… in Österreich aber noch immer nicht umgesetzt – Menschen mit Behinderungen wesentlich
schlechter versorgt als Gesamtbevölkerung. Zweiklassenmedizin ist Realität
Wien (bmask) - "Menschen mit Behinderungen sind meistens gesund," hält der für die Überwachung
der Einhaltung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zuständige unabhängige
Monitoringausschuss in seiner Stellungnahme zum Thema Gesundheitsversorgung fest. "Behindert zu sein, bedeutet
nicht, krank zu sein. Diese - häufige - Annahme resultiert in einem falschen und völlig überholten
Umgang mit Menschen mit Behinderungen", so der Ausschuss.
"Respekt ist - neben mangelnder Barrierefreiheit - eine der größten Mangelerscheinungen des österreichischen
Gesundheitssystems, vor allem wenn es um die Versorgung von Menschen mit Behinderungen geht. Als Mensch anerkannt
und wahrgenommen, vor allem ernst genommen zu werden, ist essentiell, gerade in einem so sensiblen Bereich wie
der Gesundheitsversorgung", betont Dr. Marianne Schulze, Vorsitzende des Monitoringausschusses.
Grundlage der nun veröffentlichten Stellungnahme ist eine öffentliche Sitzung des Ausschusses. SelbstvertreterInnen
betonten dabei: "Wir wollen ernst genommen werden!" Auch die Konsequenzen, als Mensch nicht wahrgenommen
zu werden und zu erleben, wie Dritte über einen entscheiden wurden deutlich gemacht: "Es ist ungesund,
nicht selbst zu entscheiden," so eine Selbstvertreterin.
Armut ist unter Menschen mit Behinderungen doppelt so häufig, wie im Schnitt der Bevölkerung. Eine Expertin
meinte im Rahmen der öffentlichen Sitzung denn auch: "Armut ist das größte Gesundheitsrisiko."
Menschen mit Behinderungen sind auf Grund von Diskriminierungen und Barrieren in der Gesundheitsversorgung öfter
krank als so genannte "chronisch Normale". Internationale Studien weisen Menschen mit Behinderungen ein
erhöhtes Sterberisiko zu.
Folgende Zugangsweisen zum Thema und Maßnahmen erscheinen dem Ausschuss darüber hinaus unbedingt erforderlich:
- Herstellung von umfassender sozialer, kommunikativer, sprachlicher (Gebärdensprache
und Leichte Sprache), physischer (Arztpraxen!) und struktureller Barrierefreiheit beim Zugang zu allen Leistungen
der Gesundheitsversorgung
- Ausbildung des medizinischen Personals im Umgang mit Menschen mit Behinderungen,
Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in diese Ausbildung und in die Gesundheitsberufe selbst
- Vermehrter Schutz von Menschen mit Behinderungen vor - auch struktureller - Gewalt
- Schließen von systematischen Versorgungslücken zwischen "Behindertenhilfe"
(Länder) und Krankenversicherung (Bund)
- Wissenschaftliche Studie über das Sterblichkeitsrisiko von Menschen mit
Behinderungen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung.
Der Ausschuss regt an, dies zum Anlass zu nehmen, in Verwirklichung von Österreichs menschenrechtlichen Verpflichtungen
die Herstellung von umfassender Barrierefreiheit im Bereich der Gesundheitsversorgung zu einem gesamtgesellschaftlichen
politischen Anliegen zu machen.
|