten dürften nicht die SteuerzahlerInnen als erste herangezogen werden, sagte er.
Staatssekretärin Steßl: Nächster Schritt zur Budgetkonsolidierung
In ihrer Reaktion auf die Debattenbeiträge erklärte Staatssekretärin Sonja Steßl, das Abgabenänderungsgesetz
sei der nächste Schritt zur Budgetkonsolidierung. Die Maßnahmen seien sehr wohl in Hinblick auf mehr
Steuergerechtigkeit gesetzt worden, das Paket bringe auch mehr Einnahmen für Länder und Gemeinden. Zur
Frage des Bankeninsolvenzrechts wies Steßl darauf hin, dass erste Schritte dazu bereits gesetzt worden seien,
letztlich brauche man hier aber eine gesamteuropäische Lösung.
Sehr wichtig sei die Verhinderung des "profit-shifting" durch Unternehmen, in diesem Punkt nehme Österreich
in Europa eine Vorreiterrolle ein. Als wesentlichen Punkt hob die Staatssekretärin die Reform der Gruppenbesteuerung
hervor. Darüber hinaus werde die Stabilitätsabgabe der Banken auf eine neue Grundlage gestellt, der Bankensektor
bezahle damit einen bedeutenden Teil der Krisenkosten selbst, merkte sie an. Als wichtigen Reformschritt bezeichnete
Steßl ferner die Senkung der Lohnnebenkosten. Die Regierung habe bereits eine Steuerreformkommission eingesetzt,
informierte sie, nun beginne die Arbeit der ExpertInnen. Zentrale Punkte dabei werden laut Steßl die Entlastung
des Faktors Arbei, die Reform der Einkommensteuer und die Senkung des Eingangssteuersatzes sein. Für die Finanzierung
solcher Maßnahmen müsse man sich aber die Spielräume schaffen.
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