WissenschafterInnen der Uni Graz erforschen beste Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen in
der Industrie
Graz (universität) - Die Wirtschaft wird grün: ForscherInnen der Karl-Franzens-Universität
Graz, der TU Graz und der BOKU Wien suchen derzeit nach neuen Produkten aus biogenen Materialien der Papier- und
Zellstoffindustrie. Im Fokus steht dabei die bestmögliche Nutzung der wertvollen Ressource Holz. Immer mehr
Firmen setzen auf nachhaltige Produktions- und Lieferketten, um einerseits Treibhausgas-Emissionen zu verringern,
andererseits Arbeitssituationen direkt vor Ort zu verbessern und gleichzeitig den wirtschaftlichen Erfolg zu sichern.
Nachwachsende Ressourcen in der industriellen Erzeugung umfassender zu verwerten, ist dabei eine wesentliche Strategie.
Die Zellstoff- und Papierindustrie ist derzeit dabei, den Sprung zur Bioraffinerie endgültig zu vollziehen.
Dazu arbeiten vier der größten Zellstoff- und Papiererzeuger Österreichs, Mondi Frantschach Ges.m.b.H.,
Norske Skog Bruck Ges.m.b.H., Sappi Gratkorn ProduktionsGes.m.b.H. und Zellstoff Pöls AG, mit den Grazer und
Wiener WissenschafterInnen im Rahmen eines Forschungsprojekts eng zusammen. „Mit diesem Know-how soll der Weg für
eine biobasierte Wirtschaft aufbereitet werden“, unterstreicht Ao.Univ.-Prof. Dr. Alfred Posch vom Institut für
Systemwissenschaften, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung der Uni Graz, das gemeinsam mit dem Wegener Center
für Klima und Globalen Wandel an dem Projekt „FLIPPR“ (Future Lignin and Pulp Processing Research) beteiligt
ist.
Der Weg vom Rohstoff Holz zum schreibfertigen Papier ist lang. Dazwischen entsteht allerlei verwendbares Material.
Momentan wird der überwiegende Teil dieser Nebenprodukte als Brennstoff im Rückgewinnungskessel eingesetzt,
um die für die Produktion essenziellen Chemikalien zurückzugewinnen und die erforderlichen Dampf- und
Strommengen zu erzeugen. Damit wird allerdings ein Teil der wertvollen Biomasse Holz nicht stofflich, sondern energetisch
genutzt. Zum Beispiel könnte Lignin aus der Lauge – das mengenmäßig zweitwichtigste Produkt der
Zellstofferzeugung – künftig einer höheren Wertschöpfung als der Verbrennung zugeführt werden,
sind die WissenschafterInnen überzeugt: „Die potenziellen Anwendungsgebiete reichen von Binde- und Düngemitteln
bis hin zu Klebstoffen. Sogar Verbesserungen der grundlegenden Eigenschaften dieser Produkte, wie etwa der Haftkraft
von Klebern, könnten durch die Zugabe von unterschiedlichen Stoffen möglich sein“, so Posch.
Das vorrangige Ziel der Untersuchungen an der Uni Graz sei aber, die optimale Nutzung nachwachsender Ressourcen
zu identifizieren: „Können in sämtlichen Schritten die Nebenprodukte stofflich verwertet werden, wäre
das ein wesentlicher Beitrag zu einer ressourcen-effizienteren Wirtschaft“, bestätigt Posch. Derzeit untersuchen
die WissenschafterInnen die Massen- und Energieströme in den vier genannten Betrieben, um das Potenzial für
mögliche künftige Innovationen erfassen zu können. Erste konkrete Ergebnisse des für vier Jahre
angesetzten Projekts werden im kommenden Jahr erwartet.
„FLIPPR“ wird von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG, vom Land Steiermark und
dem Land Kärnten sowie den genannten Betrieben finanziert und ist in den universitätsweiten Forschungsschwerpunkt
„Umwelt und Globaler Wandel“ der Uni Graz eingebunden.
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