Armutsgefährdung bei Selbstständigen doppelt so hoch wie bei Unselbstständigen
Wien (sk) - Christoph Matznetter, Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes, sprach am
04.03. in einer Pressekonferenz die Probleme der selbstständig Erwerbstätigen an, welche "das neue
Gesicht der Armut" darstellen. 15 Prozent von ihnen seien einkommensarm, zwölf Prozent armutsgefährdet,
so Matznetter, der daher die Abschaffung des Selbstbehalts für SVA-Versicherte und die frühere Auszahlung
des Krankengeldes für selbstständig Erwerbstätigen fordert.
Die Diskussion über selbstständig Erwerbstätige werde vernachlässigt, obwohl hier eine doppelt
so hohe Armutsgefährdung besteht wie bei unselbstständig Beschäftigten, kritisierte Matznetter.
Laut der EU-SILC-Studie gehören 15 Prozent der Selbstständigen zur Gruppe der sogenannten "working
poor", also zu den Einkommensarmen. "Das Medianeinkommen lag hier 2011 bei 11.553 Euro. Bei Frauen lag
es sogar nur bei 8788 Euro im Jahr - das ist ungefähr das Niveau der bedarfsorientierten Mindestsicherung",
machte Matznetter deutlich.
"Wir haben seit 2005 alleine bei Einpersonenunternehmen eine Zunahme von 150.000 selbstständig Erwerbstätigen
auf über eine viertel Million Menschen", betonte Matznetter. "Sie sind in unserer Gesellschaft die
sozial am schlechtesten abgesicherte Gruppe und die wirtschaftlichen Bedingungen sind ohnehin schwierig. Die Überlebensrate
dieser Unternehmen liegt nach sieben Jahren nur noch bei 55,8 Prozent." Das führe oft in eine Verschuldungsfalle,
da nach einem Konkurs oft noch offene Zahlungen zu leisten sind. In dieser Situation stelle für viele Selbständige
der Privatkonkurs oft die einzige Möglichkeit dar.
Besonders prekär wird die Situation für Selbständige im Krankheitsfall. "Ein Krankenstand in
einem Ein-Personen-Unternehmen kann den existenziellen Zusammenbruch bedeuten. Denn mit dem Tag, an dem Selbstständige
aufhören zu arbeiten, versiegt ihre Einnahmequelle. Die Krankheit wird so zur Bedrohung der persönlichen
Existenz", so Matznetter. Er fordert daher für Unternehmen mit weniger als 25 Mitarbeitern Krankengeld
bereits ab dem vierten Krankheitstag. Außerdem tritt Matznetter für die Abschaffung des 20-prozentigen
Selbstbehaltes für Versicherte der SVA ein. Das sei laut dem SWV-Präsidenten ohne weitere budgetäre
Mittel möglich: "In der selbstständigen Abfertigungskasse, in die jeder Selbstständige einzahlen
muss, werden knapp 100 Millionen Euro eingenommen - genug, um den Selbstbehalt abzuschaffen."
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