Faymann und Ostermayer liefern Bericht über aktuelle Arbeitsprogramme
von EU-Kommission und Rat
Wien (pk) – Die Europäische Union soll vereint ihre Strategien für mehr Wachstum und Beschäftigung
umsetzen. Von diesem Vorsatz getragen sind sowohl das heurige Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission
als auch das 18-Monatsprogramm des Rats für 2013/2014. In ihrem dazu verfassten gemeinsamen Bericht an das
Parlament skizzieren Bundeskanzler Werner Faymann und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer angedachte Schritte
zur Realisierung von EU-Vorhaben, die – zumindest teilweise - in den Tätigkeitsbereich des Bundeskanzleramts
(BKA) fallen.
Zentral in den Plänen der EU-Kommission und des Rats ist die Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion
(WWU). Österreich betont bei sämtlichen Anstrengungen für nachhaltiges Wachstum in der EU vor allem
die soziale Dimension. Folglich unterstützt die Bundesregierung auch in Einzelvorschlägen der Arbeitsprogramme,
wie jenem zur einfacheren Gestaltung von Rechtsakten in den Nationalstaaten, ein sozialpolitisches Vorgehen, etwa
durch Einbindung der Sozialpartner.
In ihrem am 22.10.2013 beschlossenen Arbeitsprogramm für 2014 führt die Kommission neben der Wirtschaft
auch Justiz und Sicherheit sowie auswärtiges Handeln als Prioritäten an. Das 18-Monatsprogramm des Rats
steckt den strategischen Rahmen für Maßnahmen zur Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise
und zur wirtschaftspolitischen Steuerung ab. So umfasst der Maßnahmenplan unter anderem Initiativen für
mehr Beschäftigung, etwa mittels der Vervollständigung des Binnenmarkts. Im ersten Halbjahr 2014 legt
die griechische Ratspräsidentschaft dementsprechend besonderes Augenmerk auf die Politikfelder Wachstum-Beschäftigung-Kohäsion,
weitere Integration der Eurozone, aber auch auf Migration-Grenzen-Mobilität.
Worüber der Europäische Rat tagt
Die erste Tagung des Europäischen Rats am 20./21. März fällt in die Anfangsphase des Europäischen
Semesters zur wirtschaftspolitischen Kooperation der EU-Mitglieder. Staats- und Regierungschefs verständigen
sich dabei auf die Stabilitäts- und Reformprogramme ihrer Länder. Im Debattenteil zur industriellen Wettbewerbsfähigkeit
stehen voraussichtlich evidente Probleme des Binnenmarkts wie Energiekosten, Qualifikationsangebote und Nachfrage
sowie Infrastruktur zur Debatte. Weiteres Thema wird die EU-Klima- und Energiepolitik von 2020 bis 2030 sein, basierend
auf dem verbindlichen Treibhausgasreduktionsziel von 40% bis 2030 (gegenüber 1990) und einem Anstieg erneuerbarer
Energien um 27% bis 2030. Aufgegriffen werden auch Steuerfragen, vor allem in Bezug auf die Verhandlungen zur Besteuerung
von Zinserträgen, und außenpolitische Themen wie die Beziehung zu Afrika.
Am 26./27. Juni kommen die Staats- und Regierungschefs zum nächsten EU-Gipfel zusammen. Dabei werden die länderspezifischen
Empfehlungen der Europäischen Kommission angenommen, die auf den nationalen Stabilitäts- und Reformprogrammen
der Mitgliedsländer beruhen. Der Bereich Justiz und Inneres steht ebenfalls am Programm dieses Treffens. Der
Europäischen Rat befasst sich dabei mit Maßnahmen zur Vereinfachten Rechtssetzung (Regulatory Fitness
and Performance Programme – REFIT). Schließlich soll auf Grundlage gesetzgeberischer und operativer Leitlinien
im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts eine längerfristige Strategie im Umgang mit Migration
und Asyl ausgearbeitet werden.
Bei der Tagung am 23./24. Oktober berät der Europäische Rat die weitere Vertiefung der Wirtschafts- und
Währungsunion. Vorgestellt wird dabei ein System vertraglicher Vereinbarungen für Solidaritätsmechanismen,
das der Ratspräsident gemeinsam mit dem Kommissionpräsidenten auf Ersuchen der Staats- und Regierungschefs
ausgearbeitet hat.
Wie intelligentes Wachstum aussieht
Zur Umsetzung der Europa 2020 Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum, die der
Europäische Rat 2010 angenommen hat, hält die Europäische Kommission an den wirtschaftspolitischen
Prioritäten aus dem Vorjahr fest. Neben wachstumsfreundlicher Haushaltskonsolidierung und Modernisierung der
Verwaltung zählt dazu die Wiederherstellung einer normalen Kreditvergabe an die Wirtschaft, schon um Wachstum
und Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu fördern. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit scheint in
der Prioritätenliste zwar ebenfalls auf, doch geht die EU aus heimischer Sicht in der Bewältigung sozialer
Folgen der Krise nicht entschlossen genug vor.
Die einsetzende wirtschaftliche Erholung dürfe nicht gefährdet werden, betonen Faymann und Ostermayer,
entsprechende Reformen seien deswegen fortzuführen und Maßnahmen dauerhaft abzusichern. Zur Wachstumsförderung
setze die Regierung auf Investitionen in Innovation, Forschung, Entwicklung, Bildung und Infrastruktur. Österreich
werde bis Ende April sein Stabilitätsprogramm und sein Nationales Reformprogramm 2014 an Brüssel übermitteln,
kündigen Kanzler und Minister an. Um die daraus gefolgerten Kommissionsempfehlungen zu realisieren, sei den
Mitgliedsstaaten jedenfalls ausreichend politischer Gestaltungsspielraum einzuräumen.
Die zur Reform der Wirtschafts- und Währungsunion maßgebliche Bankenunion, an der von österreichischer
Seite vor allem das Finanzministerium mitarbeitet, ist auf Schiene. Ab November 2014 bekommt die EZB neue Aufsichtsbefugnisse
über die Banken der Eurozone übertragen. Einigung über einen einheitlichen Abwicklungsmechanismus
für marode Banken will man noch vor der EU-Wahl erzielen. Im Sinne der Verwaltungsvereinfachung zur Entlastung
von BürgerInnen und Unternehmen, beispielsweise mit "one-stop-shops" für Klein- und Mittelunternehmen,
hat die EU-Kommission auf Wunsch des Europäischen Rats ein Programm zur vereinfachten Rechtssetzung gestartet
(REFIT-Programm). Von Österreich generell begrüßt, warnt das BKA dennoch vor einer übereilten
Finalisierung des Prozesses, um geminderte Schutzstandards durch Vereinfachungen im Rechts- und Verwaltungsbereich
zu vermeiden.
Nicht nur die Wirtschaft will die EU ankurbeln, auch Transparenz von Parteienstatuten und -finanzierung, Sicherung
der Rechtsstaatlichkeit, Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit, sowie die Europäische
Menschenrechtskonvention (EMRK) sind vom Bundeskanzleramt im Detail beschriebene Anliegen in den EU-Arbeitsprogrammen.
So verhandelten die Kommission - in Absprache mit der Ratsarbeitsgruppe Grundrechte – und der Europarat den Beitritt
der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention, zu dem sich die Union primärrechtlich verpflichtet
hat. Die Beitrittsverhandlungen wurden trotz einiger Vorbehalte anderer EU-Länder im Vorjahr abgeschlossen,
jetzt überprüft der EuGH die Primärrechtskonformität des Abkommens, das der Rat einstimmig
annehmen muss. Österreich ist klar für die EMRK-Mitgliedschaft der EU.
Wo Handlungsbedarf besteht: Kohäsion, Integration, IT-Kommunikation
Zur Absicherung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts im Unionsraum dient die Kohäsionspolitik der
EU. Essentieller Bestandteil dabei ist das Förderwesen, für das die EU von 2014 bis 2020 rund € 325 Mrd.
vorgesehen hat. Österreich pocht in diesem Zusammenhang auf die Verhältnismäßigkeit bei der
Verteilung von Fördermitteln. Immerhin, geben Faymann und Ostermayer zu bedenken, ist die Republik ein vergleichsweise
kleiner Empfänger von Geldern aus den Kohäsionsfonds. Eine Lanze bricht Österreich für vertiefende
Kooperationen bestimmter Regionen – etwa im Donauraum oder in den Alpen; eingefordert wird dazu von der EU-Kommission
ein Mindestmaß an strategischer Koordinierung. Weiters verdeutlicht das Bundeskanzleramt im Bericht Österreichs
Einsatz dafür, im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie im Ausschuss der Regionen ausreichend
vertreten zu sein, da die Zusammensetzung dieser Gremien nach dem EU-Beitritt Kroatiens neu geordnet wird.
Vorantreiben will die EU dieses Jahr Initiativen zur Integration von Roma in den Mitgliedsländern. Unionsweite
Rahmenvorgaben bis 2020 sollen sicherstellen, dass Roma speziell in den Bereichen Bildung, Beschäftigung,
Gesundheitsfürsorge und Wohnraum gesellschaftlich besser einbezogen werden. Österreich setzt auf eine
Kombination allgemeiner und Roma-spezifischer Integrationsmaßnahmen zur Verbesserung der Situation dieser
Volksgruppe.
Vorsicht geboten sieht das Bundeskanzleramt bei den Plänen der EU zur Neuregelung des Datenschutzes. Zwar
befürworte Österreich einen einheitlichen Rechtsrahmen zum Schutz von Daten, so das BKA, abzulehnen sei
jedoch eine mögliche Absenkung des Schutzniveaus von BürgerInnen zugunsten des freien Datenverkehrs.
Zahlreiche technische Aspekte gelte es hier noch zu klären. Konkret plant die Kommission eine überarbeitete
Datenschutz-Grundverordnung und eine Richtlinie zum Schutz personenbezogener Daten bei der Strafverfolgung. Datensicherheit
verlangt Österreich besonders in der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit, nicht zuletzt bei den
dazu laufenden Verhandlungen mit den USA über ein Datenschutzrahmenabkommen.
Der Rat hebt im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie das Vorgehen gegen Cyberkriminalität hervor.
Eine Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit wird dieses Jahr erwartet, Österreich kritisiert im Kommissionsentwurf
allerdings wie die meisten Mitgliedsstaaten Unschärfen bei Umsetzungsdetails. Mit der Digitalen Agenda als
Teil der Europa 2020-Strategie hofft die EU, aus schnellem Internet und interoperablen Anwendungen einen nachhaltigen
wirtschaftlichen und sozialen Nutzen zu ziehen. Österreichs aktive Rolle bei der E-Government-Implementierung
unterstreichen Faymann und Ostermayer in diesem Zusammenhang, beispielsweise im Hinblick auf die internationale
Verwendbarkeit der Bürgerkarte. Die Arbeiten an einem digitalen Binnenmarkt als wichtigem Aspekt der Digitalen
Agenda schreiten voran und sollen bis 2015 abgeschlossen sein.
Welche Vorhaben Kultur und Medien betreffen
Kultur und Medien, durch Minister Ostermayer nunmehr im Kanzleramt vertreten, beleuchtet der Bericht in ihrer europäischen
Ausgestaltung. Mit dem heuer zu Ende gehenden EU-Arbeitsplan für Kultur wurde der Austausch von Informationen
über Projekte, etwa zum "Interkulturellen Dialog", sinnvoll begleitet, stellt das Bundeskanzleramt
fest und verweist auf die Informationstätigkeit zur aktuellen EU-Kulturpolitik auf der BKA-Website und in
Veranstaltungen. Zufrieden ist Ostermayer mit der überarbeiteten Richtlinie zur Rückgabe von unrechtmäßig
aus einem Land ausgeführten Kulturgütern, mit der Hindernisse - wie etwa zu lange Verjährungsfristen
- ausgeräumt sind.
Bei der Frage, von welcher Stelle – Rat oder Kommission – die Europäischen Kulturhauptstädte ernannt
werden sollen, gibt es laut BKA einen Kompromiss. Dieser sieht vor, dass das jeweils betroffene Mitgliedsland die
Kulturhauptstadt selbst ernennt. Das Multimediale Online-Portal zu Europas kulturellem Erbe, Europeana, sollte
bald zur Anwendung kommen. Europäisches Parlament und Rat planen noch unter der griechischen Präsidentschaft
dem Vorschlag der Kommission zuzustimmen, die virtuelle Bibliothek aus der Fazilität "Connecting Europe"
zu finanzieren. In Medienprojekten mit EU-Bezug legt Österreich 2014 den Schwerpunkt auf Informationsarbeit
für die Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai. Vorgesehen sind Informationsaktivitäten mit der
Zielsetzung, Europa der Bevölkerung näher zu bringen. Wegen massiver Budgetkürzungen war die EU-Kommission
gezwungen, ihre Beteiligung an diesen Kommunikationsinitiativen zu beenden.
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