Graz (rcpe) - Was haben ein Maschinenbauer, ein Forschungszentrum im pharmazeutischen Bereich sowie ein Unternehmen
für die Entwicklung von Antriebssystemen gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts, doch ergeben sich beim genaueren
Hinsehen bemerkenswerte Synergien, welche die Unternehmenspartner RCPE GmbH, AVL List GmbH und Gebrüder Lödige
Maschinenbau GmbH erkannt und für neue Innovationen nutzen.
Konkret geht es bei dem dafür aufgesetzten branchenübergreifenden Projekt um die Simulation von Prozessen
in der Verfahrenstechnik, welche für die Produkt- und Geräteoptimierung maßgeblich sind. Während
mit dem Tool AVL FIRE® Flüssigkeits- und Luftströme simuliert werden, hat es das Kompetenzzentrum
RCPE geschafft mittels seines Programms XPS den Transport von Feststoffpartikeln zu simulieren. Das Ziel des gemeinsamen
Projektes ist es den leistungsstarken Partikel-Simulationscode XPS mit AVL FIRE® zu koppeln. Die Simulation
der Interaktion zwischen Strömung auf der einen und festen Partikeln auf der anderen Seite wird so möglich.
Eine Koppelung, die auch für den deutschen Maschinenbauer Lödige durchaus interessant ist, da sich so
völlig neue Möglichkeiten eröffnen. Bei den von Lödige entwickelten Maschinen wird bei vielen
Anwendungen ein so genanntes Wirbelbett erzeugt, das entweder mechanisch durch Mischelemente oder durch einen Luftstrom
erzeugt wird. Dabei spielt die die Wechselwirkung der Partikel untereinander sowie die Wechselwirkung der Partikel
mit der diese umströmende Luft die entscheidende Rolle für das angestrebte Mischergebnis. Während
das RCPE die Vorgänge im Mischer mittels XPS simuliert, baut Lödige zeitgleich das verfahrenstechnische
Gerät.
Doch auch über den Gerätebau hinweg, wird die Software Anwendung beim Gerätehersteller finden. Gerade
die vielseitige Anwendung der gekoppelten Software auf unterschiedlichste Geräte und Produktionsprozesse ermöglicht
eine breite Palette an simulationsgestützten Testläufen mit unterschiedlichen Stoffen und Produkten.
Eine stetige Produkt- und Gerätoptimierung wird so möglich.
Die Software besteht derzeit als Prototyp. Nach Projektabschluss im Jahr 2015 wird AVL diesen zur Kommerzialisierung
übernehmen, der Kreis schließt sich.
„Dass zwei so starke Partner wie die AVL und Lödige auf uns setzen, zeigt uns einmal mehr, dass wir am richtigen
Weg sind, und sich der Blick über den Tellerrand lohnt!“ freuen sich die beiden Geschäftsführer
des RCPE Johannes Khinast und Thomas Klein über die gelungene Innovation.
Neben den beiden Industriepartnern AVL und Lödige, arbeitet das RCPE im Projekt eng mit dem Institut für
Prozess- und Partikeltechnik der TU Graz, sowie dem Institut für Mathematik und wissenschaftliches Rechnen
der KF Universität Graz zusammen. Die beiden wissenschaftlichen Partner leisten mit Personal- und Sachleistungen
einen wertvollen Beitrag. Durch den Zugang zur Infrastruktur der beiden Grazer Universitäten, wird Forschung
am State of the Art möglich.
Hintergrund
Dass die Simulation gegenüber dem herkömmlichen Trial & Error Verfahren erhebliche Vorteile bietet,
liegt klar auf der Hand. Durch die Simulation eines Prototyps muss nicht real mit teils gefährlichen Stoffen
experimentiert werden. So kann bereits im Vorfeld eine Aussage über notwendige Größenordnungen
der zu mischenden Partikel oder etwa der benötigten Temperaturen der Luft- und Pulverströme getroffen
werden. Darüber hinaus ist die angestrebte Simulation gegenüber bisherigen Prozessanalysen weitaus flexibler.
Während bestehende Programme zur Prozessanalyse nur punktuelle Aussagen liefern, können in der Simulation
zu jedem Zeitpunkt, zu jedem Partikel und zu jedem relevanten Parameter Abfragen erstellt werden. Ein enormer Vorteil,
der sowohl Kosten als auch Zeit spart.
Ein weiteres Problem bestand bisher darin, dass das Experimentieren im Labormaßstab seine Grenzen hatte.
Während Versuche im Labormaßstab einwandfrei funktionierten, konnten beim Einsatz in der Originalgröße
Probleme auftreten. Wenn bspw. Stoffe nicht zu 100% aus den Maschinen entfernt wurden, war dies v.a. im Lebensmittelbereich
eine Herausforderung. Mittels der Simulationssoftware kann nun genau bestimmt werden wo sich die Rückstände
befinden oder wie sie dort hingelangen.
Die Kollaboration zwischen RCPE und AVL auf diesem Gebiet ist nicht neu. Die beiden Partner haben bereits im Vorfeld
gemeinsam an Projekten gearbeitet. Im Fokus stand dabei das Simulationstool AVL FIRE, welches durch einen stetigen
iterativen Prozesse weiterentwickelt und letztlich pharmatauglich gemacht wurde.
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