ChemikerInnen der Uni Graz erforschen Bewegung einzelner Moleküle
Graz (universität) - Einzigartige Einblicke erhielten ChemikerInnen der Karl-Franzens- Universität
Graz in Zusammenarbeit mit KollegInnen der Universität Basel: Es gelang ihnen, die mechanische Bewegung einzelner
Moleküle zu untersuchen. Diese Experimente geben Aufschluss über fundamentale chemische Eigenschaften
von einzelnen Polymeren sowie der Wechselwirkung mit ihrer Umgebung. Die Resultate wurden am 03.03. in der renommierten
Fachzeitschrift PNAS publiziert. Die neuen Erkenntnisse können in Zukunft auf verschiedene chemische und biologische
Systeme angewendet werden.
„Wir lösten mit der Spitze eines Rasterkraftmikroskops eine einzelne Polymerkette von einer Goldoberfläche
ab. Dabei beobachteten wir verschiedene Kräfte, über die wir die Bindungsenergien des Moleküls mit
der Oberfläche sowie die mechanischen Eigenschaften der Kette bestimmen konnten“, beschreibt Univ.-Prof. Dr.
Leonhard Grill das Experiment. Der Chemiker leitet die Arbeitsgruppe „Single-Molecule Chemistry“ der Universität
Graz. Mit seinem Team entwickelte er eigene Techniken, um solche schwierigen Experimente überhaupt durchführen
zu können: Zuerst wurden Polymerketten auf einer Goldoberfläche kontrolliert zusammengebaut und anschließend
mit der Spitze eines Rasterkraftmikroskops von dieser Oberfläche weggezogen. Dabei besteht die Herausforderung
darin, tatsächlich nur ein einzelnes Molekül der mechanischen Überprüfung auszusetzen. Die
Beobachtungen bestätigten exakt, was ein theoretisches Modell vorausgesagt hat. „Interessanterweise stellten
wir auch fest, dass sich die molekularen Drähte praktisch reibungsfrei parallel zur Oberfläche bewegen,
was nicht immer der Fall ist und mit ihren ganz speziellen Eigenschaften zu tun hat“, ergänzt Grill.
Die Entdeckung kann in Zukunft auf verschiedene chemische Systeme angewendet werden. „Die Idee, einzelne molekulare
Ketten zu ziehen und damit mechanischen Kräften auszusetzen, ist für biologische Moleküle von großem
Interesse und kann zum Beispiel wichtige Hinweise auf das Falten beziehungsweise Entfalten von Proteinen geben“,
erläutert der Wissenschafter. Eine Oberfläche kann dabei als Katalysator dienen, also Reaktionen beeinflussen.
An Stufen und Kanten ändern sich die Bedingungen im Vergleich zu ebenen Kristallflächen von Metallen,
und es werden andere Energien benötigt, um die Prozesse in Gang zu setzen. „Katalytische Reaktionen sind essenziell
für chemische Vorgänge. In künftigen Experimenten wird es interessant sein zu sehen, wie Katalysatoren
oder Nanopartikel das mechanische Verhalten von Molekülen beeinflussen“, so Grill.
Publikation:
Quantifying the atomic-level mechanics of single long physisorbed molecular
chains
Shigeki Kawai, Matthias Koch, Enrico Gnecco, Ali Sadeghia, Rémy Pawlak, Thilo Glatzel, Jutta Schwarz, Stefan
Goedecker, Stefan Hecht, Alexis Baratoff, Leonhard Grill and Ernst Meyer
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